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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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erleichterten Blick. Die Spannung schien nachzulassen.
    »Es mag Ihnen komisch vorkommen«, sagte Jenny, »aber ich möchte mit Ihnen sprechen, weil an der Leiche einer anderen Frau Spuren radioaktiven Materials gefunden wurden. Ich hatte mit dieser Frau in Zusammenhang mit einem meiner Fälle zu tun. Vielleicht haben Sie vom Fall Nazim Jamal gehört?«
    Mrs. Crosby wirkte irritiert.
    »Ich habe verschiedene Artikel darüber gelesen«, sagte ihr Ehemann. »Aber was hat das mit Anna Rose zu tun?«
    »Vielleicht gar nichts. Ich weiß es nicht. Lassen Sie es mich erklären.« Sie schilderte ihnen die Tatsachen: Nazims und Rafis Verschwinden, Mrs. Jamals Unternehmungen, ihr sonderbarer Tod, die Spuren von Cäsium 137, das nur aus einem Atomkraftwerk stammen konnte. Sie erzählte ihnen auch, dass nach allem, was sie im Internet gefunden hatte, der Schwarzmarkt für radioaktives Material vor allem aus dem Ostblock gespeist wurde. Dass Anna Rose in Maybury gearbeitet hatte, war ein seltsamer Zufall, dem man nachgehen musste.
    Mr. und Mrs. Crosby hörten schweigend zu und tauschten gelegentlich Blicke aus. Jenny spürte, dass sie einen wunden Punkt berührt hatte, aber sie schloss erst ihre Schilderung, bevor sie fragte, ob die beiden sich an irgendetwas erinnern könnten.
    Eine bedeutungsschwangere Pause trat ein, dann ergriff Mrs. Crosby das Wort. »Wussten Sie, dass Anna Rose in Bristol Physik studiert hat?«
    »Nein.«
    »Sie hat im letzten Sommer ihren Abschluss gemacht«, sagte Mr. Crosby.
    »Aha.«
    Zu dritt saßen sie einige Momente da und schwiegen.
    »Wann genau ist sie verschwunden?«, fragte Jenny.
    »Montagabend, den 11. Januar, haben wir mit ihr telefoniert«, sagte Mr. Crosby. »Am Dienstag war sie noch bei der Arbeit, am Mittwoch nicht mehr.«
    »Wo war sie Dienstagnacht?«
    »In ihrer Wohnung. Das nehmen wir jedenfalls an. Das Bett sah benutzt aus. Ihr Freund hat abends noch am Telefon mit ihr gesprochen. Alles schien okay zu sein.«
    »Hat sie irgendetwas mitgenommen?«
    »Offenbar hatte sie eine Tasche gepackt«, sagte Mrs. Crosby. »Ihr Portemonnaie und ihr Pass fehlten. An einem Geldautomaten in der Nähe ihrer Wohnung hat sie fünfhundert Pfund von ihrem Sparbuch abgehoben, am Mittwochmorgen um halb acht.«
    »Hat es seither irgendwelche Bewegungen auf ihrem Konto gegeben?«
    »Nein«, sagte Mr. Crosby bestimmt. »Und es deutet auch nichts darauf hin, dass sie das Land verlassen hat.«
    »Gab es Hinweise darauf, dass irgendetwas nicht stimmte?«, fragte Jenny.
    »Es kam aus heiterem Himmel«, sagte Mrs. Crosby. »Sie schien vollkommen glücklich zu sein. Ihr Job gefiel ihr, sie hatte einen neuen Freund …« Mitten im Satz brach sie ab und schaute zu ihrem Ehemann hinüber, dem offenbar derselbe Gedanke gekommen war. Sie überließ ihm das Wort.
    »Wir denken, dass sie vielleicht im letzten Jahr einen indopakistanischen Freund hatte«, sagte er, als wäre das etwas, wofür man sich schämen müsste. »Meine Frau hat sie letzten Oktober einmal besucht und ihn aus ihrer Wohnung kommen sehen. Sie hat gesagt, dass er nur ein Freund sei, aber … Sie verstehen ja. Man hat so ein Gefühl.«
    »Wissen Sie, wie der junge Mann hieß?«
    »Salim Soundso, glaube ich. Einen Nachnamen hat sie nie erwähnt.«
    »Wie sah er aus?«
    Mr. Crosby wandte sich an seine Frau. »Mitte zwanzig, ein bisschen älter als Anna Rose«, sagte sie. »Absolut respektable Erscheinung«, fügte sie entschuldigend hinzu. »Sah wirklich ziemlich attraktiv aus.«
    »Verdammt«, sagte Mr. Crosby. »Ich wusste, wir hätten etwas unternehmen sollen. In was hat sie sich da nur verstrickt?«
    Mrs. Crosby legte ihrem Mann beruhigend die Hand auf den Rücken. »Ich glaube nicht, dass die Sache noch lief. Sie war wirklich sehr angetan von Mike. Die beiden haben sich bei der Arbeit kennengelernt.«
    »In Maybury?«
    »Ja. Ich glaube, er war ihr direkter Vorgesetzter. Sie hat den Job letzten September im Rahmen ihres zweijährigen Aufbaustudiums begonnen.«
    »Wissen Sie noch mehr über diesen indopakistanischen Freund? War er in irgendeiner Weise politisch engagiert?«
    »Keine Ahnung«, sagte Mr. Crosby. »Ich habe Anna Rose nie über Politik reden hören.«
    »Wofür interessiert sie sich sonst?«
    »Sie will sich ein schönes Leben machen, wie ich sie einschätze«, sagte er. »Wir waren beide ziemlich überrascht, als sie sofort einen Job angenommen hat. Für Physik hatte sie sich nur entschieden, weil sie dachte, dass es in dem Fach wenig

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