Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack
folgen?«
Es war schwer, zu verstehen, was Will Matthews gerade gesagt hatte. Der Bürgermeister und der ehemalige Präsident würden mir für sich genommen schon den Verstand rauben, aber der ganze Rest?
Matthews blickte mich kampflustig an und wartete, bis ich meinen Unterkiefer wieder vom Bordstein nach oben geklappt hatte, bevor er fortfuhr.
»Wir wissen nicht, ob es sich um Terroristen handelt. Nach ersten Berichten von unseren Mitarbeitern, die gerade aus der Kirche freigelassen wurden, ist zumindest der Anführer kein Araber. Er hat zu der Menge gesprochen, und, ich zitiere, ›er klingt weiß‹, Zitat Ende. Diese
nicht identifizierten maskierten Männer haben einunddreißig Polizisten und etwa zwei Dutzend FBI-Agenten samt Geheimdiensttrupp des ehemaligen Präsidenten mit nicht tödlichen Waffen ausgeschaltet: Tränengas, Gummigeschosse und Elektroschocker. Und es geht noch weiter. Vor zwanzig Minuten haben sie den Ausgang zur 50th Street geöffnet und alle Polizisten und Sicherheitsleute mit einem Tritt in den Arsch rausgeworfen. Es gibt eine Menge gebrochener Nasen und blauer Augen, aber sie hätten genauso gut erschossen werden können. Wir sollten auch für kleine Gnadenakte dankbar sein.«
Ich hatte Mühe, mir nicht den Schock und die Verwirrung anmerken zu lassen. Das war nicht einfach. Man hatte umfassende Sicherheitsvorkehrungen getroffen, und die waren einfach ausgeschaltet worden? Mit nicht tödlichen Waffen?
»Wie kann ich helfen?«, fragte ich.
»Eine hervorragende Frage. Ned Mason, unser Hauptvermittler, ist auf dem Weg. Aber er wohnt irgendwo außerhalb, in Orange County oder so einem lächerlichen Ort. Newburgh, glaube ich. Ich weiß, Sie verhandeln nicht mehr mit Geiselnehmern, aber ich musste vorsorgen, falls die Jungs anrufen, bevor er hier ist. Außerdem erinnere ich mich, dass Sie schon viel Sendezeit hinter sich haben. Ich brauche jemanden, der den Heuschreckenschwarm der Presse abwimmelt, den eine solche Sache mit sich bringt. Steve Reno hat die taktische Leitung. Sie können sich ja mit ihm beraten, wenn er aus dem Vogel steigt. Lassen Sie sich nicht beirren. Denken Sie darüber nach, was Sie der Presse sagen.«
Ich befolgte seinen Befehl, mich nicht beirren zu lassen, während ich zu der riesigen, stattlichen Kathedrale
hinüberblickte und mir vorzustellen versuchte, welcher Mensch oder welche Menschen eine solche Sache durchziehen würden. Doch plötzlich brach an der Absperrung auf der 50th Street ein heftiger Tumult los.
Automatisch griff ich nach meiner Waffe, als ein blonder Mann mit nacktem Oberkörper und eine heftig zurechtgemachte rothaarige Frau die Absperrung durchbrachen. Was sollte das? Sie schafften es bis über die leer geräumte Fifth Avenue und rannten die Treppe zur Kathedrale hinauf, wurden aber sogleich von drei Beamten der Sondereinheit festgenommen, die hinter dem Leichenwagen hervorkamen.
Die rote Perücke fiel auf den Boden und legte einen Bürstenschnitt frei. Der Blonde lächelte. Von den Drogen waren seine Pupillen groß wie Teller.
»Es gibt nur eine Liebe! Die Liebe der Transgender!«, rief der Blonde, während er und der um sich tretende Transvestit direkt an den Presseleuten auf der 51st Street vorbeigeschleift wurden.
Angespannt stieß ich die Luft aus. Nichts, worum man sich Sorgen machen musste. Keine Selbstmordattentäter. Nur eins der vielen abstrusen Straßentheater mit freundlicher Genehmigung der Stadt New York.
Commander Will Matthews starrte mit offenem Mund auf den Bürgersteig neben mir, als ich meine Glock wieder einsteckte. Er nahm seinen Hut ab und rieb sich seinen stoppeligen Kopf.
»Sie haben nicht zufällig eine Zigarette?«, fragte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Ich rauche nicht«, antwortete ich.
»Ich auch nicht«, sagte er und ging fort. »Ich dachte nur, das hier wäre eine gute Gelegenheit, damit anzufangen.«
20
Das FBI traf stilgerecht etwa zehn Minuten später ein.
Vier durch und durch schwarze Chevy Suburbans wurden durch die Absperrung an der 49th Street gewunken, und ein vollständig bewaffnetes taktisches Team aus großen, schwarz uniformierten Männern, die aussahen wie Profisportler, ergoss sich mit geschmeidiger Geschwindigkeit aus den Fahrzeugen. Ich fragte mich, ob sie zu dem berühmten Geiselrettungsteam des FBI gehörten. Die gegenwärtige Situation würde sie jedenfalls erfordern.
Ein Mann mittleren Alters mit farblich exakt zu seinem pechschwarzen Anzug passenden Haar trat auf mich zu und
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