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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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begrüßte mich hechelnd und – stürmte auf Vampirs Lager zu!
    „Nein!“, rief ich, doch es war zu spät. Mein Hund sprang bereits schwanzwedelnd auf das Bett des Ungeheuers und ließ ein aufforderndes Bellen hören. Vampir blinzelte. Mich schauderte, als ich sah, wie die Krallenhand nach Sivac griff. Und dann geschah etwas, was mich völlig aus der Fassung brachte: Vampir lächelte und für einen Augenblick schimmerte durch die verunstalteten Züge das Bild eines anderen Gesichts hindurch – die sanften, freundlichen Züge eines jungen Mannes. Das war endgültig zu viel.
    „Ich habe mit eurem verdammten Fluch nichts zu tun!“, schrie ich Simeon an. Er rief mir etwas hinterher, was ich nicht verstand, aber er folgte mir nicht, als ich nach draußen rannte.
     

     
    Das Entsetzen ließ nicht nach, während ich mich in meinem Turm umzog und mir das getrocknete Pferdeblut von der Haut wusch. Es überschwemmte mich mit Wogen von kalten Schauern. Ich war matt und meine Wangen glühten. Draußen kündigte sich die Morgendämmerung an. Die Lerchen sangen, ich hörte das Meckern der Ziegen und konnte nicht fassen, dass auch an diesem Tag die Sonne aufging und das Leben seinen Gang nahm, als wäre nichts geschehen.
    Ich hatte nicht viel, was ich mitnehmen konnte: mein Kreuz und einige Kleider, Maisbrot und Pita . Außerdem ein wenig Geld. Als ich auf den Stall zuschritt, war ich darauf gefasst, dass Simeon mich mit geladenem Gewehr zurückhalten würde, aber lieber wollte ich sterben, als noch einen Tag länger bei den Türmen zu bleiben. Doch der Alte war nicht dort und auch Nema ließ sich nicht blicken. Mit fahrigen Händen zäumte ich Vetar auf und stieg noch im Stall in den Sattel. Dann lenkte ich das Pferd zum Tor, wo Danilo mich bereits erwartete.
    „Du verlässt uns“, sagte er. Es war keine Frage.
    „All das hier geht mich nichts mehr an“, erwiderte ich. „Jetzt ist es allein deine Sache, Simeon und Nema zu erklären, dass es keinen Enkel geben wird. Und sag es Anica. Bei Gott, sonst erzähle ich es ihr!“
    Ich zuckte zusammen, als Danilo vortrat und Vetar am Zaum packte. „Dazu hast du kein Recht!“, zischte er.
    „Wer spricht hier über meine Rechte?“, schleuderte ich ihm entgegen. „Ein Mann, der nicht nur ein Lügner ist, sondern auch ein Verfluchter und ein halber Türke?“
    Ich wusste, wie verletzend ich war, aber ich hatte Galle im Mund und im Herzen keinerlei Mitgefühl mehr. Ich griff zum Schlüsselbund, den ich immer noch am Gürtel trug, und warf ihn vor Danilos Füße. Vetar erschrak und wollte losstürmen, doch Danilo hielt ihn mit eiserner Hand fest.
    „Gehst du ins Dorf?“, fragte er. „Wo willst du unterkommen? Etwa bei der alten Hexe?“
    „Das geht dich nichts mehr an!“ An jedem anderen Tag hätte ich Angst vor dem zornigen Glanz in Danilos Augen bekommen, aber heute hatte ich nichts mehr zu verlieren. „Was willst du tun, Vuković? Mich vom Pferd zerren und einsperren, so wie Jovan es mit Saniye gemacht hat?“
    Danilos Stimme klang überraschend ruhig, als er mir antwortete: „Ich habe nicht vor, dich zurückzuhalten, Jasna. Aber sosehr du mich auch hasst oder uns alle verachtest, sei dir über eines im Klaren: Wenn du irgendjemandem etwas von Vampir sagst, dann wirst du das Gut brennen sehen. Wir werden eingesperrt im Turm sitzen und auf unser qualvolles Ende warten.“ Er holte tief Luft und ließ den Zaum meines Pferdes los. „Und ich kann dir nicht versprechen, dass sie Anica verschonen werden.“
    Ich schluckte. Danilo, das erkannte ich an jenem Morgen, war alles andere als feige. Mich gehen zu lassen, war todesmutig, denn das Leben seiner Hausgemeinschaft lag tatsächlich in meiner Hand. Ich hatte immer geglaubt, dass Macht nach Triumph und Sieg schmeckt, aber nun erfuhr ich, dass sie bitter und schal war.

Die Tochter des Padischah
     

    D
er Himmel war von einem gleißenden Grau, und obwohl es erst Anfang Oktober war, roch die Luft bereits nach Schnee. Frost versilberte das Gras und verlieh dem Galgenbaum das Aussehen eines Gespenstes mit weißen Armen. Immer noch war ich völlig durcheinander. Ich ritt, ohne recht zu wissen, wo ich bleiben und was ich nun anfangen sollte. Und so stürmte ich zu dem Ort, der mir schon mehrfach Zuflucht gegeben hatte: in die Sicherheit von Brankas Kate, wo ich hoffte, mich wenigstens für eine kurze Rast verkriechen zu können.
    Schon von Weitem sah ich, dass das Dorf sich verändert hatte: Pechkreuze prangten an allen

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