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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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aber nur bei erotischen Bildern richtig zu funktionieren. Und bei uns im Institut hat es gar nicht funktioniert. Die Frage ist ja immer, welchen Einfluss der Versuchsleiter auf das Geschehen nimmt, vor allem, wenn er unbedingt ein Ergebnis haben möchte. Dass ein Zufallsgenerator per Telekinese beeinflusst werden kann, wissen wir. Gut möglich, dass der Proband auch den Bildergenerator beeinflusst.«
     Blieb also nur noch Telekinese. »Aber kann ein Telekinetiker ein Erdbeben auslösen?«
    »Das wäre … wäre … absolutely outrageous, unerhört, incredible!« Finley schüttelte verzweifelt den Kopf. »Absolut unglaublich!«
    Ich hatte bereits angefangen, über mein schlaues Telefon die Nachrichten-Seiten zu checken, und berichtete. Die Tagesschau wusste noch nichts von einem Erdbeben. Der SWR hatte jedoch eine Eilmeldung gepostet. Demnach hatte es östlich von London, bei Colchester, ein Beben der Stärke 3,0 auf der Richterskala gegeben. »In Großbritannien«, fügte der Sender hinzu, »ist eine Massenpanik ausgebrochen, weil es angeblich eine Vorhersage gegeben hat.«
    Vielleicht bildete ich mir das nur ein, aber die Farbe der Luft hatte sich verändert, plötzlich herrschte Spannung auf dem Flughafen, fast Panik. Oder war es nur meine eigene, die ich nach außen projizierte? Lag es daran, dass gerade eine Gruppe von Leuten draußen am Schaufenster vorbeieilte? Mir kam meine grundsätzlich skeptische Haltung zu übersinnlichen Machenschaften abhanden.
    »Es gibt ständig kleinere Erdbeben«, sagte Richard. Aber auch er klang nicht so sicher wie sonst. »Nur jetzt haben halt alle darauf gewartet. Es ist reiner Zufall. Und 3,0 ist nichts, das spürt man kaum. Da klappern höchstens die Tassen im Schrank.«
    »Aber es ist passiert!«, ereiferte sich Derya. »Es gibt eine schriftliche Vorhersage. Ein Unbekannter behauptet, es werde ein Erdbeben geben. Und es hat sich ereignet. Auch wenn es nicht so stark war, dass der London Tower zusammengebrochen wäre. Aber es ist messbar, Finley. Es ist passiert.« Sie wischte sich die Strähne hinters Ohr. Sie schwitzte vor Eifer. Oder aus anderen Gründen.
    »Ja«, sagte Finley ebenso aufgeregt, »aber genauso gut könnte ein Telekinetiker – nehmen wir an, Juri Katzenjacob – dem unbekannten Verfasser des Tweets mitgeteilt haben, dass er vorhat, am Abend ein Erdbeben auszulösen.«
    »Katzenjacob sitzt im Gefängnis«, bemerkte Richard. »Und aus der U -Haft heraus ist es sehr schwer, jemandem außerhalb etwas mitzuteilen.«
    »Sein Anwalt könnte das übernommen haben«, sagte ich.
    »Ja, zum Beispiel!«, rief Finley.
    »Bedenkt bitte«, sagte Richard dämpfend, »dass das Beben nicht in London stattgefunden hat, sondern in Colchester, siebzig Meilen weiter östlich. Falls das ein Erdbebengebiet ist, wäre zu fragen, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass innerhalb eines überschaubaren Zeitraums sich dort eine geringfügige Erdbewegung ereignet.«
    »In Colchester hat es bereits heftige Erdbeben gegeben«, fiel Finley ein. »Vor gut hundert Jahren sind Häuser eingestürzt. Es war auch in London zu spüren.«
    »Okay«, sagte Richard. »Dann schlage ich vor, wir verschieben die Frage und schauen, dass wir hier wegkommen.«
    Die beiden Parapsychologen blickten sich dampfend an – Finleys Brille glitzerte, Derya zeigte Eckzähne hinter zum Aber geöffneten Lippen –, sahen aber ein, dass ein wissenschaftlicher Disput zwischen Umkleidekabinen und Kleiderstangen ungünstig verortet war, vor allem, wenn halb Großbritannien nach einem Mental-Terroristen fahndete.
    Auf dem Flughafen war, als wir als drei Herren mit einer Dame und Dackel aus dem Laden traten, Unruhe ausgebrochen. Manche packten ihre Sachen und verschwanden. Viele konsultierten ihre Handys, telefonierten, andere standen beisammen und diskutierten, obgleich sie sich gar nicht kannten.
    »Wir müssen zum GAT «, erklärte Richard.
    »Zum was?«, fragte ich.
    »Zum General Aviation Terminal, wo die Privatflieger abgefertigt werden. Finley, hast du eine Ahnung, wo der ist?«
    Finley schaute sich um. Wir fragten uns dann hinaus aus dem Hauptgebäude und wanderten durch die Nacht. Auf dem Weg ließen wir unsere Waffen – Richard seinen schwarzen Dolch und ich das Anglermesser – in einem schönen finsteren Gebüsch zurück.
    »Am besten, du kommst gleich mit, Finley«, sagte ich, als wir das Gebäude der Privatflieger betraten. »Wir brauchen jemanden, der erkennt, ob Juri Katzenjacob ein

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