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Totenfluss: Thriller (German Edition)

Totenfluss: Thriller (German Edition)

Titel: Totenfluss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chelsea Cain
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oder in eine Stadt mit mehr Medienunternehmen ziehen müssen.
    Es gab eine zweite Möglichkeit.
    Sie konnte die Exklusiv-Story benutzen, um wieder beim Herald unterzukommen. Ian würde sie wieder nehmen müssen, sie konnte ihn etwas unterschreiben lassen. Alles konnte wieder so werden, wie es war.
    »Kann ich eine rauchen und fünf Minuten darüber nachdenken?«, sagte sie.
    »Sicher.«
    Susan stand auf. Sie sah Archie an. Er wartete.
    »Geben Sie mir die Sache, weil Sie befürchten, ich wäre fast ermordet worden, und wollen mich deshalb in Ihrer Nähe und im Auge behalten?«
    Er hielt Daumen und Zeigefinger ein, zwei Zentimeter auseinander. »Ein bisschen«, sagte er.

29
    Susan stand im Schutz eines Vordachs mit hochgezogenen Schultern neben einer Mülltonne vor dem Gebäude der Task Force und zündete sich eine Zigarette an. Der Regen war gnadenlos. Der Mittagshimmel hing tief und dunkel. Sie hörte die Gullys ringsum rauschen, eine unablässige Wasserflut auf Beton. Die Ampeln der nahen Kreuzung schaukelten rot blinkend im sanften Wind hin und her.
    Die Zigarette schmeckte wirklich gut.
    Sie machte sich nicht die Mühe, Ians Nachricht anzuhören. Sie hörte kaum je ihren Anrufbeantworter ab – falls man ihr etwas Wichtiges mitzuteilen hatte, gab es schließlich SMS. Wahrscheinlich musste sie irgendwelche Papiere ausfüllen oder ein Ausstellungsgespräch mit ihm führen oder etwas in der Art.
    »Number of the Beast« ertönte schon wieder.
    Er war wie Herpes.
    Sie ließ Iron Maiden eine Zeile singen, bevor sie sich meldete.
    »Was ist?«, fragte sie mit ausdrucksloser Stimme. Sie würde ihn sich abstrampeln lassen. Falls sie mit ihrer Story zurück zum Herald ging, würde sie einen besseren Schreibtischsessel bekommen, vielleicht sogar einen Blick auf den Fluss.
    »Es tut mir leid«, sagte Ian.
    Sie wäre kaum überraschter gewesen, wenn er gesagt hätte: Außerirdische sind gelandet und wollen dir ein Interview geben. Vielleicht hatte er sich verwählt.
    »Hier ist Susan«, sagte sie.
    »Ich weiß«, antwortete er. »Ich rufe an, um mich zu entschuldigen.«
    »Wie bitte?«
    »Ich habe mich danebenbenommen. Du kannst deinen Job wiederhaben.«
    Susan ließ es wirken. Sie zog an ihrer Zigarette. Sah sie prüfend an. Schnippte Asche in den Aschenbecher. Hier lief irgendeine faule Nummer. Sie trieb Ian seit fast einem Jahr zum Wahnsinn. Sie kam immer zu spät zu Besprechungen, war kaum je in der Redaktion anzutreffen, versuchte, alles aufs Spesenkonto zu setzen, bestand auf ihren eigenen Ideen für Artikel und hatte zweimal den Süßigkeitenautomaten im dritten Stock kaputt gemacht, weil sie M&Ms durch die Klappe herausfischen wollte. Aber sie hatte es immer geschafft, unglaubliche Geschichten abzuliefern, bei denen sie mitten im Geschehen gewesen war, deshalb hatte sie ihren Job trotz seiner gelegentlichen Drohungen für sicher gehalten. Außerdem war da der Umstand, dass sie mit ihm geschlafen hatte, und er wusste, wenn sie es jemals erzählte – was sie niemals tun würde –, wäre er ruiniert. Es war während ihrer Phase gewesen, in der sie auf ältere Männer mit Autorität stand. Wenn sie jetzt daran dachte, lief es ihr kalt über den Rücken.
    »Hast du mich verstanden?«, sagte Ian. »Ich biete dir deinen Job wieder an.«
    »Warum?«, fragte Susan.
    »Wir brauchen dich«, antwortete Ian.
    »Nein, ihr braucht mich nicht.« Susan zog erneut an ihrer Zigarette. »Ich meine, ihr braucht mich schon. Aber ihr wisst es nicht.«
    »Sei jetzt nicht schwierig«, sagte Ian, und in seiner Stimme lag wieder ein Hauch der alten Gereiztheit. »Glaubst du, du findest irgendwo anders einen Job?« Er hielt inne. »Tut mir leid. Tut mir wirklich leid. Ich sitze hier in der Klemme. Komm einfach zurück. Du wirst es nicht bereuen.«
    »Okay«, sagte Susan.
    »Okay? Wirklich. Du nimmst die Stelle wieder?«
    »Sicher«, sagte Susan. »Klar doch.«
    »Großartig«, sagte Ian, und er klang erleichtert. »Danke, meine Süße.«
    »Ach, Ian?«
    »Ja?«
    Susan lächelte und dehnte den Augenblick so lange wie möglich, indem sie die Zigarette an der Ziegelwand ausdrückte. Unter keinen Umständen würde sie ihm diese Geschichte schenken. Sie arbeitete nicht für den Herald . Sie war Freiberuflerin. »Ich kündige«, sagte sie. Sie wartete noch auf das Atemstocken am anderen Ende, ehe sie auflegte und die Kippe in den Mülleimer warf.
    Sie war noch nicht fertig.
    Sie fischte eine neue Zigarette aus ihrer Handtasche und zündete sie an.

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