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Tote Männer Milch (German Edition)

Tote Männer Milch (German Edition)

Titel: Tote Männer Milch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Malina
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Zaungäste.
    „Teufelsbrut!“, grollte sie.
    Haben die mich doch tatsächlich die ganze Zeit beobachtet, Aber was soll’s: Eine Krähe hackt der anderen bekanntlich kein Auge aus .
    Mit diesem tröstlichen Gedanken verschwand sie hinter dem schützenden Dickicht der Hecke – gefolgt von den wachsamen Augen eines weiteren Zeugen.
    Der Mann zog nun sein Handy aus der Hosentasche und informierte den Notdienst. Mit gespielter Verzweiflung nannte er seinen Namen und den Ort der Unglücksstelle. Als er den Anruf beendet hatte, legte er das Telefon auf dem Fensterbrett ab, riss sich hastig die Krawatte aus dem Hemdkragen, schob die Terrassentür auf, rannte auf das Schwimmbecken zu und sprang kopfüber ins Wasser. Er packte seine tote Frau unter den Armen und zog sie an die Wasseroberfläche. Rückwärts schwamm er mit der Toten auf die Leiter des Beckens zu. Dabei verlor er seine Sonnenbrille, seine Schuhe und beinahe auch seine Kraft. Hilfreiche Spuren, so dachte er, die sich für die Authentizität seines Vorgehens verbürgten. Maibach hievte seine Frau aus dem Wasser und nahm eine Mund-zu-Mund-Beatmung vor, so, wie dass wohl jeder pflichteifrige Mensch in dieser Situation getan hätte. Die Beine der Toten hingen noch im Wasser, als von der Ferne die Sirene des Rettungswagens ertönte.
     
    Zur gleichen Zeit saß Isolde Brösel mit dem geretteten Tier auf ihrem geblümten Sofa ihres Wohnzimmers. Sie hatte bereits ein Glas Sherry verputzt und betrachtete mit verständnislosem Interesse das koboldartige Wesen, das bibbernd in ihrem Armen lag. Sie hatte den Hund einer gründlichen Körperpflege unterzogen. Das Tier in die Badewanne gelegt und mit Wasser die Chlorrückstände aus seinem Fell beseitigt. Der Hund hatte keinen Mucks von sich gegeben, so dass Isolde sich gar nicht mehr so sicher war, ob der Aufwand überhaupt noch lohnte.
    „Du hast schöne lange Ohren. Eigentlich könnte ich dich genauso gut an der Wäscheleine aufhängen“, redete sie auf das erschöpfte Tier ein, während sie es sorgfältig abrubbelte und dann in ein flauschiges Frotteehandtuch wickelte.
    Nun lag der Hund, wieder zum Leben erweckt, in ihren Armen. Nur seine großen Fledermausohren und die ängstlich hervorquellenden Rehaugen lugten aus der Verhüllung. Jede couragierte Amme hätte dem Tier vermutlich unvoreingenommen die Brust gegeben. Auch Isolde konnte dem herzzerreißenden Anblick nicht widerstehen. Mit der freien Hand schenkte sie sich noch einen Schluck Sherry ein, tunkte ihren Zeigefinger in die Flüssigkeit und steckte dem Tier den Finger ins Maul. Der Hund fing arglos an zu saugen, und Isolde begann instinktiv das Tier in ihren Armen zu wiegen. Nach wenigen Augenblicken schloss der Hund seine Augen. Nichts schien ihn mehr in seinem Rausch zu stören, auch nicht, das herannahende Rettungssignal. Isolde hingegen spitzte wachsam die Ohren.
     
    „Die kommen doch nicht etwa…“
    Isolde hatte den Gedanken noch nicht richtig ausgesprochen, da konnte sie von ihrem Sitzplatz aus das blinkende Signal durchs Fenster erkennen. Aufgelöst legte sie den schlafenden Hund auf einem Sessel ab, spurtete in die angrenzende Diele hinaus, schnappte sich den Feldstecher, der auf der Anrichte lag und wetzte die Treppe zum Dachboden hinauf. Sie nahm gleich zwei Stufen auf einmal. Oben angekommen, holte sie den Schlüssel unter dem Abtreter hervor und stemmte sich mit ihrem Gewicht gegen die klemmende Tür. Die Tür sprang auf und Isolde lief auf das Dachfenster zu, unter dem ein alter Holzstuhl stand, auf den sie stieg. Vorsichtig öffnete sie die Dachluke und spähte hinaus.
    „Wieso sind die schon da?“, murmelte sie außer Atem und verzog misstrauisch das Gesicht.
    Isolde sah, wie zwei Sanitäter mit einer Trage herbeieilten, während der Notarzt bereits die obligatorischen Wiederbelebungsversuche bei der Maibach einleitete. Aber das interessierte Isolde nicht. Ihr Augenmerk galt ihrem Schützling, der an der Feldsteinmauer des Ziehbrunnens lehnte und apathisch die vergeblichen Bemühungen des Arztes verfolgte. Isolde nahm den Feldstecher zur Hand und peilte in an. Warum, wusste sie selbst nicht so genau. Einerseits suchte sie nach einer logischen Kombination seines Verhaltens, die das überraschende Eintreffen der Rettungsmannschaft erklärte, andererseits hoffte sie, seinen Gesichtszügen irgendeinen Aufschluss zu seiner tatsächlichen Verfassung zu finden. Beides erwies sich als Fehlanzeige. Trotzdem war sich Isolde sicher, dass die ganze

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