Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack

gutem Kaffee. Starkem Kaffee. Und nach etwas anderem. Ich wollte meine Hoffnungen nicht allzu hoch schrauben, aber ich hatte die leise Ahnung, dass etwas im Backofen war.
    Mary Catherine zog gerade ein Blech mit Muffins heraus, als ich die Küche betrat. Blaubeermuffins. Ich liebe Blaubeermuffins so, wie Homer Simpson Doughnuts liebt. Eine junge Dame wie sie konnte wahrscheinlich sechs Muffins zum Frühstück alleine verdrücken, oder? Ob sie mir vielleicht eins abgeben würde?
    Und die Küche. Sie glänzte. Alles blitzte, die Müslischalen waren fortgeräumt. Hatte die Putzkolonne hier Station gemacht?
    »Mary Catherine?«
    »Mr. Bennett«, begrüßte mich Mary Catherine und blies eine blonde Strähne aus ihrem Gesicht, während sie die Muffins auf dem Herd abstellte. »Wo sind die Kleinen? Ich dachte, ich würde wie Schneewittchen die Hütte der Zwerge betreten, als ich heute Morgen herunterkam. Viele kleine Betten, aber niemand zu sehen.«
    »Die Zwerge sind in der Schule«, antwortete ich.
    Mary Catherine warf mir einen durchdringenden Blick zu, ähnlich dem, den ich gerade bei Schwester Sheilah gesehen hatte.
    »Um wie viel Uhr gehen sie?«, erkundigte sie sich.
    »Kurz nach acht«, antwortete ich, unfähig, meinen Blick von den dampfenden Muffins abzuwenden.

    »Dann fange ich um sieben an, Mr. Bennett. Nicht um neun. Es hat ja keinen Sinn, wenn ich den weiten Weg gemacht habe, um zu helfen, und Sie mich dann nicht lassen.«
    »Ich entschuldige mich. Und mein Name ist Mike, wissen Sie noch?«, erinnerte ich sie. »Sind die …«
    »Für nach dem Frühstück. Wie möchten Sie Ihre Eier?«, fragte sie. »Mike.«
    Für nach dem Frühstück? Ich hatte gedacht, sie wären das Frühstück. Vielleicht würde diese Aupair-Sache doch funktionieren.
    »Beidseitig leicht angebraten?«, schlug ich vor.
    »Schinken oder Wurst?«
    Sie meint es wirklich ernst, dachte ich und schüttelte lächelnd den Kopf.
    Ich wägte gerade diese Entscheidung ab, die in jedem Fall einen Gewinn brächte, als mein Handy vibrierte. Ich blickte auf die Rufnummer. Mein Chef. Ich schloss die Augen und wendete all meine Kraft auf, um den Anruf wegzuwünschen. So viel zu meinen telepathischen Fähigkeiten, dachte ich, als das Telefon in meiner Hand immer noch wie eine frisch gefangene Forelle zappelte.
    Schade, dass es kein Fisch war.
    Ich hätte ihn zurück ins Wasser geworfen.

17
    Wieder schüttelte ich den Kopf, als ich schließlich mein Handy aufklappte und ans Ohr hob.
    Anrufe von meinem Chef an meinem freien Tag konnten nur eins heißen.
    Eine Eilsendung mit schlechten Neuigkeiten kündigte sich an.
    »Bennett«, meldete ich mich.
    »Gott sei Dank«, stöhnte mein Chef, Harry Grissom. Er ist der leitende Lieutenant Detective meiner Einheit, der Mordkommission von Manhattan-Nord. Sagen zu können, man gehöre dieser Eliteabteilung an, bringt einem auf den meisten Polizistenpartys respektvolles Kopfnicken ein. Doch im Moment hätte ich gerne mit jedem von ihnen getauscht, um bei meinen Spiegeleiern bleiben zu können. Und bei einem hübschen, fetten Blaubeermuffin.
    »Haben Sie gehört, was passiert ist?«, fragte mein Chef.
    »Wo? Was?« Ich dachte bereits an das Schlimmste, und aus meiner Stimme musste man die Dringlichkeit heraushören, weil sich Mary Catherine am Spülbecken umdrehte. Nach dem 11. 9. war für viele New Yorker - besonders für Polizisten, Feuerwehrleute und Notärzte - der nächste Terroranschlag keine Frage des »Ob«, sondern des »Wann«.
    »Was ist passiert? Was ist denn los?«, drängte ich.
    »Immer mit der Ruhe, Mike«, sagte Harry. »Keine Explosionen. Zumindest bis jetzt nicht. Ich habe nur gehört, vor etwa zehn Minuten wurden in der St. Patrick’s Cathedral
Schüsse abgegeben. Dort findet die Beerdigung von First Lady Caroline statt, was also nichts Gutes bedeutet.«
    Das war ein gewaltiger Schlag in den Magen, als würde jemand eine Tür eintreten. Schüsse bei einem Staatsbegräbnis? In der Kathedrale? Heute Morgen?
    »Terroristen?«, fragte ich. »Woher?«
    »Ich glaube, das wissen wir noch nicht«, antwortete mein Chef. »Ich weiß nur, Will Matthews, der Commander vom Stadtbezirk Manhattan-Süd, ist vor Ort und will, dass Sie sofort dort erscheinen.«
    Und in welcher Eigenschaft? Ich hatte vor meinem Wechsel zur Mordkommission zu dem Team gehört, das für die Verhandlungen mit Geiselnehmern zuständig war.
    Und hatte ich nicht schon mit meiner Familienkrise genug am Hals? Auf eine weitere Krise konnte ich