Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
Vom Netzwerk:
Haare im Spiegel, spülte sich den Mund aus, nur für alle Fälle, und stand bereits im Wohnzimmer, die Hände in den Taschen, als sie die Treppe herunterkam.
    »Hi.« Er zog sie an sich, küsste sie auf die Stirn und sagte: »Damit wären wir bei der Frage der Bettenverteilung.«
    »Mein Gott, Jake. Muss ich denn die ganze Schwerstarbeit leisten?«
     
    Er schlief seine üblichen viereinhalb Stunden, wachte auf, spürte ein Gewicht neben sich, erinnerte sich, dass sie neben ihm lag. Lauschte ihrem Atem und dachte über den Abend nach. Er sollte mit Madison nach London oder Paris fahren und sich so lange bedeckt halten, bis die ganze Sache über die Bühne war. Dann könnten sie zurückkommen und zusammen das tun, wonach ihnen gerade war.
    Reiten.
    Doch das würde er nicht tun.
    Wenn er die Augen schloss, konnte er das Gesicht der toten jungen Frau in Madison vor sich sehen. Kalter, blutiger, grausamer Mord.

16
    Sie frühstückten zusammen, englische Muffins, Orangenmarmelade und Kaffee. »Du kannst entweder mitkommen, oder ich setze dich bei einem Freund ab. Ich kenne einen emeritierten Professor in Georgetown. Bei dem wärst du ziemlich sicher.«
    »Dummkopf«, sagte sie. »Natürlich komme ich mit.«

    Er rief Gina im Weißen Haus an und fragte: »Was ist für mich vorgesehen, falls überhaupt etwas?«
    »Jake, das ist der reinste Albtraum hier«, sagte sie. Zum ersten Mal, seit er für Danzig arbeitete, konnte er Erregung in ihrer Stimme hören. »Der Chef will dich sprechen, aber er hat keine Zeit. Mal sehen, ob ich ihn kurz unterbrechen kann.«
    Er lauschte ein, zwei Minuten irgendwelchen elektronischen Geräuschen, dann kam Danzig ganz plötzlich an den Apparat. »Halten Sie sich zur Verfügung. Ich muss Sie innerhalb von zwei Stunden hier haben können. Nicht heute oder morgen, aber vielleicht übermorgen … oder den Tag danach. Wir möchten, dass Sie dann mit Novatny reden und ihm unter Eid erklären, wie Sie an das Dossier gekommen sind.«
    »Die Sache geht also voran?«
    »Ja. In achtundvierzig Stunden sollten wir alles unter Dach und Fach haben. Spätestens in sechzig.« Und damit war er verschwunden.
    Sie nahmen Jakes Auto und ließen Madisons in der Garage zurück. Wegen eines Staus brauchten sie ewig über die Brücke nach Virginia und mussten sich eine Stunde lang durch den starken Verkehr kämpfen, bis sie endlich schneller vorankamen.
    Um kurz nach zehn waren sie in Richmond und folgten den Anweisungen des Navigationssystems bis zum Krankenhaus. Als sie dort ankamen, sagte Jake: »Es wäre vielleicht besser, wenn sie dich nicht sieht. Möchtest du ein bisschen shoppen gehen oder deine Mutter besuchen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wenn ich meine Mutter besuche, komme ich vor vier Stunden da nicht raus. Überlass mir das Auto, dann fahr ich zu einer Buchhandlung.«
     
    Jake hatte die Nummer von Dorns Zimmer und ging sofort in die chirurgische Abteilung im zweiten Stock. Er hatte sehr
viel Zeit in Krankenhäusern verbracht, und der Geruch in dem Gebäude rief Erinnerungen wach, angefangen von den hektischen Bemühungen, ihn so schnell wie möglich zu einer Sanitätsstation zu bringen, über den Flug nach Deutschland bis zum Krankenhaus in Bethesda. Und all die Kleinigkeiten, der Klang der Sprechanlage, das Piepsen der Monitore, das hohle Geräusch der Stimmen auf den Fluren und die ganzen Schubladen, überall Schubladen.
    Cathy Ann Dorn wurde gerade in ihr Zimmer geschoben, als Jake den Flur entlangkam. Sie hob die Hand. »Mr. Winter, es wird wohl noch’ne Minute dauern.«
    »Wir müssen sie ins Bett legen«, erklärte die Schwester.
    »Sie hat Angst, dass man meinen Arsch sieht«, sagte Dorn.
    Dorn und die Schwester verschwanden im Zimmer, und zwei Minuten später kam die Schwester wieder heraus. »Die hat vielleicht ein Mundwerk«, kommentierte sie.
    »Das kann man wohl sagen.«
     
    Dorn saß von mehreren Kissen gestützt im Bett und hielt eine Wasserflasche in der Hand, aus der ein abgeknickter Strohhalm ragte. Sonnenstrahlen fielen schräg durch das Fenster über das Bett und ihre zugedeckten Zehen. »Hi«, sagte Jake und musterte sie so gründlich, dass sie es merken musste. Ihr Gesicht war schwarz, blau und gelb verfärbt und voller kleiner Schnitte, die zwar langsam heilten, aber immer noch schwarz aussahen. Ihre oberen Zähne waren stark lädiert, entweder abgebrochen oder ganz weg.
    »Der Chirurg heute Morgen hat gesagt, sie könnten meine Nase wieder ganz gut hinkriegen, aber

Weitere Kostenlose Bücher