Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
mit Kriminaloberrat Ludwig Körber, meinem direkten Vorgesetzten, Patenonkel und Freund der Familie, zu sprechen. Er war in den Achtzigern ebenfalls schon in Alsfeld zugange und müsste daher wissen, wie es damals im Revier zugegangen ist.
Es ist schon nach acht, doch in seinem Büro brennt noch Licht.
Der dicke Kriminaloberrat Onkel Ludwig Körber beißt in ein Schinkenbrot, das ihm Tante Mechthild wie jeden Tag in sein Polizeitäschchen gepackt hat. Die Fragen, die ich ihm stelle, scheinen ihm nicht zu gefallen.
«Was soll das denn?», bellt er mich mit seiner kehligen Stimme an. «Wofür soll das gut sein?»
Ich hätte ihn mir kooperativer gewünscht.
«Willst du jetzt intern ermitteln, oder was? Glaubst du allen Ernstes, dass irgendjemand von uns mit alldem etwas zu tun hat?»
Ich antworte ihm altklug, nicht ohne diese Bullenfloskeln zu genießen, dass ich gar nichts glaubte, sondern vielmehr meinem Beruf gemäß alle Optionen abklopfen wolle.
«Henning, du bist doch viel zu sehr persönlich betroffen, um klare Gedanken fassen zu können, geschweige denn intern zu ermitteln. Ich denke tatsächlich darüber nach, dich von der ganzen Sache hier abzuziehen. Aber wir haben ja nun mal leider zu wenig Leute.»
Wie kein Zweiter beherrscht Ludwig die Kunst, gleichzeitig zu sprechen und zu essen, ohne dass man den Eindruck gewinnen würde, er rede mit vollem Mund. Vermutlich verzichtet er aufs lästige Kauen und lässt sein Brot einfach so im Magen verschwinden. Ich lasse nicht locker.
«Es geht hier doch noch gar nicht um interne Ermittlungen. Ich wollte einfach von dir etwas über die Zeit wissen, als Gummer und Papa hier arbeiteten. Und du bist nun mal derjenige, der damals schon dabei war», wiederhole ich mein Anliegen.
«Du hast mich aber eben gerade nach
Feinden
gefragt. Nach Kollegen, die Probleme mit Günther oder mit Gummer hatten.»
Er wirft verärgert seine randlose Brille auf den Schreibtisch.
«Ja, das habe ich. Und?»
«Was und?»
«Na, gab es die?»
Onkel Ludwig macht eine wegwischende Handbewegung und zischt: «Ach!»
Langsam beginnt mich das Ganze zu ärgern. Warum blockt er so?
Um weiterzukommen, provoziere ich ihn ein bisschen und frage: «Wie bist
du
denn eigentlich mit Viktor Gummer klargekommen? Warst
du
vielleicht einer seine Feinde?»
Körber hält mit dem Kauen inne. Das kommt selten vor. Er starrt mich an. «Das ist nicht dein Ernst, oder? Du hast mir eben nicht wirklich diese Frage gestellt? Du hast mich nicht eben gefragt, ob ich einer der Feinde des toten Gummer war?»
Seine Stimme wird von Wort zu Wort lauter.
«Du hast mich hier eben nicht wie einen Verdächtigen behandelt?», schreit er nun. «Oder?»
«Ich habe nur gefragt», sage ich trocken und hebe in Unschuld meine Hände.
« RAUS !»
Na, das ist ja interessant.
Kapitel 10
S olch einem Wetter trotzen nur Wahnsinnige, Obdachlose oder Hundebesitzer. Es windet und schüttet wie aus Kübeln. Links und rechts mit Berlusconi und Charlie bewaffnet, tigere ich in feschem Outdoor-Outfit durch die klatschnasse Natur.
Von weitem schon sind auf der Wiese die bunten Regenjacken der Hundeausführgruppe zu sehen. Sie stehen im Halbkreis. Da ist zum Beispiel Jupp, mit dem ich während meiner Spaziergänge meist über Fußball diskutiere. Jupp ist glühender TSV -Hoffenheim-Fan, was sehr schrullig ist, da dies ja eigentlich ein Widerspruch in sich ist. Er erzählt mir immer gerne davon, wie er bei Auswärtsspielen nahezu alleine im Gästeblock steht, ist aber trotzdem der Meinung, dass die Hoffenheimer Fankultur völlig unterschätzt sei. Zurzeit arbeitet er daran, eine Fanfreundschaft zum VfL Wolfsburg aufzubauen. Inzwischen seien sie schon zu siebt.
Auch Egon ist dabei, dessen Schäferhund Bummo wir es verdanken, dass die Jogger seit geraumer Zeit um unsere Wiese einen sehr weiten Bogen joggen. Denn Bummo lehnt Leinenzwang und frei herumrennende Menschen radikal ab.
Auch ich nehme meine beiden Köter von der Leine und lasse sie auf die anderen im Regen herumtobenden Hunde zustürmen. Egon gibt mit rudernden Armbewegungen zu verstehen, dass ich doch bitte zu ihnen kommen möge.
Egon ist ein echter Mann. Er verzichtet seit jeher auf weichlichen Regenschutz. Wenn man in der Jugend bei den Pfadfindern gewesen sei, könne einem das bisschen Wasser auf Haut, Haaren und Kleidung nichts anhaben, betont er immer wieder. Als ich die eingeregnete Gruppe erreiche, macht gerade Irmgard, die Vorsitzende des Tierschutzvereins «Die
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