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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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behauptete, Jamal und Hassan am Morgen des 29. Juni in einem Zug nach London gesehen zu haben. Während die Polizei ihre Ermittlungen vor Ort fortsetzte, wurden Mr. Singh und ich zu anderen Verpflichtungen abberufen, hielten aber weiterhin regelmäßigen Kontakt mit der Kripo von Bristol.
    Im August 2002 haben wir von einer vertrauenswürdigen Quelle erfahren, dass Jamal und Hassan tatsächlich mithilfe einer radikalen islamistischen Organisation das Land verlassen haben. Die Quelle galt als sehr zuverlässig, und der allgemeine Inhalt der Aussage, wenngleich nicht ihr konkreter Wortlaut, wurde an die Kripo Bristol weitergegeben, was dazu führte, dass die Ermittlungen irgendwann eingestellt wurden. Die Information gilt weiterhin als höchst vertraulich.
    Jenny schaute auf und wusste, dass sie in die Falle gegangen war. Übelkeit stieg in ihr auf.
    »Werden wir den Inhalt dieser geheimdienstlichen Information zu hören bekommen?«
    »Das denke ich kaum, Ma’am. Ich wurde davon in Kenntnis gesetzt, dass die Quelle noch immer geschützt werden muss und jede Enthüllung ihn oder sie ernsthaft in Bedrängnis bringen würde. Wie Ihnen sicher bewusst ist, lässt das Gesetz in diesen Dingen nichts an Klarheit zu wünschen übrig. Um aber all Ihre diesbezüglichen Fragen zu beantworten, habe ich eine kleine Vorlage vorbereitet.«
    Sofort teilte Martha Dentons Solicitor Kopien von Fällen aus, die bis in die Sechzigerjahre zurückreichten. Jennys Kenntnisse der Gesetze zur nationalen Sicherheit und zur Zurückhaltung von Beweismaterial waren bestenfalls lückenhaft, sodass Denton mit ihrer belehrenden Lektion fortfuhr.
    Seit dem bahnbrechenden Fall Conway v. Rimmer (1968) ,erklärte sie, konnten dem Gericht Informationen vorenthalten werden, wenn das Ministerium davon überzeugt war, dass es im Interesse der Öffentlichkeit geschah. Das wusste selbst Jenny. Was sie sich aber nicht klargemacht hatte, war die Definition des »öffentlichen Interesses«, die verschieden weit gefasst werden konnte. Im vorliegenden Fall etwa verlangte das öffentliche Interesse, Geheimdienstquellen zu schützen und mit ihnen auch ihre Informationen, die sonst offenbar dazu benutzt werden könnten, sie zu identifizieren.
    »Wie ich sicher nicht erst hinzufügen muss, ist das Ministerium davon überzeugt, dass die Information unserer Quelle diesen Kriterien genügt. Die Bestätigung der Immunität aus Gründen des öffentlichen Interesses wird morgen dem Gericht vorliegen.«
    Jenny blätterte schnell in ihrem Jervis und fand eine Stelle, die darauf hindeutete, dass Coroner und andere Richter das Recht hatten, Aussagen einzusehen, die das Ministerium zu sperren beabsichtigte. Sie konnten mitentscheiden, ob das Kriterium des zu schützenden öffentlichen Interesses tatsächlich erfüllt wurde. Denton hatte allerdings eine ganze Batterie weiterer Präzedenzfälle parat, die alle nahelegten, dass ein »richterlicher Blick« auf umstrittene Informationen unter gewissen Umständen nicht angemessen war. Denton bestand darauf, dass es sich in dem vorliegenden um genau so einen Fall handelte. Die Information, um die es ging, war so sensibel, dass sie nicht einmal ein Coroner Ihrer Majestät erfahren durfte. Sollte Jenny dem nicht zustimmen, würde die Anhörung vertagt und die Angelegenheit dem High Court vorgelegt werden müssen.
    »Lassen Sie uns für einen Moment Recht und Gesetz vergessen, Miss Denton«, sagte Jenny. »Sie wollen mir also mitteilen, dass es konkrete Hinweise darauf gab, dass Nazim Jamal und Rafi Hassan das Land verlassen haben. Seitdem sind acht Jahre vergangen, und Sie haben den Familien nichts davon mitgeteilt. Und auch jetzt haben Sie nicht die Absicht, es zu tun. Richtig?«
    »Bei allem Respekt, Ma’am, aber den Familien wurde gesagt, dass es Hinweise dieser Art gibt. Leider ist nicht einmal Angehörigen der Zugang zu solchen hochsensiblen Informationen gestattet, besonders wenn es sich um Familien mutmaßlicher Extremisten handelt.«
    Khan konnte seinen Ärger nicht länger unterdrücken. »Ma’am, das ist doch unerhört. Sie müssen darauf bestehen, diese sogenannten Informationen einsehen zu dürfen. Und wenn Ihnen das nicht zugestanden wird, müssen Sie durch alle Instanzen gehen und sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen.« Er zeigte mit dem Finger auf Martha Denton. »Die Klienten dieser Frau, die Geheimdienste, sind doch genau diejenigen, die sich darüber beklagen, dass junge Indopakistaner von Extremisten verführt werden,

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