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Totenstätte

Totenstätte

Titel: Totenstätte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. R. Hall
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Mr. Khan?«
    »Ma’am, nach der Bestimmung zwanzig des Gesetzbuchs für den Coroner darf dieser jeder Person, die ein ernsthaftes Interesse anmelden kann, das Recht einräumen, hier Fragen zu stellen. Hiermit bitte ich Sie, dieses Recht Mr. Khalid Mahmond zu erteilen, dem Präsidenten des Vereins, den ich vertrete. Die Organisation hat im Vereinigten Königreich fünftausend Mitglieder, alles junge muslimische Männer und Frauen zwischen achtzehn und fünfunddreißig. Sie ist der hauptsächliche Rechtsvertreter der muslimischen Gemeinschaft und steht regelmäßig mit hohen Politikern aller Parteien in Kontakt. Außerdem berät sie sich mit dem Innenministerium in strafrechtlichen Fragen und entsendet Vertreter in alle bedeutenden gesellschaftspolitischen Kommissionen.« Er zog eine Hochglanzbroschüre zwischen seinen Büchern hervor und gab sie Alison, die sie wiederum mit gerunzelter Stirn an Jenny weiterreichte.
    Jenny überflog das professionell gestaltete Heft. Die Gesellschaft nannte sich BRISIC und hatte ein aussagekräftiges Logo aus ineinander verschränkten braunen und weißen Händen. Man sah Fotos von jungen Männern, die stolz vor neuen Moscheen standen. Andere zeigten Repräsentanten mit Ministern im Parlament, und ein betont heiter gehaltener Abschnitt zeigte BRISIC-Mitglieder, die ein Sommerlager in den Yorkshire Dales verbrachten.
    »Sie vertreten zweifellos eine respektable und erfolgreiche Organisation, Mr. Khan. Anhörungsrechte können aber nur jemandem zugestanden werden, der ein legitimes und begründetes Interesse an dem entsprechenden Fall hat.«
    »Ma’am, als Vertreter einer der wichtigsten Organisationen junger Muslime im Vereinigten Königreich würde ich denken, dass das Interesse gegeben ist. Uns geht es nicht nur um den Fall von Mrs. Jamal. Seit 2001 sind noch zehn weitere Personen verschwunden. Die offizielle Erklärung lautet ausnahmslos, alle seien ins Ausland gegangen, um in Afghanistan oder im Irak mit den radikalen Aufständischen zu kämpfen. Meine Klienten sind allerdings der Meinung, dass zu wenige Beweise für diese Behauptung erbracht wurden. Eine wichtige Funktion des Coroners besteht darin, Todesursachen festzustellen, damit es in Zukunft nicht mehr zu vergleichbaren Fällen kommt. Ich vertrete eine Vereinigung, die von dem unerklärlichen und anhaltenden Verschwinden von Menschen mehr als betroffen ist.« Zustimmendes Gemurmel erhob sich im Saal. »Die British Society for Islamic Change ist nicht hier, um politische oder religiöse Ziele zu verfolgen, sondern vielmehr aus Sorge um zehn, wenn nicht gar um viele Hundert junge Indopakistaner. Wo sind sie? Wohin sind sie verschwunden? Beide Fragen scheinen mir mehr als legitim zu sein.«
    Jenny merkte, dass Alun Rhys ihre Aufmerksamkeitsuchte, ignorierte ihn aber. Sein Blick allein sprach schon Bände: Lassen Sie die Leute mitmischen, dann gehen Sie das Risiko ein, die Untersuchung in einen gewaltigen Medienzirkus zu verwandeln. Aber selbst wenn sich der Rechtsanwalt zurückhalten würde – und sie hatte immerhin jederzeit die Möglichkeit, ihn auszuschließen, täte er es nicht –, dann würde die BRISIC ihre Empörung in die Öffentlichkeit tragen und die gesamte Angelegenheit gnadenlos ausschlachten. Aber was war die Alternative? Wenn Jenny eine Beteiligung ablehnte, würde sie dadurch nur Proteste provozieren, die Muslime gegen sich aufbringen und Mrs. Jamal darin bestärken, dass sich alle gegen sie verschworen hatten.
    Rhys hatte sich jetzt auf auffällige Gesten verlegt. Vielleicht hatte er sogar recht, aber wer war sie, Befehle von Geheimdienstleuten entgegenzunehmen? Sie war gesetzlich verpflichtet, sich eine eigene Meinung zu bilden, daher beschloss sie, ihn weiterhin zu ignorieren.
    »Warten Sie bitte einen Moment, Mr. Khan«, sagte Jenny, bevor sie sich an die versammelten Zuhörer wandte. »Ich gehöre nicht zu den Coronern, die anderen Interessengruppen den Zugang zu ihren Untersuchungen verweigern. Im Namen der Offenheit und der Gerechtigkeit neige ich dazu, jeder begründet interessierten Partei die Erlaubnis zur Zeugenbefragung zu erteilen, nicht zuletzt, weil dies den Anschuldigungen entgegenwirkt, wichtige Fragen seien nicht gestellt worden. Grundsätzlich bin ich also bereit, der British Society for Islamic Change zu erlauben, einen Vertreter zu entsenden. Sollte es irgendwelche Einwände geben, werde ich sie mir jetzt anhören.«
    Fraser Havilland sah sich zu seinen beratenden Anwälten um, die mit den

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