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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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am Ende der Reise mit einem fremden Mann das Bett zu teilen, so wie es vielen Frauen geschah. Wenn ich floh, würde ich dieses Schicksal lediglich gegen ein anderes tauschen – das, von Räubern aufgegriffen zu werden.
    Die Männer ritten schweigend und verbissen, nur das Schnauben der Pferde und das Hufgetrappel erfüllte die Luft. Mir schien es, als hätten sogar die Linden aufgehört, im Wind zu rauschen. Noch nie war ich so weit von zu Hause fort gewesen, schon jetzt wurde mir das gebirgige Land fremd. Und da war noch etwas: entfernter Hufschlag? Ein Ruf ?
    Die Männer schauten zurück und trieben die Pferde an.
    Jovan vergewisserte sich mit einem raschen Blick, dass ich sicher in den Steigbügeln stand, dann nickte er knapp. Auch die beiden anderen Männer rückten zu mir und Simeon auf. Ein fremder Steigbügel stieß mit einem metallischen Klang gegen meinen.
    „Beuge dich vor und halte dich gut an der Mähne fest“, raunte Simeon mir zu und nahm mir einfach die Zügel aus der Hand.
    Dann geschah alles auf einmal: das Geräusch von Steinschlag, das erschrockene Schnauben der Rappen – und der ungeheure Ruck, als mein Pferd losschnellte. Ich schrie vor Schreck auf, dann klammerte ich mich schon mit aller Kraft an der Mähne fest und beugte mich nach vorne. Die Steigbügel drückten sich schmerzhaft in meine Sohlen. Mir wurde schwindelig, so rasend flog der steinige Boden unter mir dahin. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich mich so schnell bewegt. Hinter mir hörte ich Rufe und Hufgetrappel, doch eher wäre ich durch die Hölle gegangen als mich umzusehen. Jovan ritt links von mir – und lachte! Seine Augen funkelten und er lenkte sein Pferd mit nur einer Hand.
    „Weiter!“, befahl er seinen Männern. „Schneller!“
    Die Jagd stürmte voran. Und zwischen zwei Sprüngen, als mein Pferd über das Gelände flog, für einen Herzschlag lang nicht mehr mit dem Boden verbunden, geschah etwas Seltsames: Ich fürchtete mich nicht länger. Ich schmeckte den Wind und war nur noch besessen von dem Wunsch, Lazar Kosac zu entkommen. Ganz von allein suchte mein Körper das Gleichgewicht.
    Ich weiß nicht mehr, wann die Pferde langsamer wurden und wann ich ganz sicher war, dass wir den Räubern einfach davongelaufen waren wie ein Hase dem Fuchs. Und obwohl meine Knie schmerzten und die Mähne meine Finger blutig geschnitten hatte, war ich noch wie benommen von der Geschwindigkeit und unendlich erleichtert.
    Jovan sah über die Schulter zurück. „Teufel, was für ein Ritt!“, schrie er triumphierend. „Meine Pferde sind doch die besten der Welt!“ Die zwei Männer fielen in sein raues Lachen mit ein, nur Simeon und ich blieben stumm.
    „Was denn, so ernst?“, rief Jovan mir zu. „Mädchen, die Feuerprobe hast du bestanden. Die drei Türme erwarten dich, und auch das Pferd, das dich dorthin bringt, wird dir gehören. Ein Hochzeitsgeschenk von deinem Schwiegervater. Was sagst du nun?“
    „Es wird sich zeigen, ob wir überhaupt bei den drei Türmen ankommen“, entgegnete ich kühl. „Wir haben Glück gehabt, aber Kosac wird uns sicher kein zweites Mal entkommen lassen.“
    Jovan lachte. „Kosac? Der Lump wird sich hüten, mir in die Quere zu kommen.“
    „Warum lauft Ihr dann vor ihm davon?“
    Für diesen Satz hätte mein Vater mich auf der Stelle verprügelt. Jovans Lachen verschwand und einen Moment lang hatte ich das Gefühl, dass seine Männer den Atem anhielten. Ich hätte Angst bekommen sollen, aber seltsamerweise wartete ich nur ruhig auf Antwort.
    „Ich weiß nicht, wovon du sprichst“, sagte Jovan frostig. „Hinter uns brach Rotwild durch den Wald. Oder bildest du dir etwa ein, etwas anderes gehört zu haben? Du wirst doch nicht ebenso schwachsinnig sein wie deine Schwester?“
     

     
    Jovan mied die vielen Klöster der Fruška Gora und trieb uns auf unbegangenen Wegen vorwärts. Wir ritten durch Wald. Adlerschreie hallten in den Tälern. In der Nacht lagerten wir im Freien, ohne ein Feuer zu machen, verdreckt und stinkend nach Pferdeschweiß. Simeon breitete für mich seinen Mantel unter einer Kiefer aus und ich lehnte mich an den knorrigen Stamm. Jeder Knochen tat mir weh. Meine Knie und Schenkel waren wund gerieben und meine Zähne klapperten vor Erschöpfung. Es gab nur zähes, getrocknetes Schafsfleisch zu essen, und obwohl die Fastenzeit vor Ostern noch nicht vorbei war, aß ich davon, da ich schrecklich Hunger hatte. Und ich trank das nach Leder schmeckende Wasser aus einem

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