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Tote Pracht

Tote Pracht

Titel: Tote Pracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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kennengelernt?«
fragte ich.
    »Hier in Berkeley. Ich habe ihn für
einige Artikel im Daily Cal interviewt.«
    »Können Sie mir etwas über die Leute
sagen, die ihm nahestanden?«
    »Sie meinen die anderen
Studentenführer?«
    »Ich nenne Ihnen ein paar Namen, und
Sie sagen mir, ob sie zu seinen Freunden gehörten. Thomas Y. Grant?«
    »Wo habe ich — ist das nicht der
Rechtsanwalt, der gestern abend in der Stadt ermordet wurde?«
    »Ja.«
    Widdows’ Augen weiteten sich.
»Bearbeiten Sie den Fall?«
    »Da besteht eine gewisse Verbindung.«
    »Ich verstehe.« Er schien von meiner
Zurückhaltung fasziniert zu sein. »Nun, soweit ich mich erinnern kann, habe ich
den Namen Grant zum ersten Mal gehört, als ich heute morgen die Zeitung auf
schlug.«
    »Wie steht es mit David Arlen Taylor — D.
A. Taylor?«
    »Ja, sicher. Er war ein enger Freund
von Perry, vermutlich sein engster.«
    »Und Libby Heikkinen?«
    »Taylors Freundin.«
    »Und Jenny Ruhl?«
    »Ruhl. Ruhl. Ja, ich erinnere mich an
sie. Zierliches Mädchen mit langen schwarzen Haaren.«
    »Hatte sie vielleicht ein
Liebesverhältnis mit Perry?«
    »O nein, das glaube ich nicht. Perry
mochte Frauen, aber er war ziemlich schüchtern. Er hätte mit jemandem wie Jenny
nichts angefangen.«
    »Warum nicht?«
    »Wie soll ich das sagen, ohne — Jenny
mochte Männer, und zwar viele. Um vierundsechzig, fünfundsechzig lebte sie eine
Weile mit einem Typen zusammen, einem schmierigen Trittbrettfahrer. Einer von
den Kerlen, die nur wegen Sex and Drugs and Rock and Roll in Berkeley
waren, wie sie zu sagen pflegten. Etwa zu der Zeit, als sie schwanger wurde,
verschwand er von der Bildfläche. Sie bekam das Kind, und ich glaube, sie gab
es zur Adoption frei. Danach hatte sie verschiedene Freunde, aber bei keinem
blieb sie sehr lange.«
    »Welche Verbindung gab es dann zwischen
ihr und Hilderly?«
    »Sie war eben eine aus der Gruppe, die
ständig zusammenhockte und sich sehr engagierte bei den Protestaktionen.«
    »Dieser... Typ, mit dem Ruhl
zusammenlebte — wissen Sie, wie er hieß?«
    »Ich glaube, ich habe den Namen nie
gewußt.«
    »Können Sie ihn beschreiben?«
    »Nicht so recht — er sah aus wie so ein
typischer Gammler. Sie erinnern sich vielleicht noch an den Typ — langer,
ungepflegter Bart, ebenso das Haar, recht schmuddelige Erscheinung, etwas älter
als die meisten Studenten.«
    »Keine auffälligen Kennzeichen?«
    »Nicht, daß ich mich erinnern könnte.
Diese Leute waren alle irgendwie gleich, und die meisten von uns trauten ihnen
nicht. Ihre Motive waren nicht rein, wissen Sie.« Widdows lachte belustigt; er
schien sich über sich selbst zu amüsieren. »Wir hatten eine lange Liste von
Leuten, denen wir nicht trauten. Jeder über dreißig, natürlich. Die
Universitätsverwaltung und die meisten Fakultätsmitglieder. Politiker, wenn sie
einer großen Partei angehörten. Industrie und Militärs, einschließlich dem
verängstigten zweiten Leutnant in der Nationalgarde. Hinter jedem Baum lauerten
Spione: die Bullen von Berkeley, die Rauschgiftfahnder, das FBI, die
Campuspolizei und — als sich die ersten Bombenattentate ereigneten — das ATF,
die Behörde für Alkohol, Tabak und Feuerwaffen.«
    »Eine Brutstätte der Paranoia?«
    »Richtig. Aber das lag nicht nur an den
Drogen. Ich möchte noch etwas zu den Spitzeln sagen; nicht viele von ihnen
hatten Erfolg, ganz gleich von welcher Behörde sie auch kamen. Zugeknöpfte
Hemdkragen und Schuhe aus Saffianleder kamen bei den Studentenversammlungen
einfach nicht gut an. Und wem es gelang, in die Subkultur einzudringen, wurde
meist zum Überläufer — blieb an Drogen oder Frauen hängen. Ich habe gehört, daß
sie vom FBI in regelmäßigen Abständen zu so einer Art Umerziehungsprogramm
zurückgeholt wurden. Das war schon eine eigenartige Zeit.«
    »Wissen Sie, was aus Perrys Freunden
geworden ist?«
    »Sie wurden entweder von der Uni
geworfen, oder sie gingen freiwillig. Ich glaube, er erzählte mir, daß einige
von ihnen in die Stadt gezogen seien und eine Kommune gegründet hätten. Gegen
achtundsechzig, neunundsechzig verlagerten sich die politischen Aktivitäten zur
Universität von San Francisco. Perry stand, soviel ich weiß, mit ihnen in
Kontakt. Er meinte einmal, man könnte einen guten Artikel darüber schreiben,
aber dann wurde doch nichts draus.«
    »Was für einen Artikel?«
    »Wer weiß? Perry arbeitete völlig
unabhängig; ich wußte nie, was er mir vorlegen würde, bis ich es auf dem
Schreibtisch

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