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Toten-Welt (German Edition)

Toten-Welt (German Edition)

Titel: Toten-Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Genießen Sie es so richtig. Denn heißes Wasser aus der Leitung wird es in ein paar Tagen nicht mehr geben. Keinen Strom, kein Internet. Kein Fernsehen, kein Kino. Keine fahrenden Autos, keine fliegenden Flugzeuge. Ihr Handy wird tot sein wie ein Stein. Der Countdown läuft.“

Kapitel 4: Wiccas Vorleben als Maria
     
    „Wo bleibt sie denn?!“
    Der Fürstbischof klang wie ein quengeliges Kind und schämte sich dafür. Er wechselte die Sitzhaltung und unterdrückte einen Schmerzensschrei.
    „Der Trupp wurde noch nicht gesichtet, Eure Eminenz.“
    „Schickt einen Reiter hinterher.“
    „Ja, Eminenz, aber ich glaube nicht...“
    „Das ist keine Glaubenssache, sondern eine Angelegenheit der Eile. Tut wie Euch geheißen.“
    „Sofort, Eure Eminenz.“
    Burgvogt Franz von Neuminingen verbeugte sich leicht, drehte sich um und schritt davon. Keine Spur von Eile. Der Fürstbischof hasste ihn für seinen Stolz, vor allem aber für seine Gesundheit. Der war mit seinen 45 Jahren kaum jünger als er selbst, aber bewegte sich ohne Gicht und Rückenschmerzen durchs Leben. Kein Bauch, der ihn behinderte, aber stramme Muskeln, die ihn wendig sein ließen wie eine Katze. Es war eine Plage, ein hohes Amt zu bekleiden.
    Nicht dass die üppigen Gelage nicht nach seinem Geschmack gewesen wären. Aber sich beim Genießen zu mäßigen, kam bei einem Mann seines Standes nicht in Betracht. Die gewaltigen Portionen Fleisch und die Sturzbäche an Bier und Wein hatten seine Gesundheit ruiniert. Maria würde ihm das abermals vorhalten, bevor sie seine Leiden zum Verschwinden bringen würde. Vorübergehend, leider wieder nur vorübergehend. Er hasste auch sie, aber auf eine ganz andere Art als den Burgvogt, den er am liebsten durchs Angstloch geworfen und im Verlies hätte anketten und verschmachten lassen. Maria hasste er zum Zanken und Raufen. Er hasste sie wie jemanden, den man zu gerne von früh bis spät um sich gehabt hätte aus vielerlei Gründen. Um sich daran zu entzücken, dass sie hübsch anzusehen war. Um den Intellekt im Streitgespräch mit ihr zu schärfen. Und sich im Bett an ihr zu wärmen.
    Aber dieses Mädel zog es vor, im Wald zu hausen wie ein Troll, statt wie befohlen auf die Burg zu ziehen. Und dort draußen in der Wildnis wagte sie es auch noch, zu jeder Tages- und Nachtzeit unauffindbar zu sein – für ihn, die höchste kirchliche und weltliche Autorität im Lande!
    Ihre Schneid imponierte ihm, und das ärgerte ihn noch mehr. Er war hier derjenige, der zu imponieren hatte, allen Vasallen ohne Ausnahme und ausschließlich!
    „Von Neuminingen!“
    Er wusste genau, dass dieser Pfau von einem Burgvogt inzwischen bei den Ställen war, ihn dort nicht hören konnte und brüllte zum Trotz:
    „Burgvogt, sofort zu mir!“
    Über laut geflüsterte Botschaften der Wachen und Dienstmägde würde der Befehl ihn auf dem Weg über den Hof einholen und sein Tempo ob der Dringlichkeit und Unklarheit des Befehls beschleunigen, was Sinn und Zweck des Rufens war.
    Um den Ausdruck seines Grolls zu überhöhen, begann er sich aus dem Bett zu mühen. Das mit bunten Blüten bemalte Holzgestell des Schlachtrosses von Ruhestatt und Empfangsthron ächzte unter dem Gewicht des respektablen Herrn. Mit Mühe brachte er seine nackten Füße über die Bettkante, biss die Zähne zusammen, als die Pein ihm in sein Rückgrat schoss, und fischte, blind durch seinen bis fast zu den Knien geblähten Bauch, nach den Pantoffeln.
    Jetzt, da er angefangen hatte, sich zu bewegen, regte sich ein durch langes Liegen und Sitzen verstopftes menschliches Bedürfnis. So stemmte er sich hoch, frierend in den kalten Mauern, die den Sommer nicht einmal jetzt im Juli hereinlassen wollten, hob sein Nachthemd und setzte sich zwei Meter weiter auf den Stuhl mit dem großen runden Loch.
    „Sie haben gerufen, Eminenz?“
    Der Burgvogt schwitzte und rang um Atem. Peinlich berührt senkte er den Blick, als er die Ortsveränderung seines Herrn bemerkte. Mehr noch als über die sinnlose Hetze ärgerte er sich über dessen mangelndes Schamgefühl.
    „Schickt einen weiteren Reiter ins Forellental. Dort verweilt sie gerne, um...“
    Er besann sich der Brisanz dieser Angabe und unterschlug sie.
    „Na hurtig!“
    „Kann ich außerdem noch dienlich sein, Eminenz?“
    „Indem Ihr schnell erfolgreich seid.“
    „Das ist mir wie immer das höchste Anliegen.“
    Er verbeugte sich in einer Gedehntheit als gelte es, sich als Abkömmling einer Schnecke zu erkennen zu geben, und

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