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Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Titel: Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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sehr wenige Interessenten, weil es so öde ist. Er fährt manchmal alleine raus, zum Spaß. Ich bin gestern mitgefahren, das hat mir gereicht: Er fährt raus, macht den Motor aus und gibt dann eine Stunde lang Plattitüden von sich wie ›Hör mal, wie schön still das Meer ist. Schau, wie groß die Nacht ist.‹ Dann fährt er zurück. Besser gesagt, er versucht es. Der Motor säuft immer ab. Ist uns gestern passiert.« Er zögerte, dann fragte er: » Und was machen wir jetzt?«
    » Was Sie betrifft, nichts, Lieutenant Cruyff. Ich kann Sie nicht festnehmen lassen, aber ich verbiete Ihnen ab sofort, etwas ohne meine Erlaubnis zu unternehmen. Ich lasse Sie nicht mehr aus den Augen. Und jetzt begleiten Sie mich zu dem kleinen Pfad, der zum Belvedere führt.«
    Er nickte und führte Viviane zum Strand.
    » Wir hätten die Abkürzung über die Wiese nehmen können«, merkte sie an. » Wir hätten Zeit gespart.«
    » Da kommt man schwer durch: Und selbst wenn man durch die stacheligen Berberitzensträucher kommt– der Pfad liegt einige Meter unterhalb davon. Ich habe neulich Abend nachgesehen, nach der Paar-Veranstaltung.«
    Sie liefen den Strand entlang nach links, kamen von dort in den steinigen, buschigen Bereich, ignorierten einige Chéries, die sich dort versteckten, um sich ganz ungeniert zu bräunen, begegneten einer Heyduda, die sie wissend anlächelte, und entdeckten den Anfang eines steinigen Pfades. Er war einen Meter breit, schlängelte sich zwischen den Dornen entlang und stieg dann schnell an. Sie ließ Willy vorgehen. Die Steine rollten unter Vivianes Füßen weg. Rechter Hand wurde der Abhang immer steiler. Sie sagte sich wie ein Mantra das Gedicht von der Lore Lay auf, das sie gerade gelernt hatte:
    O Ritter, lasst mich gehen/Auf diesen Felsen groß,
    Ich will noch einmal sehen/Nach meines Liebsten Schloss.
    Ihre Beine zitterten, sie heftete den Blick auf Willys Sandalen. Sie wollte nichts anderes mehr sehen.
    Ich will noch einmal sehen/Wohl in den tiefen Rhein,
    Und dann ins Kloster gehen/Und Gottes Jungfrau sein.
    » Der Pfad wird schmaler, wir nähern uns dem Amphitheater«, verkündete der Lieutenant. » Oh, sehen Sie, da unten, wie schön!«
    Viviane sah nichts, sie konzentrierte sich weiter.
    Es binden die drei Ritter/Die Rosse unten an,
    Und klettern immer weiter/Zum Felsen auch hinan.
    » Haben Sie gesehen, da, auf dem Boden?«
    Auf einem Sockel stand eine kleine Venus. Dahinter war der Weg nur noch ein Trampelpfad, der immer schmaler wurde und im rechten Winkel abbog.
    Die Jungfrau sprach: » Da gehet/Ein Schifflein auf dem Rhein,
    Der in dem Schifflein stehet,/Der soll mein Liebster sein.
    Die Venus war ihr schnuppe. Was sie beschäftigte, waren die nächsten Strophen.
    Mein Herz wird mir so munter,/Er muss mein Liebste r sein!
    Da lehnt sie sich hinunter/Und stürzet in den Rhein.
    » Gehen Sie ohne mich weiter, Willy, ich fühle mich nicht gut.«
    » Kommt nicht infrage. Sie wollten mich nicht mehr aus den Augen lassen, so lautete Ihre Anweisung. Nehmen Sie meine Hand.«
    Er hatte das mit einem netten Lächeln gesagt, ganz ohne Hintergedanken. Sie tat einen Schritt auf ihn zu, nahm seine Hand. Sie war warm und weich.
    » Geben Sie sich einen Ruck, gleich hinter der Kurve ist ein Holzgeländer am Felsen angebracht. Da können Sie sich festhalten, und dann sind wir schon bald da. Sehen Sie mich an.«
    Er drehte sich ständig zu ihr um, um sie zu ermutigen. Sie kam voran, sah dem Lieutenant tief in die Augen. Das war noch besser als die Lore Lay. Sie waren haselnussbraun, das hatte sie nie bemerkt. Haselnussbraun und beruhigend. Etwas weiter wurde aus dem Trampelpfad wieder ein Weg, fast schon ein Boulevard, einen Meter breit. Sie waren auf dem Plateau angekommen.
    Vivianes Puls raste. Sie erinnerte sich an die Ferien, die sie in ihrer Jugend einmal in Perros-Guirec verbracht hatte. Sie war eines Tages mit einem Jungen zu einem Schiff geschwommen, das weit draußen vor Anker lag, und sie hatten sich dort an Bord gezogen. Diese plötzliche Einsamkeit nach der Anspannung war erregend gewesen. Sie bemerkte, dass sie noch immer Willys Hand festhielt und ließ sie errötend los.
    » Hier war jemand«, sagte er, » die beiden Liegestühle lagen vorher anders da. Neulich waren sie fast von dem Gestrüpp verdeckt.«
    » Sind Sie sicher?«
    » Man sieht sogar die Spuren in der Erde.«
    Er trug die Liegestühle wieder zurück und stellte sie auf die Markierungen. Sie ließ ihn machen, fühlte ein

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