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Totenruhe

Totenruhe

Titel: Totenruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jörg Hennecke
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Männer kamen ins Untersuchungsgefängnis.
    »Wie blöd müssen Leute sein, eine Mordaktion als Dienstfahrt ins Wachbuch einzutragen«, staunte Böker.
    »Oder wie sicher«, bemerkte Stoll.
    Am nächsten Morgen erhielt er einen Anruf von Rechtsanwalt Dr. Patz. Sein Mandant Burkhard Follner wolle eine Aussage machen. Die sei von höchster Brisanz. Stoll genoss die Situation. Die in die Enge getriebenen Ratten würde sich jetzt gegenseitig anfallen und die Polizeiarbeit erheblich begünstigen. Stoll wusste aus Erfahrung: Das ist die Stunde, wo die Wissenden reden.
    Kurz danach meldete sich das BKA. Der Fall gehe an diesem entscheidenden Wendepunkt an die Bundesbehörde über, wurde lakonisch mitgeteilt. Stoll protestierte erfolglos. Sein Dienstvorgesetzter, der Polizeipräsident, würde ihm mitteilen, wo seine Kompetenzen endeten. Nach den bisherigen guten Erfahrungen sei man bereit, Stoll als Gast beim Verhör zuzulassen. Das setze allerdings uneingeschränktes Wohlverhalten voraus. Stoll wusste, wann eine Schlacht als verloren galt. Die Hauptrolle war neu vergeben. Also fügte er sich in das Unvermeidliche, um wenigstens mit auf der Bühne zu stehen, wenn der Vorhang fiel. »Götterdämmerung« hatte Peters gesagt. Ein gewaltiges Wort. Und es gab einen Buffo, Der Buffo war der Komiker unter den Sängern. Mit seinem Einsatz kam es häufig zu jähen Wendungen. Brauchen wir nur noch einen, der die Arie singt. Hoffentlich vermasselt das BKA nicht die ganze Inszenierung. Besser als wir sind die auch nicht. Aber die stehen oben und ich stehe unten. Stoll war sich nicht sicher, ob er das bedauern sollte.
     

46.
     
    Sauerbier hatte seinen Kontakt zum Stellvertretenden Polizeipräsidenten gepflegt und war heilfroh darüber. Der hatte ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit Ungeheuerliches über Rauschgift erzählt, das ausgerechnet in Linden angelandet wurde. Keine Tütchen für Endverbraucher, sondern viele Kilo schwere Ballen. Als Transportweg waren die internationalen Verbindungen der Firma Cordes genutzt worden, möglicherweise ohne Wissen der Firmenleitung. Zwischenlager seien Denkmale in Linden. Keine Vorverdächtigungen, hatte der Polizeimann gemahnt. Sauerbier hatte postwendend Ewald Cordes im Visier. Das musste natürlich mit Lindemann besprochen werden. Als der das Wort Denkmale in kriminellem Zusammernhang hörte, präsentierte er Robert Humdorf als dringend Verdächtigen.
    Sauerbier reagierte unwirsch. »Ich weiß, dass Sie den Mann nicht mögen. Trotzdem keine Vorverdächtigungen.« Lindemann widersprach heftig. »Es geht hier nicht um Sympathien. Ich habe Humdorf gesehen, wie er sich an einem unserer berühmtesten Denkmale zu schaffen machte, dem Friedensengel auf dem Bergfriedhof. Monika hat es auch gesehen.«
    Sauerbier zweifelte. »Sie haben Humdorf erkannt?« Lindemann wurde eine Spur kleinlauter. »Nein, aber sein Auto. Der rote Peugeot war immer da, wo etwas los war.« Sauerbier schüttelte den Kopf. »Glücklicherweise besitzt Robert Humdorf den einzigen roten Peugeot, den die Fabrik in Paris jemals hergestellt hat. Lindemann, reißen Sie sich zusammen.«
    Lindemann mochte nicht nachgeben. »Humdorf ist ein Lügner. Seine Geschichte über Preul in der Klapse ist freie Erfindung.«
    »Jeder Roman ist eine Erfindung. Wenn er gut ist, hat er ein ausgewogenes Mischungsverhältnis von Dichtung und Wahrheit. Das haben schon die Klassiker so gehalten, und Humdorf tut es auch.«
    »Pastor, wir leben nicht in einer Romanwelt. Was hier stattfindet, ist die Wirklichkeit. Und die ist im Moment durchsetzt von Kriminalität.«
    Sauerbier atmete tief durch. »Gut, untersuchen wir den Engel. Auf geht es.« Die beiden eilten los. Zehn Minuten später erreichten sie atemlos den Friedhof. »Lindemann, haben Sie an Werkzeug gedacht?« »Wenn Ihnen mein Schweizer Taschenmesser genügt, das hat ein Dutzend Werkzeuge.« »Eine Nummer größer hätte es schon sein können, aber immerhin. Ist Wasser im Brunnen unter dem Engel?« Lindemann wusste es nicht und vermied eine Antwort.
    Es war kein Wasser im Brunnen, da es seit mehr als zwei Wochen nicht geregnet hatte. Die Männer stiegen in die Wanne und Sauerbier klopfte mit dem Messer am Engel. Es klang hohl. »Jetzt müssen wir nur noch die Öffnung finden. Wo hat Humdorf Ihrer Ansicht nach den Engel geöffnet?«
    »Das habe ich nicht gesehen. Vielleicht hat er ihn auch nicht geöffnet. Vermutlich kann man den Engel auch nicht öffnen. Engel sind traditionell nicht zum

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