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Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)

Titel: Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietrich Faber
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dass man auch einfach mal die Klappe halten kann. Wir rattern mit den Rollen der Koffer über die verwaisten Straßen des Kurstadtteils und kommen uns vor wie krakeelende Ruhestörer.
     
    Kaum zu Hause angekommen, springe ich schon in unseren drögen Golf-Kombi und rase wie ein Porschefahrer über die Landstraße, um so schnell wie möglich bei meiner Mutter in Schotten-Rudingshain zu sein.
    Dort erlebe ich die nächste Überraschung: Ulrike ist da.
    Ich überprüfe innerlich, wie ich das finde, und komme zu keinem Ergebnis.
    Das Gefühl der Freude jedenfalls lässt sich nicht eindeutig feststellen, was daran liegen mag, dass meine sechs Jahre ältere Schwester und ich eben ein eher distanziertes Verhältnis pflegen. Das war schon immer so und ist in erster Linie wohl dem Altersunterschied geschuldet. Was soll auch schon ein dreizehnjähriges Mädchen mit einem siebenjährigen Buben anfangen? Und wenn dieser Bub dann auch noch in den Stunden, in denen die Eltern abends zu Polizeiorchesterkonzerten ausgingen, aus Angst vor dem Alleinsein keinen Millimeter von der Seite der Schwester wich, dann konnte dies eine geschwisterliche Beziehung auch mal dauerhaft belasten. Jedenfalls fanden wir auch ab der Zeit, in der ich mich dann endlich und viel zu spät in der Lage sah, zeitweise alleine in einem Zimmer zu bleiben, niemals richtig zusammen. So nimmt es mir Ulrike bis heute latent übel, dass sie es nicht wenigstens bei einem meiner Kinder zur Patentante geschafft hat.
    Ihr rotes altes BMW -Cabrio parkt so platzeinnehmend vor dem Haus unserer Eltern, dass ich um die Ecke in ein Nachbarsträßchen fahren muss, um mein Auto abzustellen.
    Ich betrete den Eingangsflur, und ehe ich mich’s versehe, stürmt meine riesige, 1 , 87 große Schwester Ulrike laut meinen Namen rufend auf mich zu und umarmt mich sehr lange und ein bisschen fest. Jedenfalls fällt das Atmen schwer.
    «Ist das nicht furchtbar, Henning, ist das nicht
furchtbar

    Noch immer hält sie mich an den Schultern fest. «Ist das nicht furchtbar?»
    Ich bejahe, befreie mich langsam aus der schwesterlichen Umklammerung, blicke in ihr leicht verheultes Gesicht und sage: «Schön, dass du da bist.»
    «Ja, das finde ich auch. Aber das ist doch Waaaahnsinn, Henning, oder? Sag doch mal, das ist doch furchtbar. Als Mama anrief, bin ich soooofort ins Auto gestiegen und hierhergefahren. Maaaaine Güte, Henning, was?»
    Ich finde das ja auch alles schlimm, ich mache mir auch große Sorgen. Trotzdem wünschte ich mir in diesem Moment ein bisschen weniger Drama.
    «Wo ist denn Mutter?», frage ich betont ruhig.
    «Sie liegt in ihrem Bett. Ich habe ihr zur Beruhigung ein paar Nadeln gesetzt.»
    Nadeln gesetzt!
    Ich erinnere mich, dass meine Schwester zurzeit als «Heilerin», so nennt sie das, arbeitet. Vor ein paar Jahren hatte sie sich zur Heilpraktikerin ausbilden lassen und seitdem eine Zusatzausbildung nach der anderen runtergerissen.
    «Akupunktur?», frage ich zögerlich nach.
    «Na, du weißt doch, dass ich nebenher auch TCM praktiziere, Henning.»
    Nein, weiß ich nicht, ich nicke aber zur Sicherheit. TCM bedeutet «Traditionelle Chinesische Medizin», schon mal gehört. Und ich weiß auch, dass dies eine jahrtausendealte seriöse Wissenschaft ist, die schon große medizinische Verdienste erworben hat und immer mehr auch in den westlichen Ländern Einzug hält. Selbst eingeschworene Schulmediziner wenden inzwischen immer häufiger Akupunkturbehandlungen an. Aber eines weiß ich genauso: Mit dem Halbwissen meiner Schwester werden keine weiteren Verdienste hinzukommen. Und «nebenher», wie sie sagt, sollte man das bestimmt nicht praktizieren.
    Wieder wirft sie sich mir um den Hals, wieder sagt sie, wie gut es doch sei, dass sie jetzt hier ist, und wie furchtbar aber trotzdem alles sei, und während sie ihren Körper noch fester an mich drückt, stelle ich fest, dass gegen das Tragen eines BH s ganz klar von meiner Seite aus nichts einzuwenden gewesen wäre. Aber wir haben ja andere Sorgen.
     
    Meine Mutter liegt rücklings mit ungefähr einer halben Million Nadeln besteckt bewegungslos in ihrem Bett. Ich küsse sie kurz an ein paar Nadeln vorbei auf die Stirn und verspreche, dass alles wieder gut würde. Sie glaubt mir nicht. Es beruhigt sie auch nicht, dass ich schon mit Ludwig Körber, meinem Chef und Patenonkel, gesprochen habe und dass die Fahndung vorbereitet wird. Auch die Presse ist informiert, und ich sage noch einmal, wie sicher ich mir sei, dass er bald

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