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Totenhaut

Titel: Totenhaut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Simms
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geschlossen und versuchte abzuschätzen, ob mehr Schlaf reichen würde, das Hämmern zu vertreiben. Doch dann fingen andere Teile ihres Bewusstseins zu arbeiten an. Sie hörte das anhaltende Rauschen des Verkehrs. Der Geruch nach altem Schweiß und Alkohol erfüllte die Luft. Ihre Augen waren zwar noch geschlossen, doch sie spürte, dass es nicht mehr dunkel war. Sie versuchte, sich auf den Rücken zu drehen, doch ihre Arme waren blockiert.
    Ihre Augen klappten auf, versuchten, etwas zu fokussieren. Sie konnte nichts sehen. Irgendetwas bedeckte ihr Gesicht, und Panik erfasste sie. Als sie den Kopf nach hinten streckte, rutschte der Stoff von ihrem Gesicht. Ein Nachttisch, die Platte leer bis auf eine Lampe und ein kleines, quadratisches, beinahe entzweigerissenes Stück Folie.
    Sie begann sich zu räkeln und erkannte, dass sich ihre Arme nur in dem Laken verfangen hatten, das auch ihr Gesicht bedeckt hatte. Hinter ihr grunzte jemand im Schlaf. Ihr Blick wanderte zurück zu dem zerrissenen Stück Folie. Es war eine Kondomhülle. Als sie sich aufsetzte und die Beine ausstreckte, sah sie, dass sie kürzlich Sex gehabt haben musste. Sie war nackt, und eine Welle der Übelkeit schwappte in ihr hoch. Sie schaute über die Schulter und erblickte den Vertreter. Sein Gesicht war gegen das Kissen gepresst, und in einem Mundwinkel glitzerte Speichel. Meredith? Mercier? Er schlief. Auf seinem Nachttisch stand eine halb geleerte Flasche Sekt.
    Langsam sah sie sich um. Sie befand sich in einem Hotelzimmer, ihre Kleider lagen in einem Haufen auf dem Boden neben ihr. Vorsichtig stieg sie aus dem Bett, hob sie mit einem Schwung auf, ging ins Bad und schloss sich ein.
    Sie schaffte es gerade noch bis zum Waschbecken, dann überfiel sie ein heftiger Brechreiz. Zwei Mundvoll gallebittere, braune Flüssigkeit kamen hoch, und ein saurer, fruchtiger Geruch stieg ihr in die Nase. Sie drehte die Wasserhähne auf, und während das Wasser die braune Flüssigkeit wegspülte, kamen Schlieren schleimartigen Speichels zum Vorschein.
    Ihr Hirn fühlte sich an, als balle es sich zusammen, und schickte Schmerzwellen hinunter bis zu den Backenzähnen. Sie ergriff ein Glas, füllte es mit Wasser und trank.
    Ihr Magen hob sich, doch das Wasser blieb unten. Die Selbstverachtung, die ihren schlimmsten Besäufnissen folgte wie ein verrostender alter Tanker einem Schleppschiff, rückte drohend näher. Doch diesmal gesellte sich auch noch ein Gefühl der Scham dazu. Sie hätte sich zusammenrollen und weinen mögen, doch nicht hier. Überall, nur nicht hier.
    Sie stieg in ihre Kleider, wobei sie darauf achtete, ihren Kopf aufrecht zu halten, um das Hämmern in erträgliche Grenzen zu bannen. Auf einem Bord über dem Becken stand ein Waschbeutel. Schuldbewusst fischte sie seine Zahnpasta heraus und drückte etwas davon auf ihren Finger. Sie strich sie sich auf die Zähne und verteilte sie dann im ganzen Mund. Ihre Zunge brannte, und sie dachte: Das geschieht dir recht.
    Sie sah in den Spiegel, brachte ihr Haar in Ordnung und nahm ein Papiertuch, um sich die verschmierte Wimperntusche wegzuwischen. Die Badezimmertür knackte laut, als sie sie öffnete. Um die Ecke, im Hauptteil des Zimmers, hörte sie ein Geräusch. Sie hielt den Atem an.
    »Menschenskind, was für eine Nacht«, ächzte er.
    Fiona huschte zur Tür und hinaus auf den Flur. Sie suchte und fand einen Aufzug, fuhr ins Erdgeschoss und ging am Empfang vorbei auf die Straße. Im hellen Tageslicht zuckte sie zusammen. Sie sah nach links und rechts. Sie stand in der Portland Street. Piccadilly Gardens und der Busbahnhof lagen fast direkt gegenüber. Eine Digitaluhr zeigte 8:43 Uhr, Autos füllten die Straße, und Menschen eilten vorüber, alle frisch geduscht und bereit für einen neuen Arbeitstag. Fiona legte die Arme über den Bauch und marschierte auf den Busbahnhof zu, den Blick auf den Gehsteig gesenkt.
    Nach dreißig Metern bemerkte sie zu ihrer Rechten die Bar, in der sie ihn kennengelernt hatte. Die Tür war geschlossen, und zwei Reinigungskräfte räumten die vielfach noch halb vollen Gläser von den Tischen. Ihr drehte sich der Magen um.
    Der Bahnhof war eine einzige unordentliche Prozession von Bussen. Die einen waren voll und wollten hinein, um ihre Passagiere abzuladen, die anderen waren leer und warteten darauf, sich in den Verkehr einzuordnen. Motoren heulten auf, Hupen plärrten, und Abgase erfüllten die Luft. Fiona fühlte sich sterbenselend. Sie schleppte sich zu einem Fahrplan und

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