Totenfrau
Schmarotzer, geldgierig, eine Plage. Gustav Schrettl. Chef einer Detektei, wie er sagt. Er habe im Rahmen seines letzten Auftrags Interessantes beobachtet. Er sitzt neben ihr und sagt, was er weiß, während Nela ihn anspritzt und kichert. Der dicke Mann neben Mama. Ein gieriger, kleiner Wicht, der das große Geld riecht. Sie haben eine schöne Villa, sagt er. Sie haben ein schönes Leben. Sie wollen doch nicht, dass dieses schöne Leben einfach aufhört. Das wollen Sie doch nicht, oder? Erpressung am See. Irgendwie unwirklich. Er hat nur eine Badehose an, niemand würde auf die Idee kommen, dass er dabei ist, alles kaputt zu machen. Dass er Blum droht. Skurril alles. Hätte Blum diese Szene in einem Film gesehen, sie hätte gelacht. Was für ein Unsinn , hätte sie gesagt. Ein Klischee, ein schlechter Witz. Doch Schrettl ist real. Und er geht nicht weg. Er sagt, dass er Bertl Puch gesehen habe, dass der Koch seinen Oberkörper kurz aufgerichtet habe, bevor er starb. Er habe zwar kein Foto davon gemacht, aber er habe es gesehen. Dass er in dem Sarg lag, dass er sich noch bewegt habe, bevor sie zuschlug. Schrettl badet seine Füße im Wasser. Eine halbe Million Euro möchte er von ihr. Er macht sich lustig über Blum, er verhöhnt sie. Sie können ja Ihr schönes Haus verkaufen. Oder Ihren hübschen amerikanischen Leichenwagen. Oder Sie bitten Ihren Freund, den Polizisten, um Hilfe. Der wird Ihre Situation bestimmt verstehen . Schrettl grinst. Selbstgefällig, siegessicher in einer roten Badehose.
Sie schweigt und lässt ihn reden. Irgendwo tief im Inneren wusste sie, dass so etwas passieren würde. Dass der alte Schönborn den Urheber dieser Drecksfotos nicht einfach würde ruhigstellen können. Schrettl will den Hauptgewinn, er passt ins Bild. Böser Detektiv wird Zeuge eines Verbrechens. Anstatt es aufzuklären, lässt er sich für sein Schweigen bezahlen. Stoff für einen Schundroman. Ein Mann, der halbnackt eine halbe Million Euro von ihr verlangt. Ein Mann wie ein Witz. Wenn Sie sich lächerlich machen wollen, gehen Sie zur Polizei , sagt sie. Sie beugt sich zu ihm und schaut ihn an. Ihr Gesicht ganz nah vor seinem. Ihre Stimme klar und deutlich. Und jetzt lassen Sie mich in Ruhe , flüstert sie. Er hat nichts gegen sie in der Hand. Es kann ihr nichts passieren. Gar nichts. Es ist nur ein Blutegel, der sich festgesogen hat. Ein Blutegel, den sie nimmt und zurück ins Wasser wirft.
Blum steht auf, packt ihre Kinder und geht. Sie will nicht länger neben ihm sitzen, seinen Atem riechen, seine Stimme hören. Sie will weg von ihm, am liebsten würde sie seinen Kopf unter Wasser tauchen, ihm seine Beine abschneiden, damit er ihr nicht nachlaufen kann. Dieser gierige, kleine Dreckskerl. Er wird keine Probleme machen, er will nur ein Stück vom Kuchen, ein paar Krümel vom Boden picken. Blum dreht sich um und geht. Sie fährt zurück in die Stadt. Sie wird ihm kein Futter geben. Egal was passieren wird, Schrettl wird keine Rolle spielen.
Sein Wagen unten auf der Straße. Seit zwei Tagen schaut Blum aus dem Fenster, sie steht hinter dem Vorhang und denkt nach. Was passieren wird. Wie sie es machen werden. Wenn sie geht oder fährt, verfolgt er sie, er wird sie weiter belästigen. Schrettl und der Mann in dem Polizeiwagen. Er parkt fünf Autos hinter Schrettl. Seit zwei Tagen sitzt er da und beschützt sie. Massimo hat darauf bestanden. Polizeischutz für Blum. Zwei Männer in Autos. Vor Blums Haus. Zwei Männer, die sie daran hindern, ihn abzuholen. Benjamin Ludwig.
Der Schauspieler. Reza hat ihn gefunden, während Blum am See war. Er hat sie mit einem Nicken empfangen und sie zum Computer geführt. Ein YouTube-Video verriet seinen Namen, ein Ausschnitt aus einer Homestory. Reza hatte sich durch unzählige Videos geklickt, Ausschnitte aus seinen Filmen, Interviews, sein Leben war öffentlich. Das ZDF hat Benjamin Ludwig zu Hause besucht und sich dort umgesehen. Sein Gesicht auf dem Bildschirm. Der Mann, der seine Maske kurz abgenommen hat, das vertraute Gesicht. Und diese Stimme. Jeder kann sehen, wie er in seinem Wohnzimmer sitzt und singt. O sole mio . Er strahlt in die Kamera, seine Frau und die beiden Kinder sitzen neben ihm, sie schauen ihn bewundernd an. Der Seriendarsteller Benjamin Ludwig und seine Familie, Theater für die Fernsehkamera, die Vorstellung einer heilen Welt. Das Kontrastprogramm zu den Aufnahmen im Keller, dasselbe Lied, dieselbe Inbrunst. Ludwig. Seit zwei oder drei Jahren spielt er einen
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