Tote Hunde beißen nicht: Bröhmann ermittelt wieder (German Edition)
«Hände-hoch-Rufer» und wage zunächst einmal nicht, mich umzudrehen.
«Was machen Sie hier?», fragt mich eine mir fremde Männerstimme.
«Ich bin Polizist, Hauptkommissar Henning Bröhmann. Ich bin hier in der Wohnung, da Jochen Gruber heute tot aufgefunden wurde. Ja, und was machen Sie hier?»
In der darauf eintretenden Stille wage ich es, mich vorsichtig umzudrehen. Mein Gegenüber ist ein mittelgroßer, muskulöser Mann um die dreißig mit dafür schon sehr dünnem Haar und einem recht dümmlichen Gesichtsausdruck. Er trägt ein weißes ärmelloses Shirt und eine affige Militaryhose. Das Jagdgewehr ist noch immer auf mich gerichtet.
«Es wäre schön, wenn Sie vielleicht die Waffe mal auf die Seite legen könnten», schlage ich vorsichtig vor.
«Ausweis», bellt er nun.
Ich greife an meine Hosentaschen und bemerke, dass ich meinen Polizeiausweis im Auto liegen habe.
Mein neuer Freund scheint mir nicht zu glauben, was mich nun langsam etwas nervös macht.
«Bist du dieser Scheiß-Fichtenau, oder was?», schreit er nun.
Es scheint sich ein möglicherweise folgenschweres Missverständnis anzubahnen.
Mein Handy surrt in der Hosentasche. Fragend blicke ich mein Gegenüber an.
«Darf ich?», frage ich.
«Her damit!», knurrt er.
Ich ziehe es heraus und halte es ihm hin. In dem Moment, in dem er nach meinem Handy greift, hole ich mit dem rechten Arm aus und treffe ihn mit der Faust am Kinn. Sagen wir mal, fast. Eher verfehle ich es knapp. Wütend stürzt er sich auf mich. Irgendwie wehre ich ihn ab und treffe ihn schlussendlich doch mit einem gezielten Schlag auf die Nase. Er verliert das Gleichgewicht, kippt nach hinten, und ich entreiße ihm wie ein wahrer Held die Flinte. Ein bisschen fühle ich mich wie Bud Spencer oder jedenfalls wie Terence Hill.
So lässt es sich aus meiner Sicht entspannter kommunizieren.
«Jetzt kommen Sie mal runter», fahre ich den Unbekannten an. «Ich bin nicht Maik Fichtenau und werde Sie auch nicht umlegen. Ich bin tatsächlich Polizist und habe schlicht und ergreifend ein paar Fragen an Sie. Also, wer sind Sie?»
«Chrrsssfdddt.»
«Wie bitte?»
«Christian Findt!»
«O.k., geht doch. Und nun sagen Sie mir, was Sie hier zu suchen haben!»
Christian Findt richtet sich langsam und bedächtig vom Boden auf.
«Ich bin nur ein Kumpel von Jochen. Wohne gleich da drüben.»
Er berichtet mir, dass er mit Jochen Gruber ein Hobby teile: das Jagen. Beide seien aktive Mitglieder der Wetterauer Jägergesellschaft e.V., das heißt, Gruber ist es ja nun nicht mehr.
«Was wissen Sie über Maik Fichtenau?», frage ich.
«Eigentlich nichts», antwortet er. «Ich weiß nur, dass das diese Ratte ist, die Kirsten ermordet hat und jetzt wieder frei ist. Mehr weiß ich nicht. Wieso?»
«Nur so», antworte ich kurz.
Mir ist nicht klar, ob ich diesen Herrn Findt nun mit nach Alsfeld nehmen soll oder nicht. Kurz bevor ich mich dagegen entscheide, werde ich auf etwas aufmerksam, das ich in seiner baumgrünen Jägertasche entdeckt habe, die offen neben ihm auf dem Fußboden zur Seite gekippt liegt.
«Darf ich mal?», frage ich rhetorisch und packe mir die Tasche. Ich habe richtig gesehen. Ich greife hinein und lege fünf Döschen Leberwurst mit den passenden Rasierklingen neben die anderen auf den Tisch.
Ach, wie gut es tut, für einen kurzen Moment einmal alles im Griff zu haben.
«Tja», singe ich, «da sprechen wir bei der Polizei von Beweismitteln, mein Lieber.»
Ich schreite vor ihm auf und ab und halte dabei die Schrotflinte in einer Hand. «Dann sind Sie also der Hundemörder.»
Findt schüttelt heftig den Kopf und entgegnet: «Wir sind keine Mörder, wir sind höchstens Sachbeschädiger für eine gute Sache.»
In einem Punkt hat er recht. Das Töten von Tieren wird nicht als Mord geahndet, sondern eben als eine schwere Form der Sachbeschädigung.
«Wir? Das heißt, Sie und Gruber haben den Mist zusammen verbrochen?»
«Was heißt denn verbrochen?! Nur so war doch durchzusetzen, dass diese Wichser endlich ihre Hunde an die Leine nehmen. Nur so konnten wir verhindern, dass noch mehr Wild im Wald aufgescheucht und von diesen Dreckskötern gejagt wird. Letztes Jahr hat einer von denen Mistviechern ein Reh gerissen.»
Seine Stimme wird laut, es scheint tatsächlich eine mit Herzblut verfolgte Mission gewesen zu sein.
«Wir sind es doch», bellt er, «die das ganze Jahr unter großen Entbehrungen ehrenamtlich für das ökologische Gleichgewichtsdings sorgen, Population und
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