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Totenfrau

Totenfrau

Titel: Totenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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Förster, jeden Donnerstag wandert er durch die Wälder, sein breites Grinsen. Liebe und Schmerz treiben Millionen Zuseher vor die Fernsehgeräte. Ein Quotenstar. Der Jäger. Wie er mit dem Gewehr auf Youn gezielt hat. Wie er seine Frau für das Fernsehen umarmt und küsst. Benjamin Ludwig. In Kürze werden sie ihn abholen, irgendwie werden sie es schaffen.
    Blum in ihrem Haus. Sie schaut nach unten. Sie müssen zu Benjamin Ludwig. Blum sitzt fest. Da ist Schrettl in seinem Wagen. Und da ist diese Zivilstreife. Massimo sperrt sie ein, er will sie beschützen. Der gute Massimo. Auch wenn es nun kühler zwischen ihnen ist, er ist für sie da, er lässt sie rund um die Uhr bewachen. So lange, bis er weiß, was vor sich geht, wird der Polizist vor ihrer Tür auf sie aufpassen. Der Polizist, dem sie Kaffee bringt. Der Polizist, der Schrettl zugleich unwissentlich daran hindert, sie weiter zu belästigen. Stillstand. Zeit zum Überlegen. Seit zwei Tagen verlässt sie das Haus nicht. Blum denkt nach, sie muss einen Weg finden. Blum und Reza. Einen Weg, um das alles zu beenden, gemeinsam. Weil auch Reza es sich nicht nehmen lässt, ihr zu helfen. Seit zwei Tagen planen sie den nächsten Schritt. Sie haben herausgefunden, wo Benjamin Ludwig wohnt, wo diese feudale Villa steht, die man in dem Fernsehbeitrag sieht. Eine Idylle am Hang, Alleinlage, sie haben es sich auf Google Earth angesehen. Und sie haben herausgefunden, dass er nicht dreht im Moment. Dass er zu Hause ist. Urlaub mit der Familie, hieß es. Reza und Blum. Sie haben telefoniert und gelogen, zwei Abende lang haben sie nebeneinander auf der Couch gesessen und gesponnen. Ihren Ausflug nach München bis ins letzte Detail geplant. Was sie mit Schrettl und dem Polizisten machen. Was mit Benjamin Ludwig passieren soll. Abenteuerlich alles, verrückt. Doch Blum will es so. Sie schaut hinunter auf die Straße. Reza steht neben ihr. Lass uns fahren , sagt sie.

43

Vollgas. Bevor Schrettl und der Polizist ihre Motoren starten können, sind sie weg. Die Straße hinunter mit einem Heulen. Blum fährt, Reza umarmt sie, hält sich fest an ihr. Auf keinen Fall, hat er erst gesagt, sich dann aber doch überreden lassen. Blum und Reza auf der Ducati. Aus der Einfahrt und mit Höllentempo vorbei an Schrettl und dem Polizisten. Zu schnell, um gestoppt zu werden. Das Motorrad kommt aus dem Nichts und verschwindet einfach. Wohin sie fahren, bleibt ein Geheimnis. Schrettl flucht wahrscheinlich, der Polizist ruft Massimo an und sagt ihm, dass sie weggefahren ist. Irgendwohin, mit einem Mann auf dem Sozius. Wie sich seine Arme um ihre Hüften schlingen. Rezas Augen weit offen. Sie ziehen vorbei an den Autos, Blum ist übermütig, sie fährt schnell. Sie gibt Gas, sie weiß, wo die Radarkästen stehen, sie weiß, wo sie Acht geben muss. Nur sie und die Autobahn. Und die Hände auf ihrem Bauch. Schnell und warm. Eine Stunde und zehn Minuten lang.
    Innsbruck – München. Keine Kontrollen, niemand hat sie aufgehalten. Sie fahren zum Flughafen und stellen das Motorrad im Parkhaus ab. Es ist zehn Uhr vormittags, sie sind in die S-Bahn gestiegen und in die Stadt gefahren, mit dem Bus nach Bogenhausen. Hier wohnen die Reichen, hier wohnt Benjamin Ludwig. Wenig Gepäck, nur ein Rucksack mit dem Nötigsten, am Abend wollen sie zurück in Innsbruck sein. In zwölf Stunden sollte alles vorbei sein. Alles, was sie sich ausgedacht haben. In der S-Bahn nebeneinander wie zwei Kinder, die zum Spielen fahren. Ein Abenteuer, bei dem Blum nicht mehr alleine ist. Es fühlt sich gut an, richtig, sie nimmt es einfach an, Reza ist ein Geschenk. Ein stiller Mann. Sie kennt ihn seit Jahren. Noch nie war er ihr so nah. Blum weiß, dass er keine Sekunde lang zögern würde, wenn es ernst werden würde. Ludwig wird reden, hat Reza gesagt. Er hat es ihr versprochen, er wird dafür sorgen, dass sie den Rest der Geschichte erfährt. Sie wird herausfinden, wer am Steuer saß. Sie wird alle fünf Männer ausfindig machen. Erst dann ist Ruhe.
    Ohne zu reden, schippern sie durch München wie Touristen. Reza und Blum. Auf dem Weg zu Ludwigs Haus. Auf dem Hang mit Blick auf seinen Garten. Hinter Bäumen versteckt wie Diebe. Stundenlang, weil Ludwig nicht da ist. Niemand ist da. Keine Kinder, keine Frau, nur ein leeres Haus in Bogenhausen. Die Information, die sie von Ludwigs Produktionsfirma bekommen haben, ist falsch. Der ganze Plan geht nicht auf. Zweifel kommen auf, Zeit vergeht, von Stunde zu Stunde wird es schlimmer.

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