Totenruhe
besonderes Geschäft ausgemacht. Der Spion schlug also vor, über die Cordes-Transportwege Roh-Opium nach Deutschland zu senden. Die Weiterverarbeitung in Europa hätten sie längst im Griff.
Er, Burkhard Follner, sei vom Werkschutz-Chef Peters beauftragt worden, alles zu organisieren. Ein sicheres Zwischenlager außerhalb des Werksgeländes war nötig. So sei er nach umfassenden Recherchen auf das Egestorff-Denkmal gekommen und habe Sellner aufgetan, dessen Steinmetz-Werkstatt vor der Pleite stand. Vor einem halben Jahr habe dann auch ein Transport »wie im Bilderbuch« stattgefunden.
Und wie oft dann noch? Der aufgeflogene Transport sei der zweite Versuch gewesen.
Nach dem Geständnis wurde Buffo Follner unter dem Protest seines Anwalts verhaftet. Das BKA vermutete trotz der Aussage Verdunklungsgefahr.
Buffo zeterte, die Kleinen würden wie üblich gehängt und die Großen lasse man laufen. Wer denn die Großen seien, wollte Stoll wissen, der sich zu diesem Zeitpunkt erstmals einschalten durfte. Peters? Buffo erklärte, der habe sich aus allem rausgehalten. Da gäbe es noch eine Nummer drüber. Aber er würde keine Aussage mehr machen, man wolle ihm doch nur einen Strick aus seiner Hilfe bei der Aufklärung drehen.
Der nächste Haftbefehl richtete sich gegen Bert Peters. Der berief sich darauf, alles dem MAD mitgeteilt zu haben. Das sei streng geheim und er könne keine weiteren Aussagen machen. Die Installation der Schmuggelstrecke sei für ihn eine gigantische Falle gegen die internationale Drogen-Mafia gewesen. Mehr wisse er nicht.
Die BKA-Leute sahen auf Stoll. »Eine Nummer über Peters?« Stoll nickte. »Eine Nummer über Peters ist formal der Werksinhaber Ewald Cordes.« Ob er dem das zutraue? Er traue von nun an jedem alles zu, bekannte Stoll.
Cordes wurde nicht verhaftet. Man lud ihn dringend vor und er kam – ohne Rechtsanwalt.
48.
Sauerbiers Handy klingelte und Lindemann schaute überrascht auf das Telefon. »Hätten die uns das nicht abnehmen müssen?«
»Frau Witte? Ja, hier ist Sauerbier. Nein, ich kann nicht zu Ihnen kommen. Auch wenn es noch so dringend ist. Ich sitze im Knast und Lindemann auch. Warum? Wegen illegaler Drogengeschäfte im großen Stil … Hören Sie mal, ich werde in meiner misslichen Lage keine Witze machen. Schicken Sie uns lieber einen Anwalt oder kommen Sie hierher, wenn Sie mich sprechen wollen. Ja, ich warte. Es wird mir nichts anderes übrig bleiben.«
»Was gibt es Neues«, wollte Lindemann wissen. »Aufderheides Frisiersalon ist seit heute früh geschlossen.« »Kündigt das den Jüngsten Tag an?« »Nein, aber der Werkschutzchef von Cordes und sein Adjutant wurden verhaftet. Allerdings befindet sich Humdorf offensichtlich auf freiem Fuß. Das überrascht Sie, oder?«
Mit polternden Schritten kam ein Wärter und schloss die Zelle auf. »Die Herren Sauerbier und Lindemann? Sie können gehen. Aber halten Sie sich zur Verfügung.«
»Was soll das heißen«, grantelte Sauerbier. Der Wärter blieb amtlich. »Sie dürfen die Stadt nicht verlassen.
»Wir wollen Herrn Stoll sprechen.« »Das geht nicht. Heute nicht mehr. Der Herr Kriminalhauptkommissar befindet sich in Ermittlungen.«
Als die Männer die Polizeiinspektion verließen, rollte gerade ein knallroter Peugeot auf den Parkplatz. Schwungvoll sprang Simone Witte heraus und stutzte. »Ich denke, Sie sind im Gefängnis.« »Nun ja«, erläuterte Sauerbier, »lebenslänglich hatten wir nicht.« Lindemann starrte auf das Auto. »Ist das Ihr Wagen?« Die Witte nickte.
Lindemann ging um das Fahrzeug herum und das machte die Frau nervös. »Ist irgendetwas mit dem Wagen? Ist er als gestohlen gemeldet? Was ist denn so besonders an einem kleinen Peugeot? Das ist doch kein Rolls Royce. Steigen Sie ein, wir müssen schnell zu Robert Humdorf.«
Sauerbier stieg ohne zu zögern ein. Lindemann wäre lieber nach Hause gegangen, aber er spürte, dass jetzt das Finale begann und der Blick frei würde von den Unzulänglichkeiten täuschender Sichtweisen.
Die Witte fuhr, als wäre die Straßenverkehrsordnung für Linden außer Kraft gesetzt. Die Tachonadel pendelte sich bei 80 ein, Reifen quietschten und Lindemann war schon froh, wenn sie eine Ampel eben noch bei Gelb passierten. Humdorf wohnte in der ersten Etage eines der gutbürgerlichen Jugendstilhäuser am Pfarrlandplatz. Er war nicht allein. Die Bezirksratsfrau Gabriele Klopp schien sich recht heimisch zu fühlen, servierte sie doch Kaffee und stellte eine
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