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Totenhauch

Totenhauch

Titel: Totenhauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Stevens
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der Leiche. Es war Camille Ashby.
    Das Wirbeln von blauen und roten Polizeisirenen färbte die Dunkelheit, als Devlin mich zu meinem Wagen brachte. Er erklärte mir, er werde dafür sorgen, dass mir jemand nach Hause folgte und dass mein Haus die ganze Nacht beobachtet wurde. Ich dankte ihm, und dann verfielen wir beide in Schweigen und gingen weiter Richtung Straße.
    Wieder einmal sah es so aus, als hätte sich die gesamte Polizei von Charleston auf dem Friedhof von Oak Grove versammelt. Wir begegneten mindestens einem halben Dutzend Beamten, die durch das hohe Unkraut stapften. Als wir auf die Straße traten, fuhr der Dienstwagen des Gerichtsmediziners von Charleston County vor, und Regina Sparks stieg aus. Es war so dunkel, dass sie direkt an uns vorbeiging.
    »Was passiert jetzt?« Es würde wieder eine Suche geben, und das hieß, dass wahrscheinlich weitere Gräber und Gruften entweiht werden mussten. Mir graute bei dem Gedanken an eine Massenschändung, doch Oak Grove war schon längst entweiht worden. Seit Jahren lauerte das Böse auf diesem Friedhof. »Warum werde ich das entsetzliche Gefühl nicht los, dass von diesem Friedhof nichts mehr übrig bleiben wird, wenn das alles vorbei ist?«
    »Wir tun, was wir können, um die Gräber zu schonen«, sagteDevlin. »Aber ich fürchte, dass wir weitere Leichen finden werden.«
    Weitere Leichen. Weitere Epitaphe. Die schrecklichsten Gedanken und Bilder schossen mir durch den Kopf.
    Nachdenklich blickte Devlin auf mich herunter. »Ich denke, Sie sollten morgen nicht wieder hier herauskommen. Fahren Sie nach Hause und ruhen Sie sich ein bisschen aus. Vergessen Sie das Ganze mal für eine Weile.«
    »Es vergessen? Wie soll das gehen? Der Mörder kommuniziert über mich. Was, wenn er ein weiteres Epitaph auf meinem Blog veröffentlicht? Soll ich das dann etwa ignorieren?«
    »Natürlich nicht. Ich will, dass Sie mich anrufen. Aber rufen Sie mich an. Niemanden sonst.«
    Ich fröstelte beim Anblick seiner Augen, die im Mondlicht funkelten. Die Silberkette, die er um den Hals trug, konnte ich nicht sehen, doch ich wusste, dass sie da war, ebenso wie das Medaillon. Das Wappen, das ihn beschützte und das ihn über das Gesetz stellte, zumindest in Charleston.
    »Diese Ermittlungen sind chaotisch«, sagte er. »Eine Menge Politik, eine Menge Schuldzuweisungen. Und durch Camilles Ermordung wird alles nur noch schlimmer. Ihre Familie ist sehr einflussreich. Die werden Antworten verlangen.«
    »Gut. Vielleicht wird diesmal nichts vertuscht.«
    »So einfach ist das nicht. Ich habe Ihnen schon einmal gesagt, dass man sich sogar ganz oben für diesen Fall interessiert. Mit diesen Leuten sollten Sie sich lieber nicht anlegen. Es ist auch besser, wenn die Ihren Namen nicht kennen.«
    »Wer sind denn diese Leute?«
    »Die Strippenzieher. Die Reichen und Mächtigen. Die Leute, die in dieser Stadt alles in der Hand haben.«
    Sind Sie auch einer von denen? , hätte ich am liebsten gefragt.
    Auf einmal wurde mein Mund ganz trocken. »Würden die etwa versuchen, mir irgendetwas in die Schuhe zu schieben?«
    »Das wird nicht passieren.« Er klang absolut sicher. »Trotzdem glaube ich, dass Sie sich eine Weile bedeckt halten sollten. Sie brauchen etwas Abstand zu dem Ganzen.«
    Ich wollte ihn schon fragen, wie ich denn auf Abstand gehen sollte, wenn ich damit rechnen musste, dass an der nächsten Straßenecke die schwarze Limousine auf mich wartete. Aber dann fiel mir plötzlich auf, dass er vielleicht gar nicht mehr über die Mordermittlungen sprach. Vielleicht meinte er, dass ich ein wenig Abstand brauchte   … von ihm.
    »Wenn Sie das wollen.«
    »Es ist nicht so, dass ich Ihnen nicht dankbar bin für Ihre Hilfe.« Er fasste um mich herum, um mir die Wagentür zu öffnen.
    Ihm körperlich so nah zu sein, löste etwas in mir aus. Es schwächte mich nicht, wie es der Fall gewesen war, als er in meinem Haus geschlafen hatte. Es war ein anderes Gefühl. Ein sanfterer Energieaustausch. Ich trat zu ihm hin, bis ich sein Eau de Cologne riechen konnte, und diesen intensiven Duft, den nur er hatte.
    Pheromone hatte Regina Sparks es genannt. Egal, was es war, ich war wie gebannt.
    Dabei kam ich gerade von Camille Ashbys Grab. Was sagte das über mich aus? Über meine Selbstbeherrschung?
    Devlin atmete tief durch. Als er schließlich redete, kam es mir vor, als klänge seine Stimme gepresst, und ich fragte mich, was das über seine Selbstbeherrschung aussagte. »Fahren Sie nach Hause, Amelia.

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