Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack
wollten.«
»Lassen Sie mich nachsehen«, meinte Jack skeptisch.
Ich hörte im Hintergrund ein paar Tasten klappern. Sie prüften das Bankkonto von der Kathedrale aus. Internet war schon eine geniale Sache.
»Mikey, mein Verehrtester. Was für ein wundervolles Geschenk«, jubelte Jack nach einer Minute. »Ich explodiere gleich vor Weihnachtsfreude.«
»Wir haben unseren Teil der Abmachung erfüllt«, erinnerte ich ihn, ohne auf seine Klugscheißerbemerkung einzugehen. »Wir haben getan, was Sie wollten. Jetzt sind Sie dran. Lassen Sie die Geiseln gehen.«
»Alles zu seiner Zeit, Mike«, erwiderte Jack ruhig. »Alles
zu seiner Zeit. Die Geiseln werden freigelassen, aber zu unseren Bedingungen. Was nützt es, wenn wir uns nach all der guten Arbeit wie Hunde abknallen lassen? Sie wissen, was ich meine? Also, ich sage Ihnen, was wir brauchen. Haben Sie einen Stift?«
»Schießen Sie los«, sagte ich.
»Okay. In zwanzig Minuten stehen elf identische schwarze Limousinen vollgetankt mit laufendem Motor und offenen Türen vor dem Eingang zur Fifth Avenue. Die Fifth Avenue wird bis zur 38th Street und die 57th Street von Fluss zu Fluss geräumt. Es versteht sich von selbst, dass jeder Versuch, uns aufzuhalten, einen Haufen Toter zur Folge haben wird. Wurden alle unsere Forderungen erfüllt, werden die Geiseln unversehrt freigelassen.«
»Noch was?«, fragte ich.
»Nö, das war’s«, antwortete Jack. »Arrivederci, Mikey, es war echt zum Schreien.«
Ich konnte es kaum glauben, als ich das Freizeichen in der Leitung hörte. Das war’s also?
Sie verlangten nur elf Autos? Wohin wollten sie damit fahren? Nach Mexiko?
Hinter mir sprach der Commander in sein Funkgerät und verlangte von den Einsatzkräften, die Fifth Avenue und die 57th Street zu räumen und die Seitenstraßen zu blockieren. Über ein anderes Funkgerät verständigte er die Scharfschützen, sich bereitzuhalten.
»Wenn sie rauskommen, erledigen wir sie«, erklärte er. »Jeder mit freiem Schussfeld hat grünes Licht.«
»Roger«, meldete einer der Delta-Force-Jungs.
»Ach, und die Fahrzeuge sollen mit GPS versehen werden«, verlangte Will Matthews von einem seiner Captains.
»Bennett«, wendete sich Will Matthews an mich, »gehen Sie aufs Dach und steigen Sie in den Hubschrauber, falls wir sie verfolgen müssen.«
Da ich von schwindelnden Höhen nicht angetan war, flippte ich angesichts meiner neuen Aufgabe nicht gerade aus, aber ich nickte.
Als ich in den Fahrstuhl nach oben stieg, konnte ich mir nicht vorstellen, wie die Geiselnehmer fünf Schritte vor die Kathedrale treten wollten, ohne massakriert zu werden. Ich drückte den Knopf fürs oberste Stockwerk.
Vermutlich würden wir das noch früh genug herausfinden.
90
Ich wäre schon nicht sonderlich begeistert gewesen, in einen Hubschrauber zu steigen, der auf dem Boden stand. Aber in einer Höhe von fünfzig Stockwerken? Wenn die Zeit nicht so gedrängt hätte, wäre ich über den Boden gekrabbelt, um dem wummernden Wind der Rotorblätter auszuweichen.
Der Pilot muss meine grünliche Gesichtsfarbe bemerkt haben, oder er hatte gesunde, sadistische Neigungen. Sobald ich angeschnallt war, fiel der Hubschrauber seitlich vom Dach. Expressfahrstuhl nach unten, aber mein Magen blieb oben im fünfzigsten Stock.
Erst nachdem wir das Tempo verlangsamt hatten, hundertdreißig Meter über der Kreuzung 50th Street und Fifth Avenue schwebten und ich mit meinem Eigenlob, mich nicht übergeben zu haben, fertig war, konnte ich mich dem Gesamteindruck der Kathedrale widmen.
Sie war wirklich wunderschön, die Türme und Verzierungen so zart und verzwickt wie eine Hochzeitstorte, was der reine Wahnsinn war, wenn man bedachte, dass das ganze Ding aus Stein bestand. Statt von den sie umgebenden Glasturm-Monolithen erdrückt zu werden, schien sie sie zu beschämen und aussehen zu lassen, als wären sie hier fehl am Platz.
Unten rollten elf schwarze Chevy-Limousinen langsam von Norden heran. Sie hielten vor der Kathedrale. Die uniformierten Polizisten hinterm Steuer sprangen heraus, ließen aber die Türen offen.
Entlang der Fifth Avenue standen an jeder Kreuzung
blinkende Polizeiwagen und sperrten die Seitenstraßen ab.
Was für ein Bild.
»Türen!«, rief jemand über das Knacken der Polizeifrequenz hinweg.
Unten wurden langsam die Kirchentüren geöffnet.
Eine Gestalt in brauner Kutte mit Kapuze und Skimaske trat heraus und blieb neben dem Treppengeländer stehen.
Ich behielt die einsame Gestalt im
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