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Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition)

Titel: Tote liegen nicht am Strand: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Flipo
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wohlbekanntes Herzklopfen aufkommen. Ein Puzzleteil würde gleich seinen Platz finden. Sie wusste nicht welches, sie konnte sich nicht konzentrieren. Ihr Scharfsinn war von der Erinnerung an Willys warme Hand noch betäubt, die Erregung über die besiegte Angst, die Merkwürdigkeit der Umstände, die sanfte, fast romantische Brise, die wehte. Sie beugte sich über die Orientierungstafel, wo in Ocker eine türkische Küste auftauchte, die man nicht sehen konnte. Auf der anderen Seite ragte die Spitze des unheilvollen Galgens über die Mauer.
    Unter den Blicken des Lieutenant, der wie versteinert dastand, legte Viviane sich auf den ersten Stuhl, den geschützteren, und nahm alle möglichen Positionen darauf ein: Der Galgen war nicht zu sehen. Dann legte sie sich auf den anderen Stuhl, wiederholte den Test und bemerkte zuerst das Metallrad, das oben auf dem Galgen angebracht war.
    Willy beobachtete sie, ohne zu verstehen. » Ist schön, dieses Panorama, nicht, Viviane?«
    » Das Schönste ist ein ganz kleines Puzzleteil. Haben Sie es nicht gesehen?«
    Er suchte den Boden ab. Er war süß, so einfältig. Sie zog ihn zum Abhang, und diesmal nahm sie ihn gleich bei der Hand.
    » Was wir gerade gesehen haben, bleibt unter uns«, wies die Kommissarin ihren Lieutenant an, als sie wieder an den Strand kamen.
    » Aber… wir haben ja nicht viel gesehen.«
    » Na, hätten Sie mal die Augen aufgemacht. Essen Sie heute Abend mit mir?«
    » Nein, ich treffe mich mit der Volleyballgruppe, die vom Sportturnier am Mittwoch.«
    Sie zuckte mit den Schultern und ließ ihn stehen. Es war unsäglich schwül an diesem späten Nachmittag, sie wollte sich erst erfrischen, bevor sie sich an den Pool legte. In dem Moment, als sie unter die Dusche trat, klingelte ihr Handy. Es war der Allmächtige.
    » Störe ich Sie auch nicht, meine kleine Viviane?«
    Doch. Es war ihr sogar unangenehm, so nackt mit ihrem Vorgesetzten zu sprechen. Hätte sie die Wahl gehabt, wäre ihr ein Anruf von Augustin Monot lieber gewesen, aber wie sollte sie ihm das sagen?
    » Was gibt es Neues? Unser Minister wird ungeduldig.«
    Viviane erzählte von der ertrunkenen Kokserin und verdiente sich damit ein zufriedenes Gemurmel.
    » Gut, meine kleine Viviane. Fall zu den Akten gelegt, ohne für Aufregung zu sorgen, das ist das Wichtigste. Und wie läuft es mit Lieutenant Cruyff?«
    Sollte sie erzählen, dass Willy der Star des Karaoke-Abends gewesen war, dass er sich nachts damit vergnügte, Katzenleichen auszugraben? Sie berichtete von der Ermordung des Türken, die sie einem Raubmörder zuschrieb.
    » Das ist nebensächlich. Verheddern Sie sich nicht. Unser Fall ist der Tote. Haben Sie einen Verdächtigen?«
    Viviane gab zu, dass sie mehrere hatte, eine ganze Tischgesellschaft. Da das den Allmächtigen nicht zufriedenzustellen schien, ergänzte sie, dass es womöglich eine Spur gäbe, ein möglicher Liebhaber der Frau. Das war ein wenig improvisiert, aber besser als nichts.
    » Ah, das klingt schon besser. ›Cherchez la femme– Folgen Sie der Frau‹, das kann man nicht oft genug sagen. Dann mal los, forschen Sie nach und rufen mich Samstagmorgen an, aber früh: Danach gehe ich mit dem Minister auf die Jagd, ich brauche etwas, das ich ihm erzählen kann.«
    Sie bedankte sich bei ihm, ohne zu wissen, wofür, und ging zum Pool, sie wollte eintauchen und alles vergessen.
    Die meisten Badegäste waren schon auf ihre Zimmer gegangen, um sich umzuziehen. Im Becken gab Platsch-Kiki einem dicken blauen Schwimmreifen, der sich aus der Nähe betrachtet als Chérie entpuppte, gerade Unterricht in Brustschwimmen.
    Zwei junge Frauen, die auf dem Bauch lagen, plauderten miteinander und beäugten die Szene. Sie hatten Viviane nicht bemerkt.
    » Die arme Platsch-Kiki, das macht nicht so viel Spaß wie mit ihrem Latin Lover.«
    » Willy? Wenn der aus dem Pool steigt, würde ich ihn am liebsten mit zu mir nehmen und ihn überall abtrocknen, überall, mit dem Fön.«
    Sie sprachen nun leiser, Viviane hörte nur noch ein Flüstern, das von anzüglichem Gelächter unterbrochen wurde.
    » Und mit wem ist er hier, sagst Du? Mit dem Olivenölfass?«
    » Ja, mit der kleinen Dicken. Ich frage mich, was er an ihr findet.«
    Es gab ein langes, vielsagendes Schweigen, dann ergänzte die zweite: » Für den Fall, dass es dich interessiert, abends, im Nachtclub, lässt sie ihn an der langen Leine. Ich kann dir sagen, da holt er nach.«
    Viviane machte kehrt. Ihr war nicht mehr nach baden, sie hatte

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