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Totenflut

Titel: Totenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bent Ohle
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es Schröder.
    Â»Was tut ihr hier eigentlich?«, schrie er Wegener an.
    Â»Das ist ein Riesenareal, wie sollen wir denn …«
    Â»Doch nicht so! Ihr zerstört alle Beweise! Und das, das ist pietätlos!« Er deutete auf die exhumierte Leiche. Wegener gab dem Polizisten ein Zeichen, den Motor abzustellen.
    Schröder konnte nicht begreifen, was hier geschah. Vor ein paar Minuten hatte er noch zu Hause im Bett gelegen, hatte sich gesorgt, wie sein Vater das Frühstück ohne ihn zubereiten sollte, und jetzt stand er hier auf dieser Lichtung, in einer völlig anderen Welt. Das hier konnte nicht real sein. Bagger hoben Leichen aus der Erde. Spürhunde schlugen ununterbrochen an. Polizisten wendeten sich ab, brachen zusammen, weinten, übergaben sich.
    Â»Sieben Leichen haben wir bis jetzt gefunden. Keiner weiß, wie viele noch da liegen«, sagte Wegener. Schröder hätte gern etwas gefragt, hätte gern etwas erwidert, doch er konnte jetzt einfach nicht sprechen. Fassungslos blickte er auf diesen Rummelplatz des Schreckens, während Wegener sich abwandte, eine Hand auf seine Schulter legte und ihm einen Satz ins Ohr sagte. Dieser Satz, der nicht nur ein Zugeständnis war, sondern auch eine Entschuldigung.
    Â»Du kriegst deine Soko!«
    Kapitel 12
    Â»Komm, wir gehen«, sagte Schröder zu Mike. Der Junge hatte auf seiner Pritsche gesessen und die Wand angestarrt. Nachdem er aus einem tiefen Schlaf erwacht war und sich hier in der Zelle wiedergefunden hatte, erinnerte er sich nur verschwommen an die Nacht im Verhörraum und dass er am Rande der Erschöpfung eine Tat gestanden hatte, die er nicht begangen hatte.
    Schreiend hatte Mike gegen die Zellentür geschlagen, gerufen, dass er es nicht gewesen war, dass er Annette nicht umgebracht hatte, aber nichts war passiert. Niemand hatte die Tür aufgeschlossen, niemand hatte mit ihm gesprochen, ja, es schien ihn nicht einmal jemand gehört zu haben. Seine Hände schmerzten, sein Kopf auch.
    Schröder in der Tür zu sehen, war gut. Er hätte sich keinen anderen gewünscht, nicht mal seine Eltern, weil er wusste, dass nur Schröder ihm helfen konnte. Er hatte ihm geglaubt und für ihn gekämpft. Und jetzt holte er ihn hier raus. Der Albtraum war vorbei. Was ihn persönlich anbetraf, hatte Mike recht. Er war frei und konnte wieder nach Hause gehen. Doch der wahre Albtraum begann erst jetzt.
    Schröder fuhr Mike nach Hause. Mike war immer noch so erschöpft, dass er kein Wort sprach, auch wenn er sich gern bei dem Kommissar bedankt hätte.
    Â»Du musst das nicht auf sich beruhen lassen.«, sagte Schröder irgendwann. Mike sah ihn verständnislos an.
    Â»Die haben dich zu einer Falschaussage genötigt. Das war ein Geständnis unter Folter. Du solltest mit deinen Eltern einen Anwalt aufsuchen.« Wahrscheinlich würde er das auch tun, doch im Moment fühlte Mike sich einfach nur leer. Er konnte nichts mehr fühlen, auch keine Wut. Aber die würde noch kommen. Bis dahin würde er sich diese eine Frage immer und immer wieder stellen, und er stellte sie jetzt Schröder. Er würde sie ihm ehrlich beantworten.
    Â»Was ist nur mit ihr passiert?«
    Schröder vertrat die Meinung, dass die Angehörigen ein Recht darauf hatten, alle Informationen über die Tatumstände und den Stand der Ermittlungen zu erhalten. Nur in ganz seltenen Fällen hatte er Dinge verheimlicht oder abgemildert. Er wusste, dass Mike früher oder später davon erfahren würde, aber er konnte ihm einfach nicht sagen, was sie heute morgen entdeckt hatten. Nicht jetzt. Schröder zuckte nur mit den Schultern und zwang sich dazu, aufmunternd zu lächeln.
    Schröder hatte darum gebeten, dass er Mike nach Hause bringen durfte, und Wegener war sehr erleichtert darüber gewesen. Er wollte diesem Jungen nie wieder begegnen. Zuerst war Mike seine Rettung gewesen, dachte er. Doch nachdem sich die Fakten so grausam gewandelt hatten, konnte der Junge ihm sogar gefährlich werden. Das erzwungene Geständnis würde zum Politikum werden, das ihn seinen Job kosten konnte. Aber daran wollte und konnte er jetzt nicht denken.
    Im Revier lief eine riesige Maschinerie an. Unter strengen Geheimhaltungsauflagen wurden Experten kontaktiert, um eine Soko für diesen Fall zusammenzustellen. Das Archiv des Reviers wurde kurzerhand zu einer Einsatzzentrale umgebaut. Alles musste unglaublich schnell

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