Totenmesse
dafür«, sagte der Reichskriminalchef.
»Und habt ihr versucht, Kontakt aufzunehmen?«
Der Reichskrimchef zeigte auf ein hellrotes Telefon in der Mitte des Schreibtischs. »Ein direkter Draht«, sagte er. »Wenn wir den Hörer abnehmen, klingelt es da drinnen, und umgekehrt. Im Raum nebenan bei der NE gibt es sowohl eine Präzisionsvideokamera als auch ein Richtmikrofon. Das Richtmikrofon hat das Klingeln registriert. Es klingelt wirklich da drinnen. Keiner antwortet, aber sie haben das Telefon nicht zerschlagen oder die Schnur herausgezogen. Sie werden Kontakt aufnehmen.«
Hultin nickte. »Was wissen wir von den Geiseln?«
»Vier Angestellte, fünf Kunden. Die Identität der Angestellten ist bekannt, die der Kunden nicht. Oder haben wir etwas Neues?«
Der junge Informatiker saà vor einem Laptop am hinteren Schreibtisch. »Nja«, sagte er. »Der letzte Kunde, dessen Bankauftrag registriert wurde, um zehn Uhr neununddreiÃig, ist Robert Grahn, 640 303. Aber wir wissen nicht, ob er herausgekommen oder noch drinnen ist. Das vorletzte Bankgeschäft wurde um zehn Uhr vierunddreiÃig registriert, für eine Gunilla Aronsson. Weil die Räuber exakt um zehn Uhr vierzig kamen, dürfte sie die Bank noch verlassen haben. Von den Ãbrigen wissen wir nichts. Die Angestellten sind Eva-Lisa Lilja, 27, Emma Karlsson, 25, Nils Bernhardsson, 46, und der Filialleiter, Ingemar Lantz, 44 Jahre alt. Keine der genannten Personen findet sich in der Straftäterkartei, auch der Kunde Robert Grahn nicht.«
»Danke«, sagte Hultin. »Was für eine Bank ist es eigentlich? Die Avtalsbank?«
»Die Andelsbank«, verbesserte Kerstin Holm. »Hauptsächlich eine Internetbank, klein, ziemlich neu. Aber sie haben eine Reihe gröÃerer Filialen in Europa. Recht solide, in norwegischem Besitz. Diese Filiale hier wurde vor knapp einem Jahr eröffnet, als die Einzige in Schweden. Ist vorher noch nie überfallen worden.«
»Hat die Bank einen Tresorraum?«
»Hier ist eine Skizze«, sagte Kerstin Holm und holte sie auf den Bildschirm. »Der Direktor der Bank kann sie erläutern.«
Ein tadellos gekleideter Mann von knapp vierzig Jahren am hinteren Tisch stand auf und sagte in einem auf Gesamtskandinavisch getrimmten Norwegisch: »Haavard Naess, geschäftsführender Direktor der Andelsbank.«
»Erzählen Sie uns etwas über die Räumlichkeiten«, sagte Hultin.
»Einhundertachtzig Quadratmeter«, sagte Haavard Naess und zeigte auf den Bildschirm. »Elf Räume, der gröÃte ist der Schalterraum. Ja, es gibt einen Tresorraum, er liegt ganz innen, hier, und hier haben wir eine Kaffeeküche, Herren- und Damentoilette mit Dusche, einen gemeinsamen Büroraum, das Zimmer des Filialleiters und vier kleine Zimmer für individuelle Beratungen, für die Lagerung von Büromaterial, Computerraum. Und hier liegen die BankschlieÃfächer.«
Hultin betrachtete die Skizze. »Was glauben Sie, wo die Geiseln beziehungsweise die Geiselnehmer sich aufhalten?«
»Ich würde den Raum mit den SchlieÃfächern wählen«, sagte Haavard Naess. »Schwere Eisentüren und vollkommen isoliert.«
»Was glaubt ihr?«, fragte Hultin in die Runde.
Der Chef der Nationalen Einsatztruppe nahm den Faden auf: »Das klingt einleuchtend«, nickte er. »Aber es ist ein groÃer Raum, und die Fenster gehen auf Karlavägen hinaus. Sie können eigentlich überall sein. Schwer zu sagen, besonderswenn man bedenkt, dass alle Kameras auÃer Funktion sind.«
»Es gibt nicht vielleicht eine superdupergeheime Kamera, um die Angestellten zu überwachen?«, fragte Hultin boshaft.
Haavard Naess ignorierte den Unterton, schüttelte den Kopf und sagte knapp: »Nein.«
»Vier Angestellte auf hundertachtzig Quadratmetern, das kommt mir etwas wenig vor.«
»Wir haben eine personalextensive Struktur gewählt. Wir sind ja in erster Linie eine Internetbank.«
»Personalextensiv?«
»Das Gegenteil von personalintensiv«, sagte Haavard Naess, ohne eine Miene zu verziehen.
Die sachliche Art des Norwegers imponierte Hultin. Er selbst hatte in dieser Hinsicht etwas nachgelassen.
Er seufzte und betrachtete die Ãbrigen, die um den groÃen Schreibtisch herumsaÃen. »Welche Ãberlegungen habt ihr angestellt?«, fragte er. »Habt ihr an Terroristen gedacht?«
»Ja«, sagte
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