Totenhaut
Zigarettenstummeln gefüllten Aschenbecher und stellte ihn draußen auf das Fensterbrett. Rick schob die Kassette in den Rekorder, schaltete den Fernseher ein und nahm die Fernbedienung zur Hand. Das Band war im Zeitraffer aufgenommen und enthielt eine Reihe von Bildern, die im Zweisekundentakt gemacht worden waren. Das Ergebnis war eine nervtötend abgehackte Aufnahme des Hotelfoyers.
»Scheiße, soll ich die Kopfschmerztabletten gleich holen?«, seufzte Jon.
»Nach den Aufzeichnungen des Hotels hat er um vierzehn Uhr siebzehn eingecheckt«, sagte Rick und ging mit der Fernbedienung auf Bildsuche, wodurch der Bildablauf noch willkürlicher erschien. Zehn Minuten lang brummte das Gerät vor sich hin, dann drückte Rick wieder die Abspieltaste. »Da ist er, immer noch mit seinem Schnauzer.«
Sie sahen zu, wie Gordon Dean eincheckte und dann mit einer großen Tasche und einer Schutzhülle für Anzüge im Aufzug verschwand.
Jon nahm sein Notizbuch zur Hand. »Also … er war der letzte Kunde bei diesem Friseur in Afflecks Palace. Das war so um achtzehn Uhr. Und ungefähr um neunzehn Uhr hat er bei Don Antonio gegessen.«
Rick drückte wieder auf Bildsuche und stoppte sie um achtzehn Uhr fünfzehn. Ein paar Minuten später tauchte Gordon Dean am oberen Bildrand auf und ging quer durchs Foyer zu den Aufzügen. Sein Haar war kurz, der Schnauzbart weg.
»I’m a different person now«, sang Rick leise vor sich hin.
Fünfunddreißig Minuten später erschien Dean wieder, diesmal in seinem schwarzen Hemd.
»Okay. So weit, so gut«, meinte Jon und konsultierte seine eigenen Aufzeichnungen. »Während der nächsten Stunden treibt er sich in der Stadt herum. Wir wissen, dass er seine Karte um drei Uhr acht an der Tankstelle in Ardwick Green benutzt hat. Als Nächstes war er am Geldautomaten in der Miller Street, wo er um sechs Uhr dreiundvierzig sein Kartenlimit ausgereizt hat. Danach hat er um sieben Uhr fünf den Parkplatz am Bahnhof Piccadilly bezahlt. Das ist etwas, das mir komisch vorkommt.«
»Was?« Rick drückte auf Pause.
»Dieser Geldautomat liegt überhaupt nicht auf der Strecke, die man normalerweise fahren würde, wenn man vom Novotel nach Piccadilly will. Warum nicht den Barclays-Automaten gleich oben an der Portland Street oder einen von denen direkt am Bahnhof?«
Rick sah ihn verständnislos an.
»Komm mit, ich zeig’s dir.«
Sie gingen in den Hauptraum und stellten sich vor die Straßenkarte von Manchester, die an der Wand hing.
»Da. Miller Street. Warum bis hierher fahren?«
»Jetzt sehe ich, was du meinst.«
Jon hielt einen Finger hoch. »Es sei denn, man will die Automaten im Stadtzentrum vermeiden, damit man nicht gesehen wird.« Er zog mit dem Finger einen Kreis über seinem Kopf. »Manchester hat von allen britischen Städten das dichteste Kameranetz. Beinahe jeder Geldautomat hat eine Überwachungskamera. Aber ich bin ziemlich sicher, dass der draußen auf der Miller Street keine hat.«
»Warum die plötzliche Heimlichtuerei?«
»Weiß ich auch nicht.«
Rick drehte die Fernbedienung in seiner Hand. »Wie hört sich das an? Er bringt sie irgendwohin, wo er was gemietet hat, macht sie kalt und zieht ihr die Haut ab. Dann lädt er sie in Belle Vue im Gras ab. Aber irgendetwas geht schief, und er gerät in Panik. Da plündert er sein Konto und flieht aus der Stadt.«
»Oder wie wär’s damit? Er holt sich an der Tankstelle Kondome, und sie fahren zurück zum Novotel und kommen zur Sache. Eine Stunde später hat sie’s ihm so gut besorgt, dass er sich denkt, scheiß drauf, ich hol mir ordentlich Knete, wir steigen in den Zug und fahren irgendwohin, wo wir uns ein paar Tage lang amüsieren können. An einen abgelegenen Ort, wo’s keine Geldautomaten gibt.«
Rick wiegte den Kopf hin und her und wog die Argumente gegeneinander ab. »Erklärt aber nicht sein fragwürdiges Benehmen. Ich würde sagen, sieben zu eins, dass meine Theorie stimmt.«
»Blödsinn«, erwiderte Jon. »Dieser Zehner gehört mir.«
Rick lachte. »Okay, wir müssen das Novotel-Band danach absuchen, wann er zurückkommt. Irgendwann zwischen dem Moment, wo er diese Tankstelle verlässt, und dem Besuch am Geldautomaten in der Miller Street.«
»Da liegen fast vier Stunden dazwischen«, sagte Jon und stand auf. »Ich hole den Kaffee und das Paracetamol.«
Sie kamen bis sechs Uhr vier auf der Videokassette, als es klickte und sie stehen blieb. Einen Augenblick starrten sie den Bildschirm an und dann
Weitere Kostenlose Bücher