Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Totenmesse

Titel: Totenmesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
Vom Netzwerk:
von Verwirrung an. »Da sieht man mal«, sagte er.
    Â» Sind Sie darin verwickelt?«, sagte Chavez.
    Â»Nein.«
    Â»Ihre Firma ist ein bekanntes ehemaliges Agentennest. Unter Ihren Füßen findet eine Geiselnahme statt. Als Sie nach der Evakuierung zurückkommen, ist in Ihrem uneinnehmbaren Büro eine Wand eingerissen worden. Sie mauern sie schneller wieder hoch, als man gucken kann. Und Sie wollen mich glauben machen, dass Sie nicht darin verwickelt sind.«
    Sven Fischer zwinkerte kurz und hielt die Klappe.
    Â»Ich dachte, Sie hätten vorgehabt, sich kooperationswillig zu zeigen«, sagte Chavez. »Um so schnell wie möglich hier herauszukommen.«
    Â»Ich bin kooperationswillig gewesen.«
    Â»Haben aber damit aufgehört. Was hatten Sie in der Wand?«
    Â»Keine Ahnung.«
    Chavez zuckte die Schultern und wandte sich, während er eine große braune Mappe öffnete, zunächst Kerstin Holm, dann Jon Anderson zu. Sie waren anscheinend nicht gewillt, ihn zu unterbrechen. Kerstins Blick sagte: Gut so, mach weiter.
    Oder?
    Â»Sie sind im Frühjahr 1978 als frischgebackener Stasiagent nach Stockholm gekommen«, sagte Chavez sachlich. »Sie waren fünfundzwanzig Jahre alt und hatten eine Grundausbildung bei den Eliteeinheiten der DDR-Armee absolviert. Sie hatten an der Universität vier Jahre Schwedisch gelernt und wurden von der Stasi speziell angefordert. In der Zeit bis zum 1. März 1984, als Sie die Leitung des Stockholmer Büros übernahmen, haben Sie, dem Dossier zufolge, fünf Menschen getötet. Zwei Engländer, einen Amerikaner, einen russischen Aussteiger sowie einen Bolivianer. Und das sind nur die schriftlich Bestätigten. Das Schicksal des Bolivianers in unseren kühlen Breiten ist ziemlich spannend. Wer war es?«
    Sven Fischer starrte Chavez an. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte er heiser.
    Â»Klar ist das ein bißchen überraschend«, sagte Chavez unbekümmert. »Da glaubtman, alle alten Dokumente wären vernichtet. Auf der Basis hat man sich ein Leben als erfolgreicher Unternehmer aufgebaut und ist ein friedlicher Schwede geworden. Und dann zeigt sich, dass es noch eine Kopie gab. Im Nachlass eines hohen Stasioffiziers, der kürzlich in Berlin gestorben ist. Wer war der Mann?«
    Â»Ich weiß nicht«, sagte Fischer, leichenblass.
    Â»Der Bolivianer also«, sagte Chavez.
    Â»Ich habe nur Befehle ausgeführt«, sagte Fischer.
    Â»Wie die Auschwitz-Wachen. Wer war der Bolivianer?«
    Â»Was hat er mit der Sache zu tun?«, stieß Fischer aus. »Ich will einen Anwalt sprechen. Ich verlange einen Anwalt.«
    Â»Offiziell?«
    Â»Ja.«
    Â»Ausgezeichnet«, sagte Chavez. »Dann landen alle Morde im Protokoll und werden offizielle Anklagepunkte.«
    Fischer stöhnte. Sein Blick flackerte. Er war anscheinend für alle Situationen trainiert – nur nicht für diese. »Sie meinen, dass es eine Alternative gibt?«, brachte er schließlich hervor.
    Â»Wer war der Bolivianer?«
    Â»Hören Sie auf damit!«, schrie Fischer und stand auf.
    Â»Setzen Sie sich«, sagte Chavez ruhig.
    Fischer blieb einen Moment unentschlossen stehen, setzte sich dann wieder. Schwer.
    Chavez fuhr fort: »Soweit wir es beurteilen können, waren die beiden Engländer, der Amerikaner und der ausgestiegene Russe Agenten, genau wie Sie. Es war Krieg. Kalter Krieg zwar, aber nichtsdestoweniger Krieg. Die Morde können als Kriegshandlungen angesehen werden. Aber wer war der Bolivianer?«
    Fischer schloss die Augen. »Ein amerikanischer Agent, der sich als marxistischer Befreiungskämpfer ausgab«, sagte er dumpf. »Auf offiziellem Besuch bei der Partei, die sich damals VPK nannte, Vänsterpartiet Kommunisterna.«
    Â»Wir lebten in zwei Welten, nicht wahr?«, sagte Chavez. »Unter der ziemlich friedlichen Oberfläche der gewöhnlichen Welt waren Armeen, Horden von Menschen damit beschäftigt, sich gegenseitig zu ermorden und zu foltern. Um des Friedens willen. Um des Gleichgewichts der Abschreckung willen. Damit wir nicht den Erdball in die Luft sprengten.«
    Â»So habe ich es gesehen«, sagte Fischer. »Es war eine abscheuliche Welt. Ich möchte sie nicht zurückhaben.«
    Â»Sie ist zurückgekommen. Ganz von selbst.«
    Â»Es sieht so aus.«
    Â»Wer hat Ihre Wand aufgebrochen?«, fragte Chavez.
    Â»Ich weiß es nicht«,

Weitere Kostenlose Bücher