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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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sehnlichst erfahren, an wem sie endlich allihre Wut ablassen konnte. Das Aftershave, das Alison verströmte, roch billig. Pironi hatte aus allen Poren geschwitzt, als er sein klägliches Pulver verschossen hatte.
    »Ich sollte jetzt gehen«, sagte Alison.
    »Warten Sie«, sagte Jenny. »Was war das heute Nachmittag mit McAvoy?«
    »Offenbar hat er sich sonderbar benommen. Dave sagt, er habe mit sich selbst geredet wie ein Betrunkener, obwohl er ausnahmsweise mal nicht nach Alkohol stank. Ich glaube nicht, dass er einen guten Zeugen abgegeben hätte.«
    »Was hat er gesagt?«
    Alison schüttelte den Kopf. »Dave hat versucht, sich mit ihm zu unterhalten, aber der Mann hat nur unverständliches Zeug von sich gegeben. Irgendetwas vom Teufel und von einem Amerikaner.«

25
    J enny wartete, bis Alison vom Parkplatz gefahren war, dann nahm sie ihre Tabletten aus der Handtasche und schluckte die Dosis, die sie eigentlich erst in drei Stunden in den Schlaf befördern sollte.
    Was war mit McAvoy geschehen? Er konnte doch nicht einfach verrückt geworden sein, dafür war er viel zu stark. Immer hatte er seine Karriere darauf aufgebaut, dass er andere Menschen durchschaute und gegen ihre Verrücktheiten immun war, und hatte dann Polizisten und Kriminelle gegeneinander ausgespielt. Er konnte sie jetzt nicht im Stich lassen. Sein merkwürdiges Verhalten muss eine Finte gewesen sein, eine Taktik, um seine Gegner nervös zu machen.
    Er hatte also einen Amerikaner erwähnt. War das der Anrufer, der gedroht hatte, ihn in eine Kiste zu stecken? Wusste er vielleicht doch mehr über diesen Mann, als er erzählt hatte? Er hatte ihr auch andere Dinge verschwiegen, vor allem bezüglich Sarah Levin, und wo sie schon einmal darüber nachdachte: Auch Levin hatte Beziehungen nach Amerika. Professor Brightman hatte erwähnt, dass sie mit einem Stipendium nach Harvard gegangen war. Für sich genommen könnte man das als Zufall abtun, aber wenn man berücksichtigte, dass sie auch Anna Rose kannte, wurde daraus eine solide Verbindung.
    Zwischen den beiden Frauen bestand eine fast schon unheimliche Ähnlichkeit. Wie Sarah Levin hatte auch AnnaRose einen indopakistanischen Freund gehabt, und auch sie war sehr attraktiv. Es gab aber auch bedeutende Unterschiede. Nach allem, was Jenny von ihr wusste, war Anna Rose eine ganz andere Persönlichkeit als ihre Mentorin. Sie war lebhaft und intelligent, aber auch naiv und immer noch auf der Suche nach sich selbst. Ihre Adoptiveltern waren überrascht gewesen, dass sie den Job in Maybury bekommen hatte, als hätten sie ihrer Tochter nie einen richtigen Beruf zugetraut, als müsste die Sache einen Haken haben. Jenny dachte an die Miene der Crosbys, als sie ihnen in der Leichenhalle zum ersten Mal begegnet war. In ihrem Ausdruck hatte sich Angst mit einer gewissen Resignation gemischt. Tot oder lebendig, sie hatten Anna Rose offenbar schon verloren gegeben.
    Plötzlich fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Ein einzelnes Gesicht unter den vielen, die an jenem Tag einen Blick auf die Jane Doe geworfen hatten. Der Mann war groß gewesen, schlank, in den Fünfzigern, mit einem braun gebrannten, wettergegerbten Gesicht und einem amerikanischen Akzent. Er hatte gesagt, er sei Geschäftsmann, seine Stieftochter reise durch Europa und werde vermisst. Zuletzt sei sie in Bristol gewesen. Als er an die offene Schublade getreten war und einen Blick auf das tote Gesicht geworfen hatte, hatte er nicht mit der Wimper gezuckt. Jenny war irritiert gewesen. Eine innere Stimme hatte ihr gesagt, dass der Mann den Tod gewöhnt war.
    Jenny knipste das Licht im Wagen an. Sie blätterte in dem zerfledderten Notizbuch, in das sie die Telefonnummer der Crosbys geschrieben hatte, und griff nach ihrem Handy. Sie wählte, aber niemand meldete sich. Sie blätterte weiter in ihrem Büchlein. Papierfetzen flogen auf die Fußmatte, bis sie irgendwo in der Ecke einer Pappeinlage vom Trennregister Mike Stevens’ Nummer fand. Nachdem es ein paarmal geklingelt hatte, sprang der Anrufbeantworter an. Sie begann, eine Nachricht aufs Band zu sprechen.
    »Hallo, Mrs. Cooper?«, meldete sich plötzlich seine Stimme. Mike Stevens klang aufgewühlt.
    »Ja. Keine Sorge, ich habe keine schlechten Nachrichten.«
    »Okay …«
    »Ich wollte Sie nur etwas fragen. Es mag unwichtig erscheinen, und wahrscheinlich ist es das auch, aber wissen Sie vielleicht, ob Anna Rose irgendetwas mit einem Amerikaner zu tun hatte, einem etwas älteren Mann, so um die

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