Tote Kehren Nicht Zurück
ihrem gefassten Entschluss abzuweichen, nicht über den Mord in Tudor Lodge zu sprechen.
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte sie.
Mrs Etheridge beugte sich vertraulich vor.
»Haben Sie denn nicht gehört? Man erzählt sich, dass Mr Penhallow von seiner eigenen Vergangenheit eingeholt worden ist. Er hatte zwei Familien, wissen Sie, und keine wusste von der anderen, stellen Sie sich das vor! Ich weiß nicht, ob er mit beiden Frauen verheiratet war, aber falls dem so ist, dann war er ein Bigamist, oder nicht? Und falls nicht, weiß ich nicht, ob es das besser macht. Mehr noch, eines seiner illegitimen Kinder ist aufgetaucht, hier in Bamford! Es ist doch wohl offensichtlich, dass so etwas zu Scherereien und Problemen führt.«
Meredith hätte sich fast an ihrem Kaffee verschluckt. Sie konnte gerade noch verhindern, dass sie den Inhalt der Tasse verschüttete. Hastig riss sie sich zusammen.
Dies lediglich als eine
»neue Entwicklung« zu bezeichnen wäre Untertreibung pur gewesen! Falls Mrs Etheridge die Wahrheit sagte, wäre es eine vernichtende Neuigkeit. Als Meredith das letzte Mal mit Alan gesprochen hatte, war die junge Frau nichts weiter als eine Anhalterin gewesen, vielleicht ein wenig mysteriös, aber nichts hatte auf eine Enthüllung wie diese hingedeutet! Eine Tochter? Hatte Andrew tatsächlich ein Doppelleben geführt?
Sie schüttelte den Kopf, um die Benommenheit zu vertreiben. Gerüchte verbreiteten sich in kleinen Gemeinden wie Buschfeuer. Die Penhallows, obwohl sie schon lange in Bamford lebten, waren in der Stadt nicht sonderlich bekannt gewesen, und ihre Reserviertheit hatte die Gerüchteküche befeuert. Andrews häufige Abwesenheit, insbesondere die viele Zeit, die er auf dem Kontinent verbracht hatte, Carla mit ihrer Karriere beim Fernsehen, ihre Serien – es war nur zu natürlich, dass die übrigen Einwohner sich den Mund zerrissen und bereit waren, fast alles zu glauben, was an Gerüchten über die Penhallows in die Welt gesetzt wurde.
Wie zur Untermauerung von Merediths Gedanken sagte Mrs Etheridge:
»Das viele Geld. Es führt die Menschen in Versuchung. All dieses Kommen und Gehen. Aber so sind die modernen Zeiten eben, schätze ich.«
Meredith murmelte eine undeutliche Zustimmung, während ihr Verstand fieberhaft arbeitete. Es konnte nicht sein. Und doch – diese junge Frau hatte einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen. Ihr eigenartiges Verhalten, diese Mischung aus Selbstsicherheit und Heimtücke. Nach Tudor Lodge zu marschieren und – wahrscheinlich – uneingeladen an der Tür zu klopfen, in der festen Überzeugung, dass sie jedes Recht dazu hatte. Falls sie tatsächlich Andrews Tochter war, würde das ihr Verhalten erklären. Hinzu kam ihre Unwilligkeit, sich Meredith zu erklären. Schließlich, dachte Meredith, warum sollte sie sich einer Fremden offenbaren, nur weil diese sich erbarmt und sie ein Stück weit im Wagen mitgenommen hat?
Sie rutschte unruhig auf ihrem unbequemen Stuhl hin und her und überlegte, wie sie am schnellsten aus Mrs Etheridges Haus entkommen konnte. Sie spürte ein fast überwältigendes Bedürfnis, so schnell wie möglich mit Alan zu reden. Er würde ihr die Fakten nennen. Was Mrs Etheridge erzählte, konnte sich durchaus als falsch erweisen. Es musste falsch sein – oder nicht?
»Sie sehen ein wenig bestürzt aus«, meinte Mrs Etheridge.
»Sie haben Ihren Kaffee gar nicht getrunken, meine Liebe.«
»Oh. Verzeihung.« Meredith nippte schuldbewusst an ihrer Tasse mit dem schalen Gebräu. Der eigentliche Grund ihres Besuchs kam ihr in den Sinn. Sie riss sich zusammen und zwang sich zu ihrem ursprünglichen Vorhaben zurück.
»Äh, der Junge, der Ihre Geldbörse gestohlen hat – ich habe gehört, Sie hätten ihn genau gesehen.« Mrs Etheridge dachte kurz über ihre Antwort nach, während sie an den Ärmeln ihres selbst gestrickten Pullovers zupfte.
»Er hat in der Straße gespielt, als ich nach Hause kam, mit einer Dose. Ich rief ihm zu, er solle nicht so einen Lärm veranstalten und die Dose in einen Papierkorb tun oder mit nach Hause nehmen. Er hat mich ignoriert, überhaupt nicht beachtet. Diese Jugendlichen heutzutage haben einfach keine Manieren mehr! Er hat einfach weiter gespielt und die Dose durch die Straße getreten. Es war ein furchtbarer Lärm! Ich hatte an jenem Tag viele Einkäufe gemacht. Meine Knie hatten mir vorher Sorgen bereitet, und ich war nicht oft draußen. Ich sperrte meine Haustür auf und trug die
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