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Totenklage

Titel: Totenklage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Sandford
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Verkaufsraum, der von den Schießständen durch eine doppelte Betonwand getrennt war, mit doppelten Isolierfenstern in beiden Mauern. Man konnte drinnen zwar immer noch die Schüsse hören, allerdings gedämpft.
    Merle Haines stand auf die Theke gestützt da und blätterte in einer Ausgabe des American Rifleman , während aus einem brummenden Lautsprecher an der Decke Jerry Jeff Walker »I Feel Like Hank Williams Tonight« sang. Haines nickte Jake zu, der während der Saison Stammkunde war, und fragte: »Wie geht’s?«
    Jake nickte zurück und sagte: »Ich muss das 243er neu einstellen.«
    Er gab Haines seine Autoschlüssel. Der hängte sie an ein Lochbrett und sagte: »Bahn neun.«
    »Und zwei Schachteln Federal-Vital-Shok, die Hundert-Grain-Sierra, wenn Sie die haben, und zwei Zielscheiben.«
    »Sie wollen wohl auf die Jagd gehen«, sagte Merle. Er nahm zwei Schachteln Hundert-Grain-Federal aus dem Regal, holte zwei Zielscheiben unter der Theke hervor und reichte sie ihm.
    Jake bezahlte, zog seine Ohrenschützer aus der Tasche, setzte sie auf und ging durch die Tür zum Schießplatz. Die ersten acht Bahnen waren für Pistolen, die letzten drei für Gewehre mit Tischen zum Auflegen der Waffe. Er ging an zwei fetten Kerlen vorbei, die mit Revolvern schossen, an einem durchtrainierten, militärisch aussehenden Mann, der mit einer Beretta schoss,
und stieg eine kurze Treppe hinunter zu den Bahnen neun, zehn und elf. Dort war er alleine.
    Er würde in einem unterirdischen Tunnel auf eine fünfzig Meter entfernte Scheibe schießen – nicht weit, aber weit genug, um eine Vorstellung davon zu kriegen, was mit der Waffe los war. Er setzte sich an den Tisch, arrangierte vor sich einen Stapel Sandsäcke, nahm das Gewehr aus dem Kasten, drückte drei Patronen in das Magazin und repetierte eine in die Kammer.
    Das Remington-Jagdgewehr war eine angenehme Waffe, exakt und leicht an der Schulter, wenn auch das Nachladen ein bisschen lange dauerte. Ohne Hast und sorgfältig zielend gab er insgesamt fünf Schüsse ab, atmete nach jedem Schuss tief durch, dann holte er die Zielscheibe zu sich heran. Vier von fünf Schüssen saßen dicht nebeneinander in dem Stierkopf, genau da, wo sie hin sollten. Der fünfte war einen guten Zentimeter rechts davon gelandet; er hatte ihn verzogen. Seit Wyoming hatte sich an der Einstellung nichts verändert.
    Er feuerte fünf weitere Schüsse auf die zweite Zielscheibe und erzeugte ein zwei Zentimeter großes ausgefranstes Loch in der unteren Hälfte des Stierkopfs. Er packte die Waffe ein, nahm die übrig gebliebenen Patronen und ging zurück in den Verkaufsraum.
    »Kurz und schmerzlos«, sagte Merle, als er Jake die Autoschlüssel zurückgab. »Viel Glück mit den Viechern.«
     
    Während er zu Madison unterwegs war, rief diese an. »Ich bin auf dem Hof«, sagte sie. »Johnnie Black ist hier, ich rufe von seinem Telefon aus an. Wir haben über Howard gesprochen. Johnnie hat aus zuverlässiger Quelle erfahren, dass die FBI-Ermittler etwas Merkwürdiges an der Leiche entdeckt haben. Er hatte Kratzer an den Handgelenken, als ob man ihm Handschellen angelegt hätte, und jetzt haben sie die Handschellen der drei Polizisten einkassiert.«

    »Mein Gott. Aber wie konnten die das tun, er war doch nicht …«
    »Man vermutet, dass sie ihm Handschellen angelegt haben und er keinen Widerstand geleistet hat. Dann hat ihm einer von ihnen mit einem schweren Gegenstand auf den Hinterkopf geschlagen, und sie haben ihn aus dem Fenster geworfen. Aber weil er auf dem Rücken gelandet ist, gibt es keinen Beweis dafür, dass man ihn geschlagen hat. Das ist jedenfalls das, was man vermutet.«
    »Ist das die Meinung des FBI?«
    »Nein, nein, Johnnie meint, dass es so passiert sein könnte. Aber er will mit ein paar Freunden bei den Medien reden, um diese Spekulation in Umlauf zu bringen. Es wird morgen gesendet – um Goodman nervös zu machen.«
    »Na schön. Ich bezweifle allerdings, dass es so gewesen ist«, sagte Jake. »Viel zu kompliziert, besonders mit Zeugen nebenan im Büro.«
    »Vielleicht … Hör mal, ich brauch dich ganz dringend. Ich habe Angst, ich bin traurig, und was in letzter Zeit passiert ist, macht mich völlig fertig.«
    »Ich brauche dich auch«, sagte er. »Aber wenn in deiner Wohnung Wanzen sind …«
    »Wenn hier Wanzen sind, wenn im Schlafzimmer Wanzen sind, dann haben sie es längst gehört. Es kümmert mich nicht mehr, Jake. Ich schicke Johnnie gleich nach Hause. Aber ich muss ein bisschen

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