Totenbeschwörung
nennt man ihn den Herrn des westlichen Gartens. So viel in etwa erzählte uns Harry Keogh, als er schließlich zu uns zurückkehrte. Über den Herrn des Gartens selbst wissen wir herzlich wenig, nur dass letztlich sowohl er als auch Harry zu Wamphyri wurden. Es ist gut möglich, dass der Herr des Gartens noch immer ein Wamphyri ist.«
Ja, dachte Nathan. Jetzt habe ich also noch einen weiteren Bruder, der zu den Wamphyri zählt. Doch diesen Gedanken behielt er für sich. Stattdessen sagte er nur: »Nein, der Herr des Gartens ist nicht mehr am Leben! Und mein Vater ist ebenfalls tot! Ich entsinne mich, wie Lardis darüber sprach. Eine Waffe aus Perchorsk – ›der Hauch der Hölle‹ – tötete die beiden! Sie riss auch den Rest der Alten Wamphyri, alle, wie sie damals dort waren, mit in den Tod. Die Neuen Wamphyri allerdings ... sind anders.«
»Was soll das heißen, anders?«
»Sie sind klug.« Nathan dachte an Maglore in der Runenstatt und berührte unwillkürlich das goldene Zeichen, das er im Ohr trug. »Sie sind gerissener, hinterhältiger und teuflischer als die Alten Wamphyri! Sie geben vor, zivilisiert zu sein, gebildet, aber das macht sie nur schlimmer.«
»Ich weiß, was du meinst«, nickte Trask. »In unserer Welt gab es vor einer geraumen Anzahl von Jahren einen Mann namens Hitler. Auch er gab sich zivilisiert und kultiviert – genau wie seine Ideologie, seine Vernichtungswaffen und der Völkermord, mit dem er einen Großteil des Menschengeschlechts auszulöschen gedachte!«
»Was ist aus ihm geworden?«
»Wir haben seine Armee besiegt und ihn getötet. Aber seine Ideen ... sind nicht so einfach totzukriegen. Dennoch sind wir dabei zu gewinnen. Wenigstens was diese Welt angeht! Und auch in deiner Welt können wir den Sieg erringen!«
»Dazu müsst ihr erst einmal hingelangen!«
»Gib uns eine Chance. Nun, wo wir wissen, was Turkur Tzonov vorhat, beziehungsweise es zu wissen glauben, arbeiten wir daran, und zwar hart.«
»Und was genau tut ihr?«
»Bevor und während wir das Waisenhaus bauten, versuchten wir, an den Oberlauf des Flusses zu gelangen. Harry hatte es etappenweise geschafft, in sogenannten ›Möbiussprüngen‹, die ihn jeweils ein kurzes Stück weiter brachten. Außerdem haben ihn tote Freunde dabei unterstützt, zwei rumänische Höhlenforscher, die es vor ihm versucht hatten und gescheitert waren. Also holten wir unsere eigenen Experten und statteten sie mit der bestmöglichen Ausrüstung aus.«
»Höhlenforscher?«
Trask erklärte ihm, was dies war, und schloss mit den Worten: »Oh ja! In unserer Welt gibt es Leute, die nur so zum Vergnügen Höhlen erkunden! Die Leute, die wir eingesetzt haben, waren allerdings Experten.«
»Huh!«, ächzte Nathan. »Auf der Sonnseite machen wir das nur, wenn wir ein Versteck brauchen – um zu überleben!«
»Unsere Leute versuchten es auf dieselbe Weise wie dein Vater«, fuhr Trask fort. »Sie wollten das Tor erreichen, indem sie in Etappen entlang des unterirdischen Flusses vorrückten. Allerdings gab es da ein paar Schwierigkeiten. Obwohl sie mit Sauerstoffflaschen, starken Lampen und propellergetriebenen Mini-U-Booten ausgerüstet waren, verfügten sie nämlich nicht über die besonderen Fähigkeiten deines Vaters. Ihnen stand weder das Möbiuskontinuum zur Verfügung noch konnten sie Kontakt zu den Toten herstellen ...«
Abermals musste er eine Pause einlegen, um einiges zu erklären; denn Nathan vermochte zwar die Bilder in Trasks Geist zu erkennen, die ihnen zugrunde liegende Technologie allerdings war ihm völlig unbekannt.
»Seitdem wurde vieles weiterentwickelt und die Erkundungsausrüstung wesentlich verbessert. Aber bisher gab es eigentlich keinen Grund, die Erkundung voranzutreiben. Nachdem das ›Kinderheim‹ erst einmal stand, wähnten wir uns – die ganze Welt – sicher! Nichts konnte jenen unterirdischen Fluss durchqueren, ohne dass wir davon Wind bekamen und auf den Plan traten. Was auch immer sich in den Auffangbecken unter dem Heim verfing, war entweder harmlos oder ... tot oder würde es zumindest bald sein. Unsere Sicherheitsvorkehrungen sind mindestens ebenso gut, wenn nicht besser als diejenigen von Perchorsk.
So riegelten die Russen ihr Tor ab und in Rumänien hatten wir die Kontrolle. Damit bestand keine Notwendigkeit mehr, das Tor selbst zu erreichen. Alles war in bester Ordnung, solange wir und die Gegenseite dafür sorgten, dass nichts in der Lage war, in unsere Welt einzudringen ...«
»Und nun ist
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