Totenbraut (German Edition)
Geruch des Getränkes nicht, sie schnaubten und schüttelten die Köpfe.
Verstohlen musterte ich die Männer. Der Medicus war in Jovans Alter. Er hatte schlanke Finger und ein farbloses, aber freundliches Gesicht. Jovan und er sprachen so vertraut miteinander wie alte Freunde. Der andere war ein dunkelhaariger, junger Offizier in einem staubigen Uniformrock. Mit seinem geglätteten Schnurrbart und den schwarzen Augen wirkte er wie ein Ungar. Der steife, hohe Kragen schnitt ihm unter dem zu weichen Kinn ein.
„Bereite das Essen vor, Tochter“, wandte sich Jovan an mich. „Wir sind hungrig.“
Vom Fenster aus beobachtete ich, wie Danilo die ungarischen Stuten vorführte, sie in engen Runden traben und galoppieren ließ. Widerstrebend musste ich zugeben, dass ich seine Reitkünste bewunderte und mir im Geheimen wünschte, ebenso sicher auf Vetars Rücken zu sitzen. Der Schein der untergehenden Sonne verlieh dem Fell der Pferde einen goldenen Glanz. Der Medicus zeigte sich begeistert von den Tieren, der Ungar dagegen war ein besserer Geschäftsmann und ließ sich seine Gedanken nicht anmerken. Mit unbewegtem Gesicht, aber unruhigen, fiebrigen Augen verfolgte er jede Bewegung der Pferde. Dabei lächelte er kein einziges Mal. Doch als Simeon die Stuten in den Stall brachte, blickte er ihnen lange nach.
Als er wenig später die Kammer mit den türkischen Kostbarkeiten betrat, runzelte er die Stirn und sah sich misstrauisch um. Ich mochte den Ausdruck in seinen Augen nicht, es lag Verachtung, aber auch eine Art Gier darin.
Wein und frisch gebackene Pita standen bereit. Dazu Braten, Maisbrot und Wein.
„Das nenne ich eine gute Gastgeberin!“, rief Jovan, als ich ihm einschenkte. „Auf meine Schwiegertochter, Freunde!“
„Auf das junge Ehepaar“, sagte der Medicus, griff sich einen Becher und zwinkerte mir gut gelaunt zu.
„Auf die Ehefrau“, murmelte der magyarische Offizier nur. „Wie ich sehe, findet sich auch im Stall ein gutes Pferd.“ Seine ruhelosen Blicke wanderten dreist über meine Brüste, als wäre ich nichts weiter als ein Stück Vieh, dessen Wert er schätzte. Ich starrte auf den Weinkrug in meinen Händen, wütend darüber, dass mir das Blut in die Wangen schoss.
„Und auf das Haus Vuković, dessen Name weiterleben wird!“, sagte der Arzt feierlich und hob den Becher.
„Das wird er, oh ja“, erwiderte Jovan mit großer Entschlossenheit. Er lachte und klopfte seinem Sohn auf die Schulter. Auch heute war seine Herzlichkeit nicht echt. In Danilos Gegenwart war Jovans Lachen stets wie schneidender Wind und sein Blick scharf wie Glas.
Danilo rang sich nicht einmal ein dünnes Lächeln ab. Der Ma gyar trank den Becher in einem Zug aus, ohne seine unruhigen Augen von mir zu lassen. Sie waren dunkel und glühten in einem trunkenen Licht und ich vermutete, dass es wohl nicht das erste Glas Wein war, das er an diesem Tag geleert hatte.
„He, du, sag mal, woher kommt deine Frau?“, fragte er Danilo.
„Fragt doch meinen Vater“, entgegnete Danilo bissig. „Ich weiß nicht viel darüber.“
„Mein Sohn ist offenbar ein vergesslicher Dummkopf“, antwortete Jovan betont ruhig. „Von der Fruška Gora stammt sie.“
„Ach, aus dem Frankenwald?“, rief der Magyar. „Dem Tarcalhegység. Ein ganz schön weiter Weg, was? Ich hatte auch mal eine, die von dort kam. Feurige Stute war das. Besonders im Bett!“ Er grinste.
Ich bemühte mich, diese Unverschämtheit zu überhören. Oft hatte Jelka sich ähnliche Scherze von Gästen anhören müssen und unser Vater hatte am lautesten darüber gelacht. Doch Danilo sah aus, als würde er dem Gast jeden Augenblick den Wein ins Gesicht schütten.
„Der Wein lockert Eurem Freund wohl die Zügel“, sagte er zu dem Medicus. „Wenn man zu schnell vorprescht, fällt man ebenso schnell vom Pferd und bricht sich womöglich das Genick.“
Der ungarische Offizier hörte auf zu grinsen. Ich konnte spüren, wie die Luft vor Spannung knisterte. Nema, die sich erschöpft bei der Fensterbank niedergelassen hatte, richtete sich mit besorgter Miene auf. Ich war überzeugt, dass es jeden Moment Streit geben würde, doch dann beugte sich Jovan vor und winkte mir zu, ihm Wein nachzuschenken. „Heute Abend reden wir doch über Pferde, hab ich Recht?“, lenkte er mit einem Lächeln ein. „Aber es ehrt meinen Sohn, dass er seine Frau verteidigt – selbst wenn niemand sie verletzt hat. Verliebte sind nun mal leicht zu reizen, nicht wahr?“
„Dann auf die
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