Totenhaut
gerne.«
Die Adresse war eine Straße in Mellor. Fiona kannte die Gegend vom Hörensagen. Viel teurer als die, in der sie gewohnt hatte. Große Häuser zu Spitzenpreisen. Sie fuhr Hazels Computer herunter und ging dann in die Küche.
»Cathy«, sagte sie und hatte vor lauter Nervosität ein flaues Gefühl im Magen. »Könnte ich mir ein bisschen Make-up ausleihen?«
Kurz darauf war sie auf dem M60-Ring unterwegs. Sie bog auf die A626 ab und fuhr bis Marple Bridge, wo sie Richtung Mellor abbog. Eine schmale Straße führte sie zu einem hübschen kleinen Dorf, dessen Hauptstraße mit mehreren Antiquitätenläden aufwartete.
Nun stieg die Straße an, und Fiona entdeckte das Pub namens Royal Oak, vor dem sie parken sollte. Sie schaute zum Haus Nummer einhundertdreiunddreißig auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Es war eine große Doppelhaushälfte mit einer Holztür. Nichts auch nur annähernd Zwielichtiges oder Gefährliches daran. Sie überquerte die Straße, klopfte zweimal und wartete auf den steilen Steinstufen. Die Tür ging auf, und eine Frau ungefähr in ihrem Alter mit einem perfekt geschnittenen braunen Bob stand vor ihr. Sie war kaum geschminkt, und ihre Haut spannte sich straff über ihre Wangenknochen.
Sie sah Fiona aus ein wenig tief liegenden Augen an, dann öffnete sie den Mund. »Fiona?«
Fiona lächelte. Plötzlich war sie sich der dick aufgetragenen Abdeckcreme, mit der sie ihre Verletzung so gut wie möglich kaschiert hatte, sehr deutlich bewusst. »Ja.«
»Kommen Sie rein. Erstes Zimmer rechts.«
Sie ging an der Frau vorbei und spürte ihren taxierenden Blick. In einem hübsch dekorierten Raum, der zur Straße hinaus ging, nahm sie Platz. Er war zwar gemütlich, doch etwas fehlte.
Fiona sah sich um. Keine Familienfotos.
Die Frau setzte sich in einen Ledersessel neben einem Ecktisch, auf dem ein Computer, ein Drucker, Diskettenschachteln und anderes Büromaterial standen. Prüfend blickte sie ihre Besucherin an. »Ich heiße Joanne Perkins. Was ist denn mit Ihrem Gesicht passiert?«
Fiona hob ihre Finger an die Augenbraue. »Ärger mit meinem Ex.«
»Fiona, ich schicke keine Mädchen mit kaputten Gesichtern raus. Die Männer zahlen eine Menge Geld, da erwarteten sie auch eine gewisse Klasse.« Ihr Blick wanderte zu Fionas geborgtem Oberteil und dem zu weiten Rock.
Fiona hüstelte verlegen. »Um ehrlich zu sein, ich habe meinen Mann gerade verlassen. Ich hatte nicht viel Zeit zum Packen. Das sind nicht meine Sachen.«
Das Telefon läutete. Joanne hielt einen Finger in die Höhe, dann hob sie ab. »Cheshire Consorts … Ja, das stimmt … Wo sind Sie denn? Und wen hatten Sie sich vorgestellt? … Victoria? Oh, sie ist entzückend, wirklich entzückend.« Sie drehte sich zum Computer um, klickte ein paar Mal mit der Maus und sah auf dem Bildschirm nach. »Ich glaube, sie ist frei. Wenn ich um Ihre Telefonnummer bitten dürfte, Victoria wird Sie anrufen.« Flink schrieb sie eine Nummer mit. »Und Ihr Name ist? … Okay, Gerald, Sie beide plaudern ein bisschen, und wenn Sie finden, dass Sie zueinanderpassen, rufe ich Sie zurück, um die Buchung zu bestätigen. Ist Ihnen das recht? … Wunderbar. Haben Sie eine Kreditkarte? … Nein, ich brauche Ihre Nummer jetzt noch nicht. Warten Sie auf meinen Rückruf, in Ordnung? Victoria wird sich in Kürze bei Ihnen melden.«
Sie legte auf, sah wieder auf den Bildschirm und wählte eine Nummer. »Victoria? Jo hier. Können Sie eine Buchung für heute Abend zehn Uhr im Radisson Manchester Airport annehmen? … Er klingt ganz gut – Vertreter, nehme ich an … Okay, er heißt Gerald. Hier ist seine Nummer.« Sie las sie vor und legte auf. Jetzt wandte sie sich wieder Fiona zu. »Sie sind also gerade ausgezogen?«
»Ja.« Fiona blinzelte, schockiert über den geschäftsmäßigen Ton, mit dem Jo Sex verkaufte.
»In Ihrem Leben steht momentan alles auf dem Kopf. Sie brauchen Geld.«
»Nein«, protestierte Fiona. »Also, ja. Alles hat sich geändert. Aber –«
»Ich nehme niemanden, der gerade so etwas durchmacht.«
»Ich bin gerade dabei, mein Leben in Ordnung zu bringen.«
»Könnten Sie mal aufstehen.«
Langsam erhob sich Fiona. Ihre Hände flatterten nervös, und sie musste sich dazu zwingen, die Arme nicht zu verschränken. Sie hingen seitlich herab und fühlten sich an, als wären sie fehl am Platz. Sie fixierte einen Punkt hoch über Joannes Kopf.
»Ihnen ist überhaupt nicht wohl bei dem Ganzen, stimmt’s? Irgendwie habe ich den
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