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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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wusste, wo sie waren, damit er zu ihnen kam.
    Plötzlich ruhig, weil sie eine Aufgabe hatte, band Susan Archies Jacke um ihre Taille, machte die Taschenlampe an und legte sich flach auf die nasse Brücke, damit sie so nahe wie möglich an Carter herankam. Dann hakte sie die Füße in das Sperrgitter, streckte die Lampe über das Ende des Gehwegs hinaus und richtete sie nach Süden. Sie schaltete sie an und aus, in der Hoffnung, Archie auf sich aufmerksam zu machen. Anders als die meisten Brücken Portlands wurde die Steel Bridge nicht von Lichtern geschmückt. Sie war ein altes Mädchen, funktional, praktisch. Nur Straßenlampen an der Fahrbahn des Oberdecks und ein paar Laternen auf der ganzen Strecke der unteren Etage.
    Schau zu mir, sagte sie im Geist zu Archie. Schau zu mir.
    Sie spürte das Gewicht von Archies Waffe in der Jacke wie eine Faust. Der nasse Beton und das Metall waren kalt, aber Susan drückte ihre Wange hinein in dem Versuch, die Lampe noch tiefer zu bekommen. Sie fühlte Tränen auf ihren Wangen brennen oder Regen oder beides.
    »Er kommt hier entlang«, hörte sie jemanden über ihr sagen.
    »Lasst mich hinunter«, sagte Carter.
    Susan hörte, wie sie sich unmittelbar hinter ihr abmühten, ihn an den Beinen festzuhalten, hörte ihr Ächzen, als sie ihn von der Brücke baumeln ließen. Sie konnte den Kopf nicht drehen, konnte nicht sehen, ob Carter tief genug war, um Archie und das Kind überhaupt zu erreichen. Sie konzentrierte sich stattdessen auf ihre Taschenlampe. An, aus, an, aus. Sie hatte eine Aufgabe. Sie würde alles richtig machen. Sie würde diese Sache nicht verpfuschen.
    Die Scheinwerferkegel waren jetzt fast genau unter ihr, und sie konnte Archies nassen Hinterkopf sehen.
    Carter fing an zu brüllen: »Hierher, hierher. Ich kriege Sie. Hier herüber.«
    Es ging schnell. Carter machte einen Ruck. Er ruckte so heftig, dass Susan den Gehweg unter ihrer Brust vibrieren spürte. Die anderen Soldaten mühten sich ab, ihn festzuhalten, und dann waren alle da, zogen, riefen, ächzten. Susan ließ die Lampe in den Fluss fallen, packte irgendwen und zog mit aller Kraft.
    Sie holten Carter herauf – und mit ihm Archie und das Kind. Ein Junge. Ein kleiner Junge. Carter kauerte auf der Brücke, seine Schultern bebten. Archie war neben ihm, durchnässt und sichtbar zitternd. Der Junge, der etwa acht Jahre alt zu sein schien, war nahezu blau angelaufen. Er zitterte nicht. Susan wusste, das war ein schlechtes Zeichen.
    Die Soldaten mussten ihn aus Archies Armen stemmen.
    Zwei der Soldaten fingen an, die nasse Kleidung des Jungen von seinem Körper zu schälen, ein Sweatshirt mit Kapuze, ein langärmliges Hemd, Jeans. Er machte kraftlos mit, die Augen offen, aber ohne Reaktion. Nachdem sie seine nassen Sachen beiseitegeworfen hatten, wickelten sie ihn in ihre eigenen Jacken. Susan kroch auf den Knien zu Archie. Der Captain war neben ihm und mühte sich ab, einen triefnassen Wollpullover über Archies Kopf zu ziehen. Archie versuchte mitzuhelfen, aber seine Finger fummelten nur nutzlos herum. Susan half, den Pullover auszuziehen.
    »Sie haben es geschafft«, sagte sie. »Sie haben ihn gerettet.«
    Sie konnte jetzt Sirenen hören, Rufe. Sie hatte es bisher nicht bemerkt, aber die Menschenmenge war ihnen auf die Brücke gefolgt. Die Leute machten jetzt eine Gasse frei für die Sanitäter, die mit ihren Rolltragen angelaufen kamen. Claire war bei ihnen, sie führte sie an und zeigte ihnen, wohin sie mussten. Irgendwie hatte sie das Sicherheitstor aufbekommen.
    Archie zitterte immer noch heftig. Susan und der Captain knöpften sein Hemd auf und streiften es ihm vom Leib. Archie verschränkte die Arme vor der Brust. Er verbirgt reflexartig seine Narben, dachte Susan, obwohl es ohnehin zu dunkel war, als dass jemand sie sehen könnte. Der Captain zog seine eigene Jacke aus und legte sie um Archies Schultern.
    Susan konnte Archies Zähne klappern hören. Sie band seine durchnässte Jacke von ihrer Taille und legte sie über die Jacke des Captains.
    »Hey«, sagte er. »Sie haben sie nicht verloren.«
    Die Sanitäter waren bei ihnen. Schwarze Regenhosen. Rote Jacken. Schirmmützen. Sie waren zu viert, und sie bewegten sich flink und ruhig.
    Claire übernahm es, ihre Fragen zu beantworten. Was ist passiert? Wie lange waren sie im Wasser? Susan war froh, dass sie mit ihr sprachen. Sie hätte wahrscheinlich nichts herausgebracht, ohne zu weinen.
    Ein Sanitäter nahm Archie die Jacken ab und hüllte ihn in eine

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