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Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition)

Titel: Totensteige (Lisa Nerz) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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›Bullshit‹ oder so was gesagt. Siehst du nicht, er tanzt vor Freude.«
    Finley lachte.
    Derya schnaubte tadelnd. »Er hat jetzt wirklich andere Sorgen!«
    Das war meine Chance, Mitgefühl zu zeigen. »Ja, es ist ungeheuerlich. Die wollen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft partout was am Zeug flicken.«
    »Hast du dich denn immer noch nicht daran gewöhnt, Lisa«, sagte Richard von hinten kommend sanft, »dass es keine Zielrichtung gibt in dieser Mixtur aus Faktenfitzeln und Phantasie? Es geht nicht um Personen oder Wahrheit, nicht einmal um Politik. Es geht einzig und allein darum, ein Thema von hohem Gesprächswert zu eskalieren. Übermorgen berichten sie, ich hätte mir das Leben genommen. Und niemand guckt nach, ob es stimmt. Es ist egal. Es ist nur eine Geschichte. Ein Bestseller für die Medien. Das weißt du doch, Lisa.«
    Derya schüttelte den Kopf. »So abgeklärt kann ich das nicht sehen. Ich kann nicht glauben, dass so etwas in unserem Land möglich ist.«
    Finley grinste. »Warum sollt ihr Deutschen besser sein als wir Briten?«
    In seinem Land bereitete man sich inzwischen auf das finale Erdbeben vor, das Katzenjacob auslösen würde. Zu viele Leute verkauften ihre Häuser und verließen das Land, die Grundstückspreise fielen rasend schnell, Kredite wurden nicht mehr bedient, Großbritannien stand vor einer weiteren Immobilien- und Bankenkrise.

60
    Derya machte das Institut dicht – bis die Kriminaltechnik anrückte, würde es noch ein paar Stunden dauern – und wir spazierten zum Gasthof Waldhorn. An die Mauer des Parkplatzes war die Burg Kalteneck gemalt, von hinten mit viel Wasser im Graben und einem Wasserrad im Vordergrund.
    Finley bestellte einen Schwabenteller, Richard Rostbraten, Derya den Salat mit Putenstreifen und ich Kässpätzle. Für Finley kam ein Weizenbier, für Richard eine Apfelsaftschorle, für Derya ein Mineralwasser und für mich ein Pils. Dann saßen wir, die Hände auf dem Tischtuch, unter schwerer Holzdecke. Und plötzlich verspannen sich die Fäden neu, rot und grün aus weicher Wolle. Finley prostete Derya zu, die sich zwischen mir und Richard geborgen fühlte. Richard suchte meinen Blick. Und in mir herrschte plötzlich Frieden. Wir besprachen den Fall.
    »Wir wissen jetzt, wie Katzenjacob den Raum verlassen hat, aber ein Beweis, dass er Rosenfeld getötet hat, ist das nicht«, eröffnete ich. »Haben wir uns schon einmal gefragt, ob an jenem Freitagnachmittag noch jemand im Institut war, nachdem ihr – du, Derya, und Desirée – gegangen wart?«
    »Die Polizei hat sich das gefragt, aber keine Hinweise gefunden.«
    »Ah, der große Unbekannte!«, warf Finley ein. »Wobei er uns bekannt ist, wir nur derzeit nicht wissen, wer es ist.«
    »Es muss jemand sein, der nicht zum ersten Mal im Institut war.«
    »Kannte er den Schacht?«
    Wir grübelten.
    »In diesem Kaff, allemal in dieser stillen Gegend, fällt ein fremder Wagen doch auf, oder jemand, der in einem Taxi kommt.«
    »Ja«, sagte Derya. »Die Leute beobachten genau, wer ins Geisterhaus geht.«
    »Gibt es irgendwo eine Überwachungskamera? Vielleicht oben bei den Läden?«
    »Nein, alles schon abgefragt.«
    »Vielleicht hat irgendwer Fotos gemacht. Es war ein sonniger Wintertag, Eis auf dem Graben, Schnee, die Sonne in kahlen Zweigen.«
    »Wie sollen wir da rankommen?«
    Ich würde meine Facebook-Freunde anspitzen, aber das sagte ich nicht. »Derya, würde dein Vater dir sagen, ob er hier war?«
    Sie überlegte. »Unser Verhältnis ist nicht so, dass er mir gegenüber Rechenschaft ablegt.«
    »Dann fragen wir bei der Deutschen Flugsicherung nach, ob am 29 . Januar ein Privatjet auf dem Stuttgarter Flughafen gelandet ist. Und noch eine Frage: Warum hat dein Vater dir Ende Januar eine Million auf dein Schweizer Konto überwiesen?«
    Sie schaute Richard an.
    »Nein, er hat es mir nicht erzählt.«
    Sie zog die Hände vom Tisch. »Ich weiß es nicht. Ich kannte das Konto nicht. Ich habe mich nie für das Geld meines Vaters interessiert. Ich verdiene meinen Lebensunterhalt selbst.« Sie schaute scheu zu Richard hinüber und senkte den Blick. »Zumindest dachte ich das immer. Es war ein Irrtum. Mein Vater hat über dieses Konto die Gehälter von Gabriel und mir bezahlt. Er hat das Institut finanziert.«
    »Nehmen wir mal an, dein Vater war hier«, sagte ich. »Zur Krisenbesprechung wegen Katzenjacob. Nehmen wir an, es gab Streit. Vielleicht hat Katzenjacob Geld gefordert. Vehement und unter Androhung von Gewalt. Und

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