Tote gehen nicht
sehen.« Lustvoll zeichnete Brummer die Kurven eines üppigen Frauenkörpers in die Luft.
Wesseling seufzte, wandte sich an Dr. Edgar Schramm und prophezeite ihm: »Wir werden bis morgen schon jemanden finden. Irgendwann wird jedenfalls ein Lockvogel zu Ihnen stoßen und mit Ihnen gehen wollen. Wir wissen noch nicht, wer das sein wird, aber Sie werden ihn nicht übersehen. Wichtig ist, dass Sie ihn nicht abweisen.«
»Solange es nicht der da ist!«, murrte Edgar und wies mit dem Kinn in Richtung Guido.
»Der da«, bestimmte Wesseling, »der wird mit Hauptkommissar Roggenmeier zur Kreispolizeibehörde nach Euskirchen fahren, wo er zur weiteren Verwendung unverzüglich in einer Arrestzelle landen wird.«
»Aber ...!«, protestierte Guido.
Mit einem Handzeichen brachte Wesseling ihn zum Schweigen.
»Und was ist meine Aufgabe?«, fragte Roggenmeier.
»Sie werden die KTU Bonn um die komplette Ausrüstung des Dr. Edgar Schramm ersuchen, die sie morgen in aller Frühe hierher schaffen soll. Danach können Sie sich auf der Couch in Ihrem Büro ausruhen und Ihren Beruf verfluchen.«
»Danke«, lächelte Roggenmeier gequält.
Zurück in Blankenheim blieben außer der neuen Hundertschaft, die die ganze Nacht ein Auge auf das Hotel und die nähere Umgebung hatte und das Gelände bewachte wie das Pentagon, auch Oberstaatsanwalt Bernd Wesseling und Hauptkommissarin Sonja Senger. Durch einen dieser sonderbaren Zufälle, über die Sonja aufgehört hatte sich zu wundern, fanden sie sich gleichzeitig im Hotelrestaurant ein.
Sie setzten sich gegenüber an einen kleinen Tisch und blätterten lange in der Speisekarte, über deren Rand sie unauffällig schielten, um Ritas Auftritt nicht zu verpassen.
Das Restaurant unterschied sich von der Bauernstube, in der sie den halben Tag verbracht hatten, nur dadurch, dass die Tische gedeckt und einige Plätze besetzt waren. Die Küche hatte schon lange Feierabend, aber für die Polizei, meinte die Bedienung mit gesenkter Stimme, würde man eine Ausnahme machen.
Sie gönnten sich jeder ein großes Eifeler Landbier. Wesseling bestellte das Jägerpfännchen, das eine erlesene Fleisch-Gemüse-Kartoffel-Zusammenstellung in einer gusseisernen Pfanne versprach. Sonja schloss sich an, weil sie dem Koch nicht mehr Mühe machten wollte, als nötig, und sie viel zu müde war, sich für ein anderes Gericht zu entscheiden.
»Schade, dass unser kleiner Lügenbold keine Frau ist«, meinte Wesseling, als die Bedienung sie allein gelassen hatte. Er faltete die rote Stoffserviette auseinander und legte sie sich auf den Schoß. Er sortierte das Besteck, bis die Griffe so lagen, dass sie mit der Tischkante abschlossen. Zum Schluss rückte er Pfeffer- und Salzstreuer an eine andere Stelle und prüfte die Bestände im Essig-Öl-Gestell.
Sonja schwieg währenddessen. Sie wünschte, sie würden über etwas anderes reden können, als die Arbeit der Soko Eifelsteig . Oder am besten gar nicht reden. Einfach nur dasitzen und auf das Essen warten, das Gemurmel der anderen Gäste und die leise Radiomusik an sich vorbeiplätschern lassen, ohne sie zu hören, die Bedienung bei ihrem geschäftigen Hin und Her beobachten, ohne sie zu sehen.
Die Augen schließen und das Chi wecken, die Mähne des Wildpferdes teilen und wie ein weißer Kranich die Schwingen ausbreiten ...
Eine Hand legte sich auf ihre Hand. »Findest du nicht?« Die Bedienung kam an den Tisch, brachte zwei Biere und wünschte: »Zum Wohl.«
Da kehrte Sonja von ihrem kleinen Ausflug ins Reich der aufgehenden Sonne zurück nach Blankenheim ins Hotel Talblick an Wesselings Seite und fragte: »Was haben Sie, was hast du gesagt?« Ihr fiel der Wechsel in der Anrede, auf den er akribisch bestand, nicht so selbstverständlich leicht wie ihm.
Wesseling hob sein Glas. »Prost!«
»Salut!«
Sie nahmen beide einen langen Schluck und musterten einander dabei über die Ränder ihrer Gläser.
Erstaunlich schnell wurden die beiden Jägerpfännchen geliefert und der heimelige Duft nach Hausmannskost gleich mit.
»Heiß! Nicht anfassen«, warnte die Bedienung und meinte die Pfännchen und stellte sie auf zwei Holzbrettern vor ihre Gäste. »Guten Appetit.«
»Wir könnten vielleicht Inspektorin Sarah Neroth bitten«, sagte Sonja unvermittelt.
»Wer ist das?« Wesseling stocherte in seiner Pfanne herum und sortierte die Bestandteile. Fleisch zu Fleisch, Gemüse zu Gemüse, Kartoffeln zu Kartoffeln.
Sonja beobachtete sein Treiben fasziniert,
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