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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Verstärkung.
    „Leutnant Kuckel?“, fragte der Oberst höflich, aber in zurechtweisendem Ton.
    „Was geschieht denn nun mit diesen geheimnisvollen Vorräten? Wo sind sie, wer schafft sie heran, wie werden sie verteilt?“
    „Das lassen Sie meine Sorge sein. Ich übernehme ab sofort auch praktische Aufgaben.“
    „Verstehe.“
    „Gestatten Sie mir nun, zu B zu kommen? Danke. Es ist zu befürchten, dass wir bald angegriffen werden.“
     
    Amelie hatte die Nacht auf zwei braungrauen Bundeswehr-Decken ausgestreckt hinter Wiccas Schreibtisch verbracht. Sie und Helge hatten die Truhe in den toten Winkel dahinter gezerrt als mögliche letzte Versteckmöglichkeit. Aber Amelie war sich sicher, als sie jetzt erwachte und das Ungetüm mit aufgeklapptem Deckel wie ein Monster mit offenem Maul neben sich lauern sah, dass sie nicht davon Gebrauch gemacht hätte.
    Sie wollte raus aus ihrer Isolation, nicht noch tiefer hinein. Zwar hatte sie eingewilligt, erst noch mal mit Helge zu sprechen, sollte der es schaffen, sie zwischen Wecken und Morgenappell kurz aufzusuchen, aber sie würde dann gleich mit ihm oder später am Vormittag eben ohne ihn nach unten gehen und sich stellen. Das wollte sie schon wegen Hermann Klangfärber, falls er es wirklich war – ihrer oder Wiccas oder ein und derselbe Typ. Wenn er es war, dann wollte sie endlich Antworten.
    Amelie öffnete den Zopf, den sie für die Nacht gemacht hatte, und schlang ihn gleich wieder neu und verknotete ihn zum Dutt. Sie hatte keinen Spiegel und keine Waschgelegenheit, was gerade gut war, denn wenn sie sich schon einer Hundertschaft sexuell ausgehungerter Männer stellte, dann lieber so unattraktiv wie möglich.
    Was würde sie sagen? Sie hatte sich den Kopf zerbrochen bis zum Einschlafen und nun seit dem Erwachen. Was sie wusste, war wichtig für die Verteidigung der Burg. Aber zu viel Wissen preiszugeben, konnte ihr persönlich schaden. Schon allein das, was sie Helge gesagt hatte, dass sie Angestellte der Burgverwaltung gewesen sei, konnte zu unangenehmen Fragen führen.
    Erst mal dumm stellen, das war am besten. Sie war eine Touristin. Von weit her. Sie hatte sich auf die Burg geflüchtet. Über die Besitzer wusste sie nichts. Wenn Hermann der Hermann war, dann konnte er diese Angaben sogar bestätigen. In ihrem alten Leben, aus dem sie ihn gekannt hatte, war sie Lokaljournalistin und zuletzt arbeitslos gewesen.
    Helge war überfällig. Offenbar kam er nicht. Amelie ging zur Tür, schnaufte tief durch und legte die Hand auf den Drücker.
     
    Polizeihauptkommissar Werner Mertel war selbst verblüfft über diese unerwartete Bombe des Obersten, aber er musste sich das Grinsen verbeißen, als er sah, wie den drei anderen fast synchron die Gesichtszüge entgleisten.
    „Angegriffen? Von wem, bitte!“
    „Von wem wohl. Werfen Sie gern mal einen Blick aus dem Fenster. Zur Stadt hin, bitte. Inzwischen dürfte es hell genug sein.“
    Mertel war näher dran und daher als erster dort. Was er sah, war eine wogende Masse von Leibern, die sämtliche Straßen in der Stadt und die Vorstadt bis zum Burgberg hin durchwimmelte. An einzelnen Stellen schien es Tumulte zu geben, vermutlich Angriffe auf Überlebende. Es war, wie auf einen Ameisenhaufen zu schauen.
    „Das sind beängstigend viele, zugegeben. Aber wie kommen Sie drauf, dass die hierher unterwegs sind?“, fragte der Leutnant.
    „Weil sich sowohl die Front als auch der Gesamtverband immer näher zu uns her verschiebt. Gestern Abend reichte das Konglomerat von der anderen Seite her nur bis etwa zur Stadtmitte.“
    „Konglomerat?“, fragte der Leutnant spöttisch.
    „Man könnte auch sagen Schwarm. Das Ding kreist um sich selbst oder um eine Art Mitte, aber bewegt sich zugleich auch langsam und stetig in unserer Richtung.“
    „Könnte Zufall sein.“
    „Wollen wir unser Überleben dem Zufall anvertrauen?“
    „Selbstverständlich nicht. Aber das sind Tausende von Überträgern, womöglich Zehntausende. Man bräuchte schon Bomben oder Streumunition, um da was auszurichten.“
    „Oder wir ziehen eben doch Leine“, schlug Mertel vor, ohne selbst überzeugt davon zu sein.
    „Und wohin bitte?“, fragte der Leutnant. Er starrte auf das noch ferne, aber bedrohliche Gewimmel und machte ein Gesicht, als habe er Schiss.
    „Die Frage ist, ob sie die Mauern überwinden können.“
    „Auch darauf sollten wir es lieber nicht ankommen lassen.“
    „Wenn sie seit gestern Abend erst rund 100 Meter geschafft haben“, meinte

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