Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack

Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack

Titel: Totenmesse - Patterson, J: Totenmesse - Step on a Crack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Patterson
Vom Netzwerk:
möglich. Die Rotorblätter des Hubschraubers wummerten im Takt mit meinem Puls, während ich nach unten blickte.
    Nach einer vollen Minute fuhr der erste Wagen wieder los und bog nach links auf die 57th Street Richtung Westen. Als die nächsten vier Fahrzeuge folgten, ging ich davon
aus, die Prozession würde langsam auf die West Side weiterrollen. Doch was für eine Überraschung! Der sechste Wagen, gefolgt von den restlichen, bog auf der 57th Street nach Osten ab.
    Ich meldete diese neue Wendung über Funk.
    East Side, West Side, eine Rundfahrt durch die Stadt, dachte ich.
    Saßen in der einen Fahrzeuggruppe die Geiseln, in der anderen die Geiselnehmer? Das ließ sich von hier oben aus nicht sagen.
    »Hat einer von euch die Möglichkeit, zu sagen, wer wer ist?«, fragte Will Matthews gequält.
    Ich blickte angestrengt auf die zwei Fahrzeugreihen hinab. Die Kombination aus Dieselgestank, Schwindelgefühl und dem ständigen Vibrieren des Hubschraubers war nicht gerade nützlich für einen scharfen Blick. Wenn es einen Hinweis gab, konnte ich ihn im Moment nicht erkennen.
    »Ich kann keinen Unterschied ausmachen«, rief ich schließlich ins Mikrofon.
    »Welche Richtung?«, fragte die Pilotin verärgert, während wir über der Kreuzung in der Luft hingen.
    »Westen«, beschloss ich. »Nach links.«
    Wenn ich falsch läge und gefeuert werden würde, dachte ich, als das Bergdorf’s unter meiner rechten Schulter vorbeiflog, wäre zumindest die U-Bahnfahrt nach Hause kürzer.

93
    Das Lenkrad des Anführerfahrzeugs umklammernd, das auf der 57th Street Richtung Osten fuhr, nahm Eugena Humphrey einen tiefen Atemzug. Die Hitze in dem vollen Wagen ließ sie schwitzen, und der Wildgestank der Skimaske, die sie hatte überziehen müssen, war ebenso störend. Nichts, was sie im Moment gebrauchen konnte.
    Sie blickte zu den beiden uniformierten Polizisten, die einfach auf dem Bürgersteig vor einer Kunstgalerie standen und die vorbeifahrenden Limousinen beobachteten.
    Niemand unternahm etwas! Wieso nicht?
    Verängstigt und müde, wie sie war, wusste sie, sie durfte jetzt nicht zusammenbrechen. Und das würde sie nicht.
    Sie überlegte, wann sie das letzte Mal selbst am Steuer gesessen hatte. Vor zehn Jahren? Sie erinnerte sich an einen roten Mustang, den sie gekauft hatte, nachdem sie aus Wheeling in West Virginia nach L. A. gezogen war. Was für eine wilde Fahrt sie seitdem hinter sich hatte.
    Und so sollte es jetzt enden? Ungewaschen am Weihnachtstag der Gnade dieser degenerierten Verbrecher ausgeliefert? Nach all dem, was sie geleistet hatte? Nach all der harten Arbeit und den klugen Entscheidungen, nachdem sie sich aus dem Nichts nach oben gearbeitet hatte? Sie hatte sich nicht nur über das erhoben, was die Welt als die Grenzen ihrer Rasse und Klasse festsetzen wollte, sie hatte auch die höheren Grenzen der menschlichen Möglichkeiten berührt. Sie war zu einer Kraft für das Gute in der Welt geworden, zu einer starken Kraft.

    Doch zumindest hatte sie ein erfülltes Leben gehabt. Ungefähr alles erlebt, was es zu erleben gab.
    Eugena schnappte nach Luft, als ihr der Kerl neben ihr die Mündung seines abgesägten Schrotgewehrs in die Rippen stieß.
    »Mach schneller«, schrie er sie an.
    In diesem Moment spürte Eugena, wie sich ihre Verzweiflung auflöste und der Adrenalinspiegel stieg.
    Schneller machen? Kein Problem. Das schaffe ich noch.
    Sie trat aufs Gaspedal, der Achtzylindermotor heulte auf, und die Gebäude und Schaufenster sausten an ihnen vorbei. Als sie den Buckel über der Park Avenue erreichte, hob der Wagen sogar kurz ab.
    »Genau so, Momma. Drück auf die Tube!«, johlte der Kerl, als sie funkensprühend wieder aufsetzten.
    Richtung Lexington Avenue erblickte Eugena an der Ecke einen dieser glänzenden Stickstofftanks aus Stahl. Was wäre, wenn sie einfach darauf zufuhr?
    Vor der Windschutzscheibe schienen New York City und die Welt mit Warp-Geschwindigkeit auf sie zuzufliegen. Eine unaufhaltbare, auf ein unbewegliches Objekt zurasende Kraft.

94
    Die Reihe der Limousinen kroch noch immer auf der 57th Street Richtung Westen. Durch die Lücke in beide Richtungen der Seventh Avenue erblickte ich mindestens sechs Hubschrauber der Nachrichtensender, die uns beschatteten. So viel Aufmerksamkeit war langsam fahrenden Autos seit OJs weißem Bronco nicht mehr gewidmet worden.
    Plötzlich verlangsamte der Konvoi am U-Bahneingang auf der Sixth Avenue sein Tempo noch weiter. Das wäre das Letzte, wenn wir noch ins

Weitere Kostenlose Bücher