Totenfeuer
auf ihre Schreibtischunterlage eine Notiz: Finanzen Anna? , und ärgert sich über Fernando. Wo ist der eigentlich, der könnte ihr ruhig mal helfen, sich durch diesen Aktenberg zu fressen.
Frau Cebulla ruft an und meldet, dass sie Heiner Felks Notar am Apparat hat.
»Dr. Hübner hier, wie kann ich Ihnen helfen?«
Nachdem Jule ihm den Sachverhalt erklärt hat, gibt der Jurist bereitwillig Auskunft: »Es ging nicht um Heiner Felks Testament, sondern um einen Grundstücksverkauf. Beim Ausbau der Bundesstraße 217 mussten laut Gesetz unterhalb des Süllbergs Ausgleichsflächen geschaffen werden. Was im Klartext heißt, dort mussten landwirtschaftliche Nutzflächen abgegeben werden, um darauf Bäume und Gehölze anzupflanzen, als Rückzugsgebiet für das Wild. Den betroffenen Bauern, denen diese Flächen gehörten, wurde entweder eine Entschädigung bezahlt, oder sie erhielten dafür andere Felder. Die Felks besaßen aufgrund einer solchen Aktion zwei Felder in der Gemarkung Springe, was nicht unbedingt praktisch ist für die Bewirtschaftung. Deshalb haben Felks die Felder an den dort ansässigen Bauern verpachtet. Dieser Herr wollte sie schon immer gerne kaufen, aber mein Mandant vertrat lange Zeit den Standpunkt, dass man Land nicht verkauft. Offensichtlich hatte er es sich nun anders überlegt, denn er bat mich, bei dem Bauern vorzufühlen, ob noch Interesse bestünde. Er wollte sich diesen Freitag mit dem Mann bei mir in der Kanzlei treffen.«
»Um welchen Betrag ging es dabei?«
»Er bewegte sich in einer Größenordnung von ungefähr 80 000 Euro, die Felder sind mittlerweile Bauerwartungsland.«
»Wissen Sie, ob Ernst Felk und dessen Frau von diesem Vorhaben wussten?«
»Ich denke nicht«, antwortet der Notar. »Herr Felk senior bat mich nämlich ausdrücklich um Diskretion.«
»Wie heißt der Interessent?«, will Jule wissen.
Der Notar zögert kurz, dann nennt er Jule den Namen: »Friedrich Ottendorf. Wohnt in Völksen bei Springe. Er ist ja nicht mein Mandant, deswegen kann ich es Ihnen sagen«, fügt er hinzu.
Jule bedankt sich, legt auf und kaut nachdenklich auf einem Bleistift herum. Wofür hat Heiner Felk dieses Geld gebraucht? Für Anna? Oder war sein Sohn Roland mit seiner Naturheilpraxis in finanzielle Schwierigkeiten geraten? Wusste Anna Felk von diesem Verkauf? Und was vor allen Dingen interessant wäre: Hatte Martha Felk Wind von der Sache bekommen? Jules Handy klingelt. Leonard!, schießt es Jule durch den Kopf. Er entschuldigt sich, er kommt zurück, es tut ihm alles leid … Reiß dich zusammen, Jule! Das Display zeigt eine unbekannte Nummer.
»Hier spricht Kerstin Sommer vom Tierheim Barsinghausen. Sie haben auf unseren Anrufbeantworter gesprochen, ich glaube, wir haben den Hund hier, den Sie meinen.«
»Oda, kann ich dich einen Moment sprechen?«
»Ich muss zwar gleich los, aber klar, setz dich, Fernando.«
»Nicht nötig«, winkt dieser ab, aber er schließt die Tür von Odas Büro. »Ich wollte dir nur sagen, dass du dir wegen Jo keine Sorgen mehr zu machen brauchst. Der wird deiner Tochter garantiert kein Koks mehr andrehen.«
Odas blaue Saphiraugen mustern Fernando halb erfreut, halb misstrauisch. »Was macht dich so sicher?«
»Ich hatte gestern eine Unterredung unter Männern mit ihm.« Fernando boxt bei diesen Worten mit seiner rechten Faust in die linke Handfläche und grinst.
Oda atmet tief durch, ihre Hände streichen über ihr Haar, als wolle sie prüfen, ob ihr straffer blonder Knoten noch richtig sitzt, dann sagt sie: »Fernando, du weißt doch, dass ich es verabscheue, wenn du dich aufführst wie Chuck Norris.«
»Ja, schon, aber …«
»Danke, Fernando. Hoffentlich hat’s gesessen!«
»Keine Ursache«, meint dieser und erfreut sich an Odas schelmischem Lächeln. Er ist schon fast aus der Tür, als er feststellt: »Sag mal, du rauchst ja gar nicht.«
»Ich hab aufgehört.«
»Nein!«
»Ja.«
»Du? Wie das denn?«
Dieser verfluchte Chinese hat mir die Freude an meinen geliebten Rillos verdorben, grollt Oda im Stillen und sagt: »Alles eine Frage des Willens. Schließlich kann ich meiner Tochter keine Vorträge über Drogenmissbrauch halten und derweil rauchen wie ein Schlot.«
»Ich gebe dir zwei Wochen, höchstens drei.«
Hoffentlich hast du recht, denkt Oda und sagt: »Wenn du bei Frau Cebulla vorbeikommst, dann bring mir doch bitte Kaffee mit. Irgendein Ersatzgift brauche ich ja schließlich.«
»Schön, dass Sie mich auch einmal besuchen«, begrüßt
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