Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack
Auge und wartete ab, was passieren würde.
Trotz der Tatsache, dass ich Mitglied einer ganzen Armee von Polizisten war, überkam mich eine seltsame Angst. Eine Sache, die wir von diesen Wichsern gelernt hatten, war, dass sie jederzeit zu allem fähig waren.
Hektisches Plappern drang aus meinem Kopfhörer, als eine weitere Gestalt, gekleidet in der gleichen braunen Kutte und Skimaske, heraustrat. Waren das die Geiselnehmer? Was ging hier vor?
Ich wandte den Blick zu einer Bewegung neben den Kirchentüren.
Eine Sekunde später fiel mein Unterkiefer schneller herunter als vorher der Hubschrauber vom Dach.
In zwei geraden Reihen kamen über zwanzig Personen aus der Kathedrale und gingen auf die Fahrzeuge zu.
Alle trugen braune Kutten.
Alle trugen Skimasken.
Wer Geisel und wer Geiselnehmer war, ließ sich nicht sagen.
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»Hat irgendjemand eine freie Schusslinie?«, rief Will Matthews über Funk.
Vor den Bronzetüren der Kathedrale standen mittlerweile vielleicht dreißig Personen in braunen Kutten. Langsam bewegten sie sich auf die wartenden Limousinen zu.
»Halt!«, rief eine Stimme. »Wir scannen mit Radar nach versteckten Waffen.«
Auf dem Dach von Saks setzte ein Scharfschütze sein Gewehr ab und hob etwas an die Augen, das aussah wie ein besonders langes Fernglas. Als er es wieder senkte, sprach er in sein Manschettenmikrofon.
»Lasst es«, sagte er. »Wir können nicht schießen. Im Infrarot wird angezeigt, dass sie alle bewaffnet zu sein scheinen. Ein sicherer Schuss ist nicht möglich. Wir wissen nicht, wer wer ist.«
Meine Kopfhörer fielen beinahe ab, als ich den Kopf schüttelte. Jack und seine Geiselnehmer hatten es wieder getan - sie hatten geahnt, wie gefährlich es für sie war, von der Kathedrale zu den Autos zu gelangen. Sie hatten unseren nächsten Schritt vorausberechnet und auch die Geiseln verkleidet. Unsere Scharfschützen konnten nicht schießen.
Unten stiegen die braunen Kutten in die Wagen, jeweils drei oder vier in einen. Es dauerte nicht lange, da wurden die Türen mit den getönten Scheiben geschlossen. Das war’s dann. Wieder eine verlorene Chance. Oder vielmehr eine, die uns genommen worden war. Die Verbrecher konnten in den Fahrzeugen am Steuer oder auf den Rückbänken
sitzen, eine Waffe auf eine Geisel auf dem Fahrersitz gerichtet. Woher sollten wir das wissen?
Erst jetzt bemerkte ich, dass aus den Fenstern beiderseits der Fifth Avenue die Bewohner und die Presse dem Schauspiel wie erstarrt zusahen. Von oben sah das Ganze beinahe wie eine Konfettiparade aus, nur dass hier prominente Geiseln statt Sport- oder Kriegshelden entlangfuhren.
Ich blickte auf die wartenden Fahrzeuge. Die große Frage blieb: Wie wollten die Geiselnehmer die Insel Manhattan verlassen? Angesichts der seltsamen Art, wie die Dinge den Bach hinuntergingen, begann ich zu glauben, dass nur noch ein Blutbad die Geiselnahme beenden könnte.
Mir war nicht nur schlecht vom Fliegen, als sich mein Magen ein paar Sekunden später zusammenzog.
»Himmel, Arsch und Zwirn!«, fluchte Will Matthews aus dem Funkgerät. »Bennett, lassen Sie sie nicht aus den Augen.«
Erst jetzt sah ich, dass sich unter dem Helm und hinter der Sonnenbrille eine Pilotin versteckte. Ihr großspuriges Grinsen verriet mir, dass ich mich auf etwas gefasst machen musste.
»Worauf warten Sie noch?«, fragte ich. Im gleichen Augenblick sackten wir nach unten.
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Wir hielten uns tief über dem Konvoi aus schwarzen Limousinen. Die wirbelnden Rotoren konnten nicht weiter als zwanzig Meter von den glatten Glas- und verzierten Steinfassaden beiderseits der Fifth Avenue entfernt sein. Ich schluckte schwer. Schon mit dem Auto durch diese Stadt zu fahren war nervenaufreibend.
Das harte, ständige Vibrieren des Hubschraubers ließ die Autos unter uns, die sich schließlich von der Kathedrale entfernten, aussehen, als würden sie zittern. Wo, zum Teufel, würden sie wohl hinfahren?
Der Sicherheitsgurt schnitt in meine Brust, als wir uns nach vorne neigten, um die Verfolgung aufzunehmen.
Langsam schwebten wir durch die Luft dem Konvoi hinterher, der an den schicken Läden auf der Fifth Avenue vorbeifuhr - Cartier, Gucci, Trump Tower. Wollten sie ein letztes Mal einen Schaufensterbummel machen?
Bei Tiffany’s an der Ecke 57th Street passierte etwas noch Seltsameres.
Die Fahrzeuge hielten an!
Stand irgendwo ein Frühstück auf dem Plan? Vielleicht wollte Jack als krönenden Abschluss den berühmten Juwelier ausrauben. Im Moment war alles
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