Totensonntag: Kriminalroman (German Edition)
sofort das Bellen einstellte, gab es einen Tritt und die Ermahnung: »Hab ich net was g’sagt?!«
»Servus, Papa. Mir ham dich net wecken wollen. Hast dir an Hund zugelegt?«
»Was glaubst, was des is? A Wellensittich?«
»Kongo heißt er, ha?«
»Ja, weil er so schwarz is.«
»Können mir runterkommen?«
»Nein. Erst will ich wissen, wieso ihr hier einbrecht.«
»Mir brechen doch net ein. Mir wollten nur was nachschauen. Ich mein: einbrechen! Kann man ins Haus von seinem Vater einbrechen?«
»Ich hab’s dir schon mal gesagt: Ich bin net dein Vater.«
»Meine Mutter hat aber gesagt, du bist es. Auf dem Sterbebett. Glaubst, die lügt mich an im … im Angesicht des Todes?«
»Nix gegen deine Mutter, Gott hab sie selig. Aber die hat’s krachen lassen, das kannst mir glauben. Und ich glaub nicht, dass die noch an Überblick gehabt hat.«
»Du, Vorsicht! Noch ein Wort gegen meine Mutter, und mir ruckn z’samm.«
Kreuthner starrte wütend auf Max Pirkel hinab, der den knurrenden Kongo kaum halten konnte. Pirkel zog an seiner Zigarette, sah müde und verächtlich zu Kreuthner in den Baum hinauf, während er den Rauch ausblies, und schnippte die Kippe in die Wiese. »Also noch mal: Was wollt ihr hier?«
»Mir wollen uns nur mal die Kapelle anschauen.«
Pirkel deutete auf das Kirchlein. »Bitte, schaut sie euch an. Wenn ich gewusst hätte, dass ihr kommt, hätt ich sie noch gestrichen. Am besten immer vorher anrufen.«
»Wir wollten sie uns eigentlich von innen ansehen«, meldete sich Wallner erstmals zu Wort.
»Das geht net.«
»Nur ganz kurz. Dann hauen wir wieder ab«, sagte Kreuthner.
»Hast du was am Trommelfell? Ich hab gesagt, nein. Und jetzt runter vom Baum.«
Wallner und Kreuthner stiegen vorsichtig von ihrem Hochsitz. Keine drei Meter entfernt stand Pirkel mit dem Hund an der Leine, dem beim Knurren der Sabber aus den Lefzen lief. Wallner hoffte inständig, dass Pirkel das Tier im Griff hatte.
»Ich hätt gern noch mal dieses Bild gesehen. Von dem heiligen Veit«, versuchte es Kreuthner ein letztes Mal.
»Weißt was? Ich glaub, der Hund mag dich net. Lass es net drauf ankommen, okay?«
Kreuthner machte eine beschwichtigende Handbewegung und begab sich mit schnellen Schritten Richtung Auto. Wallner folgte ihm – auch er ein wenig hastig.
Sie parkten am Straßenrand hinter einigen jungen Nadelbäumen, die um die Jahreszeit noch Sichtschutz boten, beobachteten das Haus und warteten.
»Ist er jetzt dein Vater oder nicht?«
»Natürlich ist er mein Vater.«
»Aber er will es nicht anerkennen?«
»Das wechselt. Je nachdem, wie’s ihm passt. Wenn er was von mir will, samma wieder verwandt. Dein Vater macht bestimmt net so a G’schiss?«
»Nein. Der ist im Augenblick nicht da.«
»Aha. Wo ist er denn?«
»Südamerika. Vermutlich. Weiß keiner genau.«
»Stimmt. Hat schon mal irgendwer erzählt. Ist auch scheiße, oder? Ich meine, vielleicht ist er da unten reich geworden und will keinem was abgeben.«
Wallner zuckte die Schultern. Er hatte keine Lust, das Thema zu vertiefen. »Worauf warten wir eigentlich?«
»Mein Alter trinkt zum Frühstück zwei Halbe.« Kreuthner zündete sich eine Zigarette an.
»Muss du im Wagen rauchen?«
Kreuthner öffnete den Aschenbecher auf der Mittelkonsole. Er war randvoll mit Kippen. »Tut mir leid. Aber is a Raucherwagen. Ich mach’s Fenster auf.«
»Lass es zu, okay?« In der Kälte zu sitzen war die schlimmere Alternative.
Kreuthner sah Wallner verständnislos an. »Okay … ich sag’s nur. Die Luft wär besser.«
»Ich weiß.« Wallner sah wieder zum Hof. »Du sagtest, dein Vater trinkt morgens zwei Halbe?«
»Genau. Das muss man nur abwarten.«
»Was denn?«
Kreuthner deutete zum Hof. »Das da!«
Max Pirkel kam in diesem Moment aus dem Haus, spuckte auf den Boden, schnauzte den bellenden Hund zusammen und ging zu einem der halbverfallenen Wirtschaftsgebäude auf der anderen Seite. Bereits im Gehen knöpfte er seinen Hosenschlitz auf. Sein Ziel war eine Holztür mit herzförmigem Loch.
»Wow«, sagte Wallner. »Habt ihr noch Plumpsklo?«
»Was glaubst, was a Kanalanschluss kostet?« Kreuthner ließ den Motor an und fuhr wieder auf den Feldweg, der zum Hof führte.
»Was wird denn das? Der bleibt doch nicht ewig da drin. Außerdem hört er uns, wenn du noch näher ranfährst.«
»Der bleibt da länger drin, glaub’s mir.«
Zu Wallners Erstaunen fuhr Kreuthner zielstrebig auf die Toilettentür zu. Erst kurz davor drosselte er das
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