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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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werden.
    „Oh – das? Eigene Dummheit. Jemand wollte etwas von mir – und ich wollte etwas anderes. Und da hat er versucht, mich zur Vernunft zu bringen. Nun ja, aber wie du siehst, bin ich nicht so leicht zu bekehren.“
    „Wer wollte dich bekehren, Dušan?“
    „Meine Sache, Ljubica “, schnappte er. „Und frag mich nur nicht, ob wir was mit dem Diebstahl zu tun haben! Es reicht schon, wenn die Hajduken uns verdächtigen.“
    „Und? Haben sie Recht?“
    Er schüttelte den Kopf.
    „Dann bist du also nur hergekommen, um mit deinen Liebschaften zu prahlen und mir Rätsel aufzugeben?“
    „Nein, nicht nur.“ Dušans Stimme sank zu einem Raunen herab, wurde fordernd und lockend zugleich. „Ich bin hier, weil ich etwas für dich habe.“
    „Mitten in der Nacht?“
    „Ja, das ist wichtig. Lass mich ins Haus, dann gebe ich es dir.“
    Trotz der Dunkelheit erahnte ich die schattige Bewegung zweier Hände, die sich auf das Fensterbrett legten. Ich weiß nicht, warum, aber plötzlich musste ich an Milutins Worte denken: Wenn man zu leichtfertig ist, lässt man vielleicht das Böse herein .
    „Nein!“, flüsterte ich und trat ein Stück vom Fenster zurück.
    Die Hände verschwanden. Stille antwortete mir, und ich dachte schon, dass Dušan weggegangen wäre, aber als ich mich vorsichtig zum Fenster beugte, sah ich immer noch seinen Umriss.
    „Wie du willst“, murmelte er. Nun klang seine Stimme verärgert. „Dann gib mir wenigstens deine Hand.“
    „Was?“
    „Herrgott, Jasna! Wenn ich dir etwas Böses wollte, hätte ich beim Galgenbaum eine viel bessere Gelegenheit dazu als hier, wo ein einziges Wort von dir einen Mann mit einem Gewehr herbeiruft.“
    „Sag mir einfach, was du mitten in der Nacht von mir willst!“, erwiderte ich ebenso barsch. „Was ist so wichtig, dass es nicht bis zum Tageslicht warten kann?“
    „Ich will etwas von dir?“, knurrte er. „Jetzt tu nur nicht so, als wollte ich dir unter den Rock schauen! Ich habe Staškos Nachricht bekommen. Du wolltest mich wohl dringend sehen. Und hier bin ich! Ist das ein Verbrechen?“
    Ich zögerte und leckte mir über die Lippen. „Nein“, sagte ich schließlich vorsichtig.
    „Ich dachte, wenn du sogar zu den Flößerhütten reitest, musst du einiges auf dem Herzen haben“, fuhr er fort. „Dann sollte ich dich nicht warten lassen. Außerdem ist Mitternacht vorbei. Das heißt, der Tag deiner Namensheiligen ist angebrochen. Und ich wollte der Erste sein, der dir ein Geschenk zu deinem Namenstag gibt. Also: Willst du es nun oder nicht?“
    Zum ersten Mal hatte Dušan es geschafft, mich ganz und gar sprachlos zu machen. Ein Kloß saß in meinem Hals und ließ mich kein Wort hervorbringen. Dabei hätte ich ihm so viel zu sagen gehabt: dass es nicht nur mein Namenstag war, sondern dass meine Mutter mich Jasna – die Klare – genannt hatte, weil ich am Tag der Heiligen Klara geboren wurde. Dass heute deshalb auch mein Geburtstag war, was ich auf dem Gut jedoch niemandem erzählt hatte. Ich sah Jelka vor mir, die auch in diesem Jahr eine Kerze entzünden würde als Erinnerung, dass ich selbst in der Ferne noch das Kind meiner Mutter war.
    Vertrau ihm nicht! Er ist immer noch ein Fremder! , warnte mich eine innere Stimme, die verdächtig nach meiner ältesten Schwester klang.
    Nicht fremder als die Menschen, die sich meine Familie nennen, hielt ich ihr trotzig entgegen.
    Heute denke ich, es war dieser Augenblick, in dem ich mir endlich eingestand, dass ich Dušan zwar die Tür zum Turm verschlossen, aber dafür eine Tür zu meinem Herzen geöffnet hatte. Ich stützte mich auf das breite Fensterbrett und streckte die Hand durch den Spalt zwischen den Läden. Ich zuckte zurück, als ich Dušans Finger spürte, aber so barsch seine Stimme eben geklungen hatte, so verwirrend sanft und vorsichtig war sein Händedruck. Behutsam drehte er meine Hand fläche nach oben und legte mir einen länglichen, flachen Gegenstand hi nein. Es war ein glatter Messergriff aus Holz, noch ganz warm von seiner Hand. Dušan schloss meine Finger darum.
    „Zugegeben, ein Messer ist nicht gerade das richtige Geschenk für eine Frau“, sagte er leise und ließ mich wieder los. „Aber immerhin eines, das nützlich ist. Dieses Messer hat noch nie Brot geschnitten und wurde in einer Kirche gesegnet – es wehrt das Böse ab. Ich dachte, vielleicht fürchtest du dich immer noch vor Marja – und ehrlich gesagt habe ich mir Sorgen gemacht, als ich hörte, dass du heute Nacht

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