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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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vorgetragen. Jenny sah seinen Blick zu Havilland schweifen, als würde er unbewusst dessen Bestätigung suchen.
    »Können Sie sich noch erinnern«, fragte Jenny, »ob Sie zwischen dem 29. Juni und dem 20. Juli, also dem Tag Ihrer Aussage zu Nazim Jamal und Rafi Hassan, von der Polizei als Verdächtiger verhört wurden?«
    »An genaue Daten erinnere ich mich nicht, aber es wäre möglich.«
    »Ich kann Ihnen das Thema nicht ersparen, Mr. Donovan: Haben Sie in Zusammenhang mit den Betrugsvorwürfen einen Deal mit der Polizei geschlossen? Und war Ihre Aussage, Sie hätten die beiden jungen Männer gesehen, Teil dieses Deals?«
    Empört stand Havilland auf. »Ma’am, als Anwalt des Präsidenten der Polizei, um die es hier geht, muss ich mich entschieden gegen Ihre Frage verwehren, sollten Sie nicht über handfeste Beweise für eine solche Unterstellung verfügen.«
    »Wir werden Aussagen zu hören bekommen, die meine Frage erklären, Mr. Havilland. Bitte haben Sie noch ein wenig Geduld.«
    »Ma’am, im Interesse der Gerechtigkeit muss ich Sie daran erinnern, dass Sie zur Unparteilichkeit verpflichtet sind. Ihre Fragen lassen eine Voreingenommenheit erkennen, dienur Anwälten einer bestimmten Partei zustehen würde. Die gerichtliche Untersuchung eines Coroners sollte objektiv sein.«
    »Ich versichere Ihnen, Mr. Havilland, dass ich nicht die Absicht habe, meine Unparteilichkeit aufzugeben«, fuhr Jenny ihn an. »Wenn Sie mich jetzt bitte weitermachen lassen würden.«
    Havilland gab widerwillig nach und nahm mit einem theatralischen Seufzer Platz.
    »Mr. Donovan«, sagte Jenny, »geben Sie mir bitte eine klare Antwort: Hat Ihnen die Polizei vorgeschlagen, eine Aussage zu Nazim Jamal und Rafi Hassan zu machen?«
    »Nein«, sagte Donovan so entschieden, dass er schon wieder unglaubwürdig wirkte.
    »Haben Sie Beweise dafür, dass Sie tatsächlich zu der angegebenen Zeit mit genau diesem Zug gefahren sind, einen Kreditkartenbeleg zum Beispiel?«
    »Ich habe bar bezahlt.«
    »Und die Eintrittskarte für das Fußballspiel, zu dem Sie wollten?«
    »Habe ich auch bar bezahlt.«
    »Sind Sie mit jemandem unterwegs gewesen, der Ihre Aussage bezeugen kann?«
    »Nein.«
    »Es muss doch irgendjemanden geben, der Ihre Geschichte in irgendeiner Weise bestätigen kann.«
    »Sie könnten es bei meiner Exfrau versuchen«, sagte er in der Hoffnung, den Jurymitgliedern ein Lächeln zu entlocken.
    Jenny versuchte noch einmal, ihn zu provozieren. Sie stellte die Überlegung in den Raum, dass Donovan sich vielleicht bei der Polizei hatte beliebt machen wollen, aber er bestritt das. Er bestand darauf, dass seine Aussage die spontane Reaktion eines besorgten Bürgers gewesen sei. Mehr gebe es dazu nicht zu sagen.
    Havilland entschied, Jennys Unterstellungen nicht noch mehr Gewicht zu verleihen, und verzichtete auf eine Befragung. Martha Denton schloss sich erneut an. Khan kam auf seine Vorwürfe der vergangenen Woche zurück und behauptete, Donovan würde indopakistanische Gesichter nicht voneinander unterscheiden können. Sein anmaßender Ton schien die Jury zu irritieren. Je lauter Khan wetterte, desto versteinerter wurden ihre Mienen. Allmählich lernte Jenny das Wesen von britischen Jurymitgliedern kennen: Egal ob deren Hautfarbe schwarz, weiß oder irgendetwas dazwischen war, man hegte ein instinktives Misstrauen gegen Gefühligkeiten. Es war paradox, aber in einer Gesellschaft, in der jede Facette emotionaler Selbstbespiegelung öffentlich breitgetreten wurde, hielt sich in den Gerichtssälen die instinktive Abneigung gegen jede Art von Gefühlsüberschwang.
    Als Khan schließlich die Luft ausgegangen war, erhob sich Collins, um eine Frage zu stellen.
    Er sprach leise und drehte nervös einen Stift in seinen Fingern herum. »Möchten Sie uns weismachen, Mr. Donovan, dass Sie nie auf die Idee gekommen sind, dass die Identifizierung von potentiellen Terroristen – und dafür haben Sie die beiden Ihrem eigenen Bekunden nach ja gehalten – sich positiv auf Ihren Fall auswirken könnte? Kaum vorzustellen, was für einen Anwalt Sie gehabt haben müssen, wenn das nicht irgendwann zur Diskussion stand.«
    Donovan zögerte einen Moment zu lange, um vollkommen ehrlich zu wirken. »Dieser Gedanke ist mir vor meiner Aussage tatsächlich nie gekommen. Hinterher hat mein Solicitor allerdings so etwas in der Richtung gesagt.«
    »Ich bin mir sicher, dass er das getan hat«, bekräftigte Collins, dann ergänzte er, mehr zu sich selbst: »Ich

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