Totenmahl - Totenmahl - Death Dance
Der Bürgermeister wollte umgehend mit Battaglia sprechen. Vermutlich gab es Reibereien mit dem Gouverneur in einer Angelegenheit, die den Bezirksstaatsanwalt direkt betraf. Battaglia wollte sich nicht in die Karten gucken lassen und entließ mich, bevor er den Hörer abnahm.
Ich rief im Morddezernat an, um Lieutenant Peterson zu informieren, dass man mir den Fall offiziell übergeben hatte. Von jetzt an mussten alle rechtlich relevanten Entscheidungen - seien es Durchsuchungsbeschlüsse oder Festnahmen von Verdächtigen auf Grund eines hinreichenden Verdachts - in Absprache mit mir getroffen werden. Peterson erwähnte, dass er Mike am Vormittag gesehen hatte, konnte mir aber nicht sagen, wo er jetzt steckte.
Den Rest des Tages erledigte ich Routineaufgaben, die zu meinem Alltag als Abteilungsleiterin gehörten. Anwälte, die gerade mitten in einer Verhandlung waren, holten sich in dringenden Angelegenheiten häufig Rat. Detectives baten regelmäßig um Hilfe, wenn sie es mit Strafanzeigen zu tun hatten, für die unsere bahnbrechende Einheit Verfahrensregeln entwickelt hatte. Rechtsbeistände und Geschädigte riefen an, um sich über den weiteren Ablauf eines Strafverfahrens zu informieren, bevor sie ein Verbrechen der Polizei meldeten. Und täglich kamen Freunde und Kollegen vorbei, einfach so, um zu plaudern, sich mit mir über die seltsamen Gestalten auszutauschen, mit denen wir tagein, tagaus zu tun hatten, und sich den Frust von der Seele zu reden.
Kurz nach achtzehn Uhr rief Mercer Wallace an. »Wie ich gehört habe, ist euer Wochenende noch ganz interessant gewesen.«
»Hat Mike dich angerufen?«
»Sagen wir mal: Ich habe ihn aufgetrieben.«
»Weiß er, dass Battaglia mir Taljas Fall gegeben hat?«
»Gut gemacht. Nein, er hat nichts gesagt. Er ist im Lincoln Center. Wir treffen uns um neunzehn Uhr bei Shun Lee West. Willst du mitkommen?«
»Ist es ihm recht?«
»Hey, hat er dich gefragt oder ich? Du bist mein Date.«
»Ich werde da sein.«
»Du gibst aber Dr. Sengors Fall nicht ab, oder?«
»Auf keinen Fall. Langsam werde ich wegen der toxikologischen Befunde nervös. Glaubst du, dass Jean und Cara bereit sind, diese Woche noch hier zu bleiben?«
»Vielleicht noch ein, zwei Tage. Was hast du vor?«
»Sobald wir die Testergebnisse bekommen, bringe ich die Sache vor die Grand Jury.«
»Hast du schon mit jemandem von der Krankenhausleitung gesprochen?«
»Ja«, sagte ich. »Sengor ist vorübergehend vom Dienst suspendiert. Die Abteilung für Risikomanagement wollte verhindern, dass er mit Patientinnen in Kontakt kommt.«
Haftungsangelegenheiten waren für Krankenhäuser so kostspielig geworden, dass die meisten Rechtsabteilungen in »Risikomanagementabteilung« umbenannt worden waren, sie kümmerten sich um alle Probleme, die eventuell ein juristisches Nachspiel haben konnten.
»Das hat Vor- und Nachteile. Natürlich ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, dass er weiterhin Patientinnen betreut, aber so wissen wir nicht, was er gerade treibt.«
»Er musste seinen Pager behalten, damit sie ihn jederzeit erreichen können. Er muss sich zwei Mal täglich melden. Sein Gehalt wird ihm weiter bezahlt. Da er bereits zwei Mal angerufen hat, hält ihn der Stationsarzt in der Psychiatrie für kooperativ.«
»Also dann bis gleich im Restaurant?«
»Bin schon unterwegs.« Ich rief meine Freundin Lesley Latham an, mit der ich mich zum Essen verabredet hatte, und entschuldigte mich, so kurzfristig absagen zu müssen. Dann nahm ich ein Taxi zu dem Restaurant in der 65. Straße West.
Mercer und Mike saßen an der Bar, und ich tippte Mike auf die Schulter.
»Da wimmelt es von Chinarestaurants auf der ganzen Welt, und du kommst ausgerechnet hier herein! Was machst du hier?«
»Vielleicht habe ich mich im Ort geirrt. Ich war eigentlich mit ein paar Freunden verabredet. Aber das scheint wirklich eine Waffe in deiner Hose zu sein, und dabei dachte ich, du würdest dich freuen, mich zu sehen.«
»Es ist meine Schuld«, sagte Mercer und umarmte mich. »Ich wollte unbedingt Pekingente essen, und der Service ist deutlich besser, wenn Alex dabei ist. Außerdem finde ich, dass es wieder mal Zeit für Jeopardy! ist.«
Seit Beginn unserer Zusammenarbeit vor zehn Jahren ließen wir alles stehen und liegen, um auf die Final-Jeopardy! -Frage am Ende der allabendlichen Quizsendung zu wetten. Mike hatte schon Zeugen im Leichenschauhaus warten lassen, Cocktailpartys lahm gelegt und den Polizeipräsidenten mehr als einmal am
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