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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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Friend‹«, sagte Susan Ward. Ihr Haar war ein nasser Helm auf ihrem Kopf. Sie hatte eine Kapuze an ihrer Jacke, aber die war zurückgeschlagen, entweder aus Vergesslichkeit oder weil es ihr egal war. Er spürte beinahe, wie sie fröstelte.
    Er kannte das Zitat.
    Der Platz war auf einen Kopfsteinpflasterweg hin ausgerichtet, der entlang einer schrägen Steinmauer verlief. Aus der Mauer wuchsen eine Reihe sorgfältig arrangierter Steine in der Art eines japanischen Steingartens. In jeden von ihnen war ein Haiku eingemeißelt, es war wie eine Ansammlung von Grabsteinen. Ein Kirschgarten, jetzt schwarz wie ein Albtraum, erstreckte sich entlang des Wegs.
    Die Frauen gingen, und er folgte. Er blieb knapp zwei Meter zurück, schlich entlang des Grases am Rand des Wegs, das Geräusch seiner Schritte verlor sich im Prasseln des Regens.
    Er wurde zu ihnen gezogen.
    »Suchen Sie den Boden ab«, sagte die Polizistin. »In einem Gittermuster, so.« Er beobachtete, wie sie es demonstrierte, wie sie den Lichtkegel ihrer Lampe auf dem Weg auf und ab und dann quer bewegte, und dann über den Steinrand links und das Gras rechts. Keine der Frauen sah ihn. Am Wasser ging es laut zu, und er bewegte sich langsam. Er war an die Dunkelheit gewöhnt. Außerdem waren sie auf den Boden konzentriert, und die Nacht ringsum war voller Schatten.
    »Ich fange dort drüben an«, erklärte die Polizistin. »Wir treffen uns in der Mitte.«
    Er konnte sein Glück nicht fassen, als die Polizistin in die Dunkelheit davontrabte und ihn mit Susan allein ließ.
    Das Trillern in seiner Brust setzte ein.
    »Dann ist dieser Obdachlose inzwischen wohl längst über alle Berge«, sagte Susan.
    Die Polizistin war nicht mehr da. Alles, was man von ihr sah, war ein auf und ab tanzender Taschenlampenstrahl.
    Er schlich sich dicht an Susan heran und setzte seine Füße mit äußerster Vorsicht im Gras auf. Sein Blut pulsierte im Rhythmus des Flusses.
    »Ich habe ihn mit Handschellen an die Bank gefesselt«, sagte die Polizistin vom anderen Ende des Platzes.
    »Sollen wir ihn holen gehen?«, fragte Susan.
    »Lassen wir ihn ruhig nass werden«, antwortete die Polizistin.
    Er war jetzt nur noch zwei Schritte hinter der Reporterin – sie bewegten sich absolut synchron. Susan leuchtete den Boden vor ihr in einem Gittermuster aus. Jedes Suchquadrat nahm eine Ewigkeit in Anspruch, und er genoss ihre heimliche Nähe.
    Er hätte sie töten können. Im Handumdrehen. Er wäre nicht einmal ins Schwitzen geraten dabei.
    »Der Platz wurde 1990 der Erinnerung an die Menschen gewidmet, die man während des Zweiten Weltkriegs in Internierungslager gesteckt hat«, sagte sie. Sie wirkte jetzt nervös und versuchte, sich durch Geplapper zu beruhigen. Er hätte gern geglaubt, dass sie seine Anwesenheit spürte, dass jener animalische Instinkt einsetzte, die instinktive Angst der Beute. »Es gab vor dem Krieg eine blühende japanische Gemeinde in Portland«, fuhr sie fort. »Aber dann schickte man ihre Angehörigen in Lager, und die meisten von ihnen verloren alles. Ihre Geschäfte wurden dichtgemacht. Als sie wieder herauskamen, gab es nicht mehr viele Gründe, länger hierzubleiben.«
    Die Polizistin antwortete nicht.
    »Wussten Sie, dass es Schwarzen nach der ursprünglichen Verfassung Oregons verboten war, einen Fuß in den Bundesstaat zu setzen?«, fragte Susan. Sie drehte den Kopf, ein neues Suchquadrat. »Kein Wunder, dass die Leute die Vanport-Flut für eine Art Verschwörung hielten.«
    Er erstarrte bei dem Wort.
    Vanport.
    Susan blieb stehen und hob den Kopf. Er konnte sehen, wie ihr Atem schneller ging.
    »Suchen Sie weiter, Susan«, sagte die Polizistin aus der Dunkelheit.
    »Mach ich doch«, sagte Susan und stöhnte. »Wonach suchen wir eigentlich genau.«
    »Nach einem Hinweis«, sagte die Polizistin. »Anzeichen für einen Kampf. Solche Dinge.«
    Vanport.
    Ihre Lederhandtasche war offen, und sie trug sie über die Schulter, sodass sie auf ihrer Hüfte ruhte.
    Er schob die Hand über den Rand der Tasche und ließ den Gegenstand hineinfallen.
    Dann machte er einen Schritt zurück und noch einen.

11
    Susan hielt an dem Stein inne. Er war etwa einen Meter zwanzig hoch, rau und flach, fleckig von Mineralien.
    Sie richtete das Penlight, das ihr Claire gegeben hatte, auf die letzten beiden Zeilen des Gedichts, das in seine Oberfläche gemeißelt war.
    Warum klagen, wenn es regnet?
So ist die Freiheit eben.
    Sie ließ den Lichtstrahl an dem Stein abwärts wandern und dann über

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