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Tote Pracht

Tote Pracht

Titel: Tote Pracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Hast du Zeit, heute morgen etwas für
mich herauszufinden?«
    »Wenn es nicht zu kompliziert ist. Mein
Gehirn scheint noch nicht zu arbeiten. Also, schieß los.«
    »Ich muß etwas über eine Firma in Fort
Worth, Texas, erfahren, und zwar American Consolidated Services. Ich muß
wissen, welche Dienstleistungen der Betrieb anbietet. Wenn du einen
hilfsbereiten Mitarbeiter antriffst, dann fragst du ihn über Bob Smith aus.
Smith hat von 1967 bis 1973 dort gearbeitet.«
    »Welchen Grund soll ich für meine
Fragen angeben?«
    »Sag einfach, es handele sich um eine
Mitarbeiterprüfung. Nein, das geht nicht — die Polizei war schon da, und man
weiß vermutlich, daß er tot ist. Denk dir irgend etwas aus.«
    »Aber sicher«, meinte sie etwas
mürrisch.
    Ich kritzelte eine Nachricht für Greg
und sagte ihm, daß ich eine Spur gefunden hatte, die möglicherweise zu dem
Heckenschützen führte, und daß ich mich später bei ihm melden würde. Dann
machte ich mich auf den Weg in die Stadt, wo meine Alma mater zu Hause ist.
     
     
     

14
     
    Ich kam nur noch selten nach Berkeley —
nicht weil ich die Stadt nicht mochte, sondern weil meine alten Freunde schon
vor langer Zeit weggezogen waren und ich keinen Grund mehr hatte,
hierherzukommen. Als ich an diesem Morgen die University Avenue zum Campus
hinauffuhr, überkamen mich nostalgische Gefühle. Diese dunkelhaarige Frau in
Jeans, die vor mir über die Straße ging, hätte auch ich sein können, unwillig
auf dem Weg zu meiner Soziologievorlesung um neun Uhr, in Gedanken damit
beschäftigt, wie ich die nächste Stunde ohne eine dritte Tasse Kaffee überleben
sollte. In dem Sandwichladen an der Ecke hatte ich mir mittags oft etwas zum
Essen gekauft, und ich wollte wetten, daß das Brot dort immer noch hart und
trocken war. Als ich über die Milvia-Kreuzung fuhr, fühlte ich ein leichtes
Ziehen in der Brust; etwa zwei Häuserblocks weiter unten lag an einer kleinen
Seitenstraße das Apartment, wo ich Glück, Enttäuschung und Leid meiner einzigen
länger währenden Lebensgemeinschaft mit einem Mann erfahren hatte. Äußerlich
und innerlich war ich heute eine andere, und doch auch wieder nicht.
    Komisch, dachte ich, daß ein Teil von
mir sich nicht älter fühlte als zu der Zeit, als ich dort mein Diplom gemacht
hatte. Inzwischen arbeitete ich in einem Beruf, an den ich damals nicht einmal
im Traum gedacht hatte; ich hatte mit Menschen und Situationen zu tun, die mir
als Studentin Gänsehaut verursacht hätten; ich war oft in Lebensgefahr; wurde,
so gut es ging, mit Gewalt und Tod fertig; war sogar einmal gezwungen gewesen,
einen Menschen zu töten. Ich war heute zynischer, schneller in meinem Urteil
und zorniger. Aber tief in meinem Inneren waren noch Wehmut und Sehnsucht, wie ich
sie mit dreiundzwanzig verspürt hatte.
    Auch Berkeley hatte sich verändert. Die
alten Wahrzeichen standen zwar immer noch, aber dazwischen gab es eine
stattliche Zahl von modischen Geschäften und Restaurants. Die ruhige, etwas
ausgeflippte Stadt meiner Erinnerung war schick geworden: Hier befand sich das
Gourmet-Ghetto, der Vorposten der neuen kalifornischen Küche. Die Universität
war zwar immer noch ein wichtiger Bestandteil, aber nicht mehr die einzige
Attraktion in der Stadt. Auf den Straßen, wo man einst vorwiegend Studenten auf
Rädern oder in verbeulten Fahrzeugen sah, traf man jetzt auch betuchte
Führungskräfte in BMWs. Die Entwicklung war natürlich nicht nur aufwärts
gegangen: als ich das Ende des Campus erreichte und nach links auf die Shattuck
abbog, überraschte mich der Anblick eines riesigen McDonald-Restaurants.
Offenbar war nicht jedermann in Berkeley ein Gourmet.
    Luke Widdows hatte mir gesagt, daß sein
Haus an der Walnut Street liege, einen Block von einem Einkaufszentrum mit dem
Namen Walnut Square entfernt. Ich fand es — ein zweistöckiges Haus, das mit
weißen Schindeln verschalt war, von einer breiten Veranda umgeben — und parkte
nach seiner Anweisung in der Einfahrt. Das Büro war nach seinen Worten hinten
im Kutschhaus. Ich folgte einem verwinkelten Pfad durch einen Gemüsegarten zu
einem kleineren Gebäude; es sah schäbiger aus als das Haupthaus, das Dach fiel
steil nach unten ab. Als ich an die Fliegentür klopfte, öffnete mir Widdows
sofort.
    Er war ein schlanker Mann mit lockigen
braunen Haaren und einem Wuschelbart, in khakifarbenen Hosen und einem blauen
T-Shirt. Er hatte eine offene Art, die mir gefiel, und er schien so erfreut,
mich zu sehen, daß ich

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