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Totenbraut (German Edition)

Totenbraut (German Edition)

Titel: Totenbraut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Fiebernacht aus dem Dorf kam. „Aber es sind keine weiteren Leute gestorben. Und auch die Schafe sind nicht mehr angefallen worden. Vielleicht sind wir den Wolf und seinen Herrn ja los?“
    Ich hoffte es, aber glauben konnte ich es nicht. Wie so oft wanderten meine Gedanken zu meiner Hausgemeinschaft und ich fragte mich, wie es ihnen wohl ging.
    „Woran denkst du gerade?“, fragte mich Dušan prompt. „Du siehst so besorgt aus. Fürchtest du dich immer noch?“
    Ich senkte hastig den Blick und schüttelte den Kopf. Wie gerne hätte ich mir alles von der Seele geredet, aber es war, als würde mir Bela in solchen Momenten immer noch den Mund zuhalten. Wahrscheinlich, so dachte ich, ist es das, was mir Dušan so fremd erscheinen lässt: das Geheimnis, das ich auch vor ihm hüten muss.
    Manchmal, wenn ich die Augen schloss und versuchte, mich nicht nur von Vampirs Fratze abschrecken zu lassen, sondern dem anderen – menschlichen – Teil in ihm nachzuspüren, gelang es mir sogar für einige Sekunden, ihn als Jovans Sohn und Danilos Bruder zu erkennen. Und genau das war er wahrscheinlich für Nema: ein junger Mann, der kaum siebzehn Jahre alt sein mochte. Je länger ich den Türmen fernblieb, desto besser verstand ich all das, was ich an Danilo und Nema während meiner gesamten Zeit dort nie bemerkt hatte: ihren bedingungslosen Zusammenhalt und die Stärke, ein solches Schicksal zu tragen.
     

     
    Eines Abends saßen Dušan und ich lange vor dem Feuer. Schon vor einer ganzen Weile hatten wir aufgehört zu reden. Nun wäre es an mir gewesen, aufzustehen und mich schlafen zu legen, doch ich blieb sitzen und starrte in die verlöschende Glut, über der ein staubiger Schleier von Asche lag. Es war eine seltsame Stimmung in der Kate, als müsste etwas ausgesprochen werden und keiner von uns wollte damit beginnen. Als die Stille zu lange dauerte, räusperte ich mich und sagte: „Erzähl mir eine Geschichte.“
    „Noch eine?“, murmelte er. Wie so oft in den vergangenen Tagen hatte ich den Eindruck, dass Dušan niedergeschlagen war. So als würde auch er etwas vor mir verbergen, was schwer auf seiner Seele lastete.
    „Vielleicht eine aus dem Türkenland?“, fragte ich leise. Dušan seufzte und griff zu dem Eschenzweig, mit dem er die Glut schürte, bis sie wieder Leben bekam.
    „Na gut! Aber weißt du was? Heute gebe ich dir ein Rätsel auf. Allerdings keines aus dem Türkenland, sondern aus Persien. Ein Händler aus Osijek hat es mir erzählt. Willst du es hören?“
    Ich konnte nur stumm nicken, so sehr nahm mich Dušans Anblick gefangen. Im Schein der Glut bekam sein Haar einen rötlichen Glanz und seine Züge erschienen sanfter als sonst.
    „Also gut“, sagte er und lächelte. „Nun, es war einmal ein Padischah – ein Großherr also, ein Fürst! Der hatte eine schöne Tochter.“ Mit einem verschmitzten Seitenblick auf mich fügte er hinzu: „Sie war kein zartes Mädchen, nein, sondern eines mit wilden Locken und Augen mit dem Glanz von dunklen Kastanien. Und ihr Lachen war ungestüm und öffnete jedem, der sie sah, sofort das Herz.“
    Ich senkte den Kopf und verbarg mein Lächeln hinter einem Vorhang aus Haar.
    „In diese schöne Fürstentochter verliebten sich drei Brüder. Aber ohne kostbare Geschenke, das wussten sie, brauchten sie gar nicht erst an die Tür des Padischahs zu klopfen. Also zogen sie in eine ferne Stadt und verdienten dort ein Jahr lang mit harter Arbeit viel Geld. Der erste Bruder verdiente hundert Dinar. Damit ging er auf den Markt und suchte ein Geschenk. Ein Händler bot ihm einen Spiegel an. ‚Dieser Spiegel zeigt dir jeden Menschen an jedem Ort der Welt!‘, sagte er. ‚Er kostet nur hundert Dinar.‘ Der Älteste zögerte nicht und kaufte den Spiegel. Der mittlere Sohn hatte ebenfalls hundert Dinar verdient. Ihm bot ein Händler einen Teppich an: ‚Dieser Teppich kann fliegen. Wohin du auch willst, er bringt dich hin!‘ Der mittlere Bruder ging auf das Angebot ein und gab dem Mann sein ganzes Geld. Der Jüngste hatte auch hundert Dinar in seiner Tasche. ‚Kauf diese schöne Zitrone!‘, rief ihm ein Händler zu. ‚Nur hundert kostet sie!‘ Der Jüngling empörte sich über den hohen Preis, doch der Händler zwinkerte ihm zu und sagte: ‚Aber das ist eine besondere Zitrone. Schneide sie auf und halte sie einem Toten, der noch warm ist, unter die Nase. Sobald er sie riecht, wird er wieder lebendig!‘ Also nahm der Jüngste die Zitrone. Schließlich fanden sich die Brüder

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