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Totenbuch

Totenbuch

Titel: Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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seiner tänzerischen Eleganz, die so
gar nicht zu seinem Beruf passen will.
    »Wie fühlst du dich jetzt, verglichen mit damals,
ganz am Anfang?«, fragt sie.
    »Anders.«
    »>Anders< klingt nicht sehr vielversprechend.«
    »Anders, weil wir so viele Jahre lang eine Menge
miteinander durchgemacht haben. Inzwischen kann ich mich kaum noch daran
erinnern, wie es ohne dich gewesen ist. Ich habe fast vergessen, dass ich vor
dir schon einmal verheiratet war. Dass ich ein anderer Mensch war, ein
FBI-Agent, der sich an die Spielregeln gehalten hat und keine Leidenschaft
kannte. Der kein Privatleben hatte, bis zu diesem Moment, als ich in deinen
Konferenzsaal spaziert bin. Ich, der große und wichtige Profiler, der
hinzugezogen worden war, weil unsere kleine Stadt von einem Serienmörder
heimgesucht wurde. Und da warst du, in deinem weißen Laborkittel, hast einen
riesigen Aktenstapel weggelegt und mir die Hand geschüttelt. Ich hielt dich für
die bemerkenswerteste Frau, der ich je begegnet war, und konnte den Blick nicht
mehr von dir abwenden. Und das kann ich bis heute nicht.«
    »Anders«, wiederholt sie, um ihn zum ursprünglichen
Thema zurückzubringen.
    »Die Beziehung zwischen zwei Menschen verändert sich
mit jedem Tag.«
    »Das ist auch gut so - solange beide das Gleiche
empfinden.“
    »Tust du das?«, fragt er. »Empfindest du noch so?
Denn wenn ...“
    »Wenn was?«
    »Würdest du den nächsten Schritt wagen? Für immer?«
Er steht auf, kramt in seiner Sakkotasche und kehrt zum Sofa zurück.
    »Für immer, auch in schlechten Zeiten«, sagt sie,
abgelenkt von dem Gegenstand in seiner Hand.
    »Das war kein Scherz. Ich meine es ernst.«
    »Damit du mich nicht an einen albernen Casanova
verlierst?« Sie zieht ihn an sich, umarmt ihn fest und fährt ihm mit den Fingern
durchs Haar.
    »Vielleicht«, antwortet er. »Bitte nimm das.«
    Als er die Hand öffnet, liegt ein zusammengefaltetes
Stück Papier darin.
    »Wie Zettelweitergeben in der Schule«, sagt sie und
wagt kaum, das Papier auseinanderzufalten. »Los, sei kein Feigling.«
    Sie entfaltet das Papier und findet darin einen
Ring. Er ist antik, aus Platin und mit Diamanten besetzt. Auf dem Zettel steht: Willst Du?
    »Von meiner Urgroßmutter«, erklärt er, als er ihr
den Ring an den Finger steckt. Sie küssen sich.
    »Wenn du es nur aus Eifersucht tust, ist das ein
scheußlicher Grund«, protestiert sie.
    »Ich hatte ihn rein zufällig bei mir, nachdem er
etwa fünfzig Jahre lang im Safe gelegen hat. Es ist mir wirklich ernst«,
beteuert er. »Bitte sag ja.«
    »Und wie sollen wir den Alltag hinkriegen?
Schließlich bist du es ja, den es stört, dass wir nicht zusammenleben.«
    »Verdammt, kannst du nicht einmal unvernünftig
sein?«
    »Der Ring ist sehr schön.« Sie bewundert das
Schmuckstück. »Ich hoffe, dass du es wirklich ernst meinst. Du kriegst ihn
nämlich nicht zurück.«
     
    3
     
    Neun Tage später. Draußen auf dem Meer klagt eine
Schiffssirene.
    Kirchtürme ragen in den bedeckten Himmel über
Charleston, und eine einsame Glocke beginnt zu läuten. Kurz darauf stimmen
andere ein, um in der ihnen eigenen Geheimsprache eine Botschaft zu verkünden,
die auf der ganzen Welt gleich klingt. Die Glocken kündigen das Morgengrauen
an, und Scarpetta macht sich in ihren »Gemächern« zu schaffen, wie sie ihre
Wohnung im ersten Stock des Kutschhauses aus dem frühen neunzehnten Jahrhundert
scherzhaft nennt. Verglichen mit den recht ansehnlichen Häusern, in denen sie
in der Vergangenheit gewohnt hat, ist es ein ziemlicher Abstieg.
    Obwohl sie die Wand zwischen Schlafzimmer und
Arbeitszimmer herausgenommen hat, kann sie sich kaum bewegen, ohne gegen die
antike Kommode, die Bücherregale oder den langen, mit einem schwarzen Tuch
bedeckten Tisch zu stoßen, auf dem ein Mikroskop, Objektträger,
Latexhandschuhe, Staubmasken, Kamerateile und verschiedene andere merkwürdige,
zur Untersuchung von Tatortspuren notwendige Gegenstände liegen. Im Zimmer gibt
es keinen Wandschrank, sodass sie sich mit Kleiderschränken aus Zedernholz
behelfen muss. Einem entnimmt Scarpetta ein anthrazitfarbenes Kostüm, eine
grau-weiß gestreifte Seidenbluse und flache schwarze Pumps.
    So ausstaffiert für einen Tag, der anstrengend zu
werden verspricht, setzt sie sich an den Schreibtisch, blickt hinaus in den
Garten und sieht zu, wie sich die Farben der Landschaft im Morgenlicht
verändern. Dann ruft sie ihre E-Mails ab, um festzustellen, ob ihr Chefermittler
Pete Marino etwas

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